Hinkelstein im WasserObelix treibt sich auf dem Zürichsee herum
Bei der Insel Lützelau gibt ein Hinkelstein zu reden. Ist das Kunst? Oder Verschandelung von öffentlichem Grund? Die Geschichte eines grossgewordenen Steinmännchens.
- von
- Antonio Fumagalli
Es ist einer jener Sommerabende, die nicht enden sollten. Der stahlblaue Himmel geht langsam ins Dunkel der Nacht über, die Temperatur erbarmt sich der Freilufthungrigen und in der Ferne zirpen ein paar Grillen. Michael Wiederstein sitzt am Dienstag mit einigen Redaktionskollegen des Autorenmagazins «Schweizer Monat» am Ufer der Insel Lützelau und brütet bei einem Glas Wein über Ideen für die kommenden Ausgaben. Die Idylle wäre perfekt – wenn nicht gegen 23 Uhr plötzlich ungewöhnliche Geräusche vom offenen Wasser die angeregte Diskussion unterbrechen würden. «Wir dachten an einen Presslufthammer. Als wir hinschauten, sahen wir, dass der Lärm von zwei Booten in ungefähr zwanzig Meter Entfernung kommen musste», so der Kulturredaktor.
Der Presslufthammer ist ein Steinbohrer, in den Händen hält ihn David Penner. Sein Brot verdient er als Maurer, aber eigentlich fühlt er sich als Künstler. Und in diesen Minuten soll sein erstes Werk entstehen. Unterstützt von drei Kollegen und einem Notstromaggregat bohrt er ein Loch in einen freistehenden Felsen. Ein Menhir, im Volksmund Hinkelstein genannt, wird draufgesetzt.
Steinmännchen vs. Hinkelstein
«Wir sassen vor zwei Wochen am Strand der Insel und wollten auf dem Felsen zuerst ein klassisches Steinmännchen bauen. Irgendwann fand ich, dass so ein Hinkelstein doch eigentlich schöner wäre», sagt Penner. Fortan ist sein Feierabend verplant, Penner erstellt aus Styropor, Glasfasern und anderen Baumaterialien einen 2.2 Meter hohen und 90 Kilogramm schweren «Stein».
Der Coup gelingt, Penner und seine Kumpels entschwinden mit ihren Booten wieder im Dunkel der Nacht. Als Inselpächter und Kioskbetreiber Joe Kunz am nächsten Morgen die Arbeit aufnehmen will, muss er laut lachen. «Ich finde es eine gelungene Aktion und auch unsere Gäste haben bisher nur positiv darauf reagiert.» Regelmässig werde er nun danach gefragt, ob heute Obelix-Tag sei oder ob es denn auch Wildschweine auf der gut drei Hektaren grossen Insel gebe.
Wie reagiert der Kanton?
Mit einem Schmunzeln reagiert man auch bei der zuständigen Gemeinde Freienbach SZ. «Als ich die ersten Bilder sah, dachte ich an eine Photoshop-Montage», sagt die Kommunikationsbeauftragte Bianca Bamert. Als man feststellte, dass der Hinkelstein tatsächlich dort stehe, habe man den Kanton eingeschaltet. Dieser kläre die Sachlage nun ab. «Grundsätzlich ist so ein Bauwerk bewilligungspflichtig», so Bamert. Dies müsse aber nicht heissen, dass es nun gleich abgerissen werde.
Vielleicht erledigt eine heftige Windböe die Arbeit bis dann. Vielleicht baut Penner seinen Obelix-Stein auch selbst wieder ab. «Wir wollen ihn mal drei Wochen stehenlassen, dann schauen wir weiter», so der mauernde Künstler. Oder künstlerische Maurer. Bis dann kristallisiert sich womöglich auch die tiefere Botschaft des Hinkelsteins noch stärker heraus. Zurzeit heisst die: Den Leuten «ein Lächeln aufs Gesicht zaubern». Das ist ihm vorerst gelungen.