«Wer Knall braucht, soll an die russiche Grenze»

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Feuerwerk«Die Silvesterknallerei ist ein infantiles Bumbum-Festival»

Vor Silvester gibt es einen Run auf Feuerwerke. Doch das Abfeuern von Silvesterraketen ist hoch umstritten. Viele würden es am liebsten verbieten.

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Viele haben Aufholbedarf und beschaffen sich Knallkörper für die morgige Silvesternacht.

Viele haben Aufholbedarf und beschaffen sich Knallkörper für die morgige Silvesternacht.

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In Deutschland können Fachhändler die Nachfrage kaum bewältigen. Auch Schweizer Händler rechnen morgen mit Schlangen.

In Deutschland können Fachhändler die Nachfrage kaum bewältigen. Auch Schweizer Händler rechnen morgen mit Schlangen.

Tamedia
Nachdem am 1. August Feuerverbot gegolten hatte, sind die Lager jetzt gefüllt und die Leute haben Aufholbedarf.

Nachdem am 1. August Feuerverbot gegolten hatte, sind die Lager jetzt gefüllt und die Leute haben Aufholbedarf.

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Darum gehts

  • In Deutschland gibt es erstmals nach drei Jahren wieder Feuerwerkskörper zu kaufen, die Leute stehen Schlange. Auch in der Schweiz läuft der Verkauf gut.

  • Eine nicht repräsentative Umfrage von 20 Minuten zeigt: Viele möchten Knallkörper generell verbieten. Hauptargument: die leidenden Tiere.

  • Eine eidgenössische Volksinitiative, die Feuerwerke stark einschränken will, ist im Stadium der Unterschriftensammlung.

Nach Corona und Hitzesommer ist die morgige Silvesternacht für viele eine lang ersehnte Gelegenheit, Raketen abzufeuern. In Deutschland zeigt sich das in besonderem Ausmass: Feuerwerksverkäufer ächzen unter dem Andrang, wie der Bundesverband Pyrotechnik vermeldet hat. Sie könnten die Online-Aufträge kaum bewältigen und in den Verkaufsläden bildeten sich Endlos-Schlangen. In Deutschland gab es die letzten drei Jahre keine Raketen und Böller: Wegen Corona war der Verkauf verboten.

Auch in der Schweiz haben Knallkörper-Fans Aufholbedarf, denn am diesjährigen Nationalfeiertag war Feuer verboten, wegen der grossen Hitze. Nun sind die Lagerbestände gut gefüllt, und die Nachfrage ist gross, wie Anbieter sagen. So sagt etwa Roli Huber aus Sursee auf Anfrage: «Morgen wird es Schlangen geben, der 31. Dezember ist der wichtigste Tag.» Doch der Verkauf laufe jetzt schon gut. Den Rekord von Silvester 2021 werde man nicht erreichen, aber sicher über dem Niveau von 2019 sein.

Magst du Feuerwerk?

Die 20-Minuten-Community hält grossenteils nichts von Feuerwerken. Das zeigt eine nicht repräsentative Umfrage, auf die sich in drei Stunden 170 Personen gemeldet haben. Die meisten von ihnen sagen: Feuerwerke gehören verboten. Das sind die wichtigsten Argumente:

Leidende Tiere
Die meisten, die sich über Feuerwerke aufregen und sie verbieten wollen, argumentieren mit dem Tierwohl. So schreibt ein 20-Minuten-User: «Meine Katzen erholen sich jeweils relativ schnell wieder. Aber ich möchte nicht wissen, wie sich die Wildtiere fühlen bei diesem Krach.» Eine weitere berichtet: «Ich habe zwei Hunde und zwei Katzen, die leiden unter Todesangst. Die Katzen kommen ein paar Tage nicht zurück und die Hunde schlottern und können sich kaum erholen. Das führt bei manchen zu Anfällen bis zum Tod. Bitte keine Feuerwerke mehr!»

Keine Schweizer Tradition
Diese Knallerei habe in der Schweiz keine Tradition, schreiben mehrere User. Bis Mitte der Siebzigerjahre habe es in der Schweiz zum Jahreswechsel keine Feuerwerke gegeben. Die Angewohnheit, an Silvester Knallkörper abzufeuern, sei aus Deutschland importiert worden. Also gehöre sie abgeschafft. Höhenfeuer am 1. August würden genügen.

Krieg
Manche beziehen sich auf den Ukraine-Krieg. Wer Knall braucht, solle sich an die russische Grenze begeben, schreibt jemand. Da gebe es das gratis. Ein anderer schreibt: «Diese Leute haben alle noch keinen Krieg erlebt!» Er selber sei mit Jahrgang 1939 ein Zeitzeuge.

Klima
«Alle reden vom Klimawandel, aber nur die wenigsten machen wirklich etwas dagegen», schreibt ein User. Auch andere beziehen sich auf die Tonnen von Feinstaub, die durch Feuerwerke freigesetzt würden. Feuerwerke seien nicht mehr zeitgemäss.

«Knaller-Fans sind dumm»
«Diese Idioten sollten mal nachdenken, was sie all den Wild- und Haustieren antun», schreibt eine Userin auf unseren Aufruf hin. Auch andere attestieren den Feuerwerk-Fans wenig Intelligenz: «Nur sehr einfache Leute haben Freude am Böllern und an Feuerwerken», schreibt einer. Ein anderer: «Die Silvesterknallerei ist ein vollkommen aus der Zeit gefallenes Ärgernis, ein infantiles Bumbum-Festival für Menschen mit Hohlraum zwischen den Ohren.»

Volksinitiative in der Pipeline

Die allermeisten, die auf den 20-Minuten-Aufruf geantwortet haben, wünschen sich ein Verbot von Feuerwerken. Womöglich können die Stimmberechtigten schon in den nächsten Jahren darüber befinden: Die eidgenössische Volksinitiative «für eine Einschränkung von Feuerwerk», unterstützt von Umwelt- und Tierschutzorganisationen, will ein Verbot mit Ausnahmen: Kantone könnten bei überregionalen Grossereignissen um eine Bewilligung ersuchen. Bis jetzt sind 41’000 Unterschriften beisammen, die Sammelfrist läuft noch bis November 2023.

Doch es gibt in der Community auch diejenigen, die Raketen cool finden oder sie mindestens tolerieren. Einer schreibt: «Ich bin für die Tradition, für Freiheit und für Feuerwerk. Ich dachte, Menschen seien heute toleranter. Doch sie sind noch intoleranter als früher.» In keinem anderen Land hätten Feuerwerke so eine Gegnerschaft wie in der Schweiz. «Wir haben keine anderen Sorgen.» Ein anderer schreibt: «Lasst uns doch ein bisschen feiern. Wir haben eine kaputte Gesellschaft mit den Grünen und den Sozis.»

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