BodenseeNotruf landet im falschen Land – Frau fast ertrunken
Handy-Notrufe vom Bodensee landen oft nicht dort, wo sie sollten. Einer jungen Frau wurde das beinahe zum Verhängnis.
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Rettungsboote auf dem Bodensee suchen nach einem Vermissten. (Keystone/Ennio Leanza)
«Es kommt immer wieder vor, dass Notrufe im falschen Land landen», sagt Gian Andrea Rezzoli, Mediensprecher der Kantonspolizei St. Gallen. Das bestätigt auch die Kantonspolizei Thurgau. Grund dafür sind die konkurrierenden Mobilfunknetze von Deutschland, Österreich und der Schweiz in der Bodenseeregion.
Welch weitreichende Folgen das in einem Notfall haben kann, zeigt ein Fall aus Deutschland. Vor wenigen Wochen scheiterte ein Handy-Notruf nämlich genau daran, wie schwaebische.de schreibt.
Frau über Bord
Eine junge Frau fiel bei rauem Seegang vor Kressbronn (D) aus einem Segelschiff. Ihre Freunde warfen ihr eine Rettungsweste zu, an der sie sich verzweifelt festklammerte. Doch alle Versuche, die Frau zurück ins Boot zu holen, scheiterten. Schliesslich trieb das Boot ab. Glücklicherweise kam genau in diesem Moment ein Boot der Deutschen Lebensrettungsgesellschaft (DLRG) Ravensburg vorbei. Sie entdeckten die Frau im Wasser und verständigten via Handy die internationale Notrufnummer 112.
Weil ihr Handy im Schweizer Mobilfunknetz eingewählt war, landete der Anruf in der Schweiz. «Die wollten uns dann eigentlich zur Leitstelle in Oberschwaben verbinden», sagt Jürgen Bolz, Bootsführer-Ausbilder bei der DLRG Ravensburg, zu Schwaebisch.de. Doch ohne Erfolg: Stattdessen landete Bolz mit seinem Anruf in Österreich. «Von dort aus wurden wir dann anstatt nach Oberschwaben ins Allgäu verbunden, dann ist die Verbindung ganz abgebrochen.»
Die Frau konnte dennoch gerettet werden. Völlig unterkühlt brachten Bolz und seine Mannschaft sie an Land. Am Ufer setzten die Lebensretter einen Notruf per Funk vom DLRG-Einsatzfahrzeug aus ab.
Geplante Funkpflicht als Lösung?
Dass es sich dabei um keinen Einzelfall handelt, zeigt ein weiteres Beispiel aus 2011. Laut Bolz kenterte damals ein Motorboot mit elf Personen an Bord. Segler entdeckten die im Wasser treibenden Personen zufällig. Der abgesetzte Notruf landete in der Schweiz, wieder viel zu weit weg vom Unfallort.
Um dieses Problem zu umgehen, sind Alternativen gefragt. Ab 2016 müssen alle Fahrgastschiffe auf dem Bodensee mit einer Funkausrüstung ausgestattet sein, mit der sie über den Kanal 16 miteinander kommunizieren können. Der Haken an der Sache:
Boote der Wasserwacht und Privatboote fallen nicht in diese Kategorie und müssen deshalb auch nicht mit Funk ausgerüstet sein. Eine Anschaffung wäre auch nicht ganz billig, denn nebst dem Gerät bräuchte es auch eine Lizenz, die über 500 Franken kostet. Zudem funktioniert der Seefunk nur dann gut, wenn viele Bootsführer mit Funk ausgerüstet sind. Nur dann werden unadressierte Notrufe schnell gehört und man kann entsprechend einschreiten.
Jürgen Bolz hat noch einen anderen Vorschlag: «Wenn man auf dem Bodensee kein Funkgerät dabeihat, sollte man die alte Notfallnummer 19222 inklusive Länder- und am besten Ortsvorwahl nutzen.» So komme der Notruf auf der richtigen Seeseite an.
Bei der Kantonspolizei St. Gallen und auch im Thurgau hält man die 112 nach wie vor für die beste Wahl. «In der Not muss es schnell gehen, da erinnert man sich kaum an eine so komplizierte Nummer», sagt Rezzoli. Und Daniel Metzler, Mediensprecher der Kantonspolizei Thurgau, doppelt nach: «Wenn man mit der 112 nicht gleich am richtigen Ort ankommt, wird man innert Sekunden weitergeleitet.» Laut Metzler werde sogar überprüft, ob die Weiterleitung klappt.
«Wenn man im Schweizer Netz eingewählt ist, kann man auch die 117 oder 118 wählen», sagt Kurt Reich, Abteilungsleiter beim Schiffahrtsamt in Rorschach. Egal welche Nummer man wählt, das Wichtigste ist laut Reich, dass der Melder eine möglichst genaue Angabe seines Standorts macht. «Dann kann die nächstgelegene Rettung losgeschickt werden», so Reich.