ÖlkatastropheObama platzt langsam der Kragen
Nach dem fast vierwöchigen Kampf gegen die Ölpest im Golf von Mexiko verlieren die Verantwortlichen allmählich die Geduld. Obama ruft zur Räson.
US-Präsident Barack Obama rief Industrie und Behörden nach einer Woche voller gegenseitiger Schuldzuweisungen zur Räson.
«Was jetzt wirklich zählt: Hier fliesst Öl ins Meer. Und das müssen wir so schnell wie möglich stoppen», sagte er in einer ungewöhnlich scharfen Rede.
Der Chef des britischen Ölkonzerns BP, Tony Hayward, sagte darauf, er verstehe die Ungeduld des Präsidenten. «Wir versuchen alles in unserer Macht Stehende, um das Ölleck zu schliessen, das Öl von der Meeresoberfläche zu entfernen und die Küsten zu schützen», versicherte Hayward. Das Unternehmen beschäftige hunderte Wissenschaftler in seinem Einsatzzentrum in Houston (Texas). Von dem Krisenteam kommen derzeit fast täglich neue Vorschläge, wie die Katastrophe beendet werden könnte. BP experimentiert mit mehreren Methoden gleichzeitig.
Schwierige Aufgabe
Auch am Samstag bemühte sich der Ölkonzern, das Öl direkt aus dem grösseren der beiden Lecks in 1500 Metern Tiefe abzufangen, bevor es ins Meer gelangt. BP möchte eine Rohrleitung vom Hauptleck zu einem Schiff an der Meeresoberfläche legen. Bei einem Erfolg könnten etwa 85 Prozent des austretenden Öls abgesaugt werden. Allerdings gibt es eine zweites Leck, das nach dem Sinken der Ölplattform «Deepwater Horizon» am 22. April entstanden ist.
Die Aufgabe ist sehr schwierig. Ein Team an der Oberfläche muss mit Hilfe von ferngesteuerten Robotern eine Leitung in das abgerissene Steigrohr einführen und die Verbindungsstelle mit einem Ring abdichten. Dies alles in 1500 Metern Meerestiefe. Noch am Wochenende werde man wissen, ob es funktioniert, sagte BP-Manager Doug Suttles. Bei einem Misserfolg plant BP, einen Stahlbeton-Zylinder auf das Rohr zu stülpen. Das in dem Behälter aufgefangene Öl-Wasser-Gemisch würde dann ebenfalls auf ein Bohrschiff geleitet. Der etwa 1,50 Meter hohe Container steht schon auf dem Meeresboden.
Chemikalien auch am Meeresgrund im Einsatz
Als weitere Massnahme gegen die Ölpest darf BP jetzt auch offiziell Chemikalien am Meeresgrund einsetzen. Die US- Umweltschutzbehörde EPA habe das Verfahren nach Tests und Expertenbefragungen gebilligt, teilte der Einsatzstab am Samstag in Robert (Louisiana) mit. Damit kann BP chemische Mittel jetzt auch direkt an den beiden Öl- Lecks ins Wasser geben. Sie sollen das dicke Öl in eine harmlosere Flüssigkeit verwandeln, noch bevor es die Meeresoberfläche erreicht.
Bisher war nur der Einsatz an der Oberfläche erlaubt. Allerdings hatte BP bereits vorher mit Chemikalien am Meeresgrund experimentiert, dies jedoch nach Protesten wieder unterlassen und Tests anberaumt. Nach eigenen Angaben hat BP bislang 1,8 Millionen Liter des Stoffes Corexit aufs Meer geschüttet. Kritiker bemängeln, dass zu wenig über die Wirkung dieser Chemikalie bekannt sei. Sie befürchten Schäden für Fische und Meeresfrüchte.
Klage gegen US-Regierung
Eine Umweltschutzgruppe kündigte am Samstag an, die US-Regierung wegen der Genehmigung von Ölbohrungen im Golf von Mexiko zu verklagen. Innenminister Ken Salazar habe dabei den möglichen Schaden für die Meerestiere nicht berücksichtigt, erklärte das Zentrum für biologische Vielfalt am Freitag.
Das Zentrum ging den ersten Schritt zu einer Klage und legte dem Innenministerium eine Absichtserklärung mit der Begründung seines Vorhabens vor. Gemäss dem Artenschutzgesetz muss die Regierung nun binnen 60 Tagen darauf reagieren. Das Innenministerium erklärte, es werde das Vorgehen der Behörde gründlich überprüfen.
(sda)