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Reaktionen aus HallstattÖsi-Dorf «made in China» scheidet die Geister

In China soll bald das oberösterreichische Dorf Hallstatt nachgebaut werden. Der Bürgermeister hat nichts dagegen – solange es am Schluss gut aussieht.

von
Karin Leuthold

Die Nachricht überraschte am Dienstag alle im Dorf. «Was, unser Dorf wird nachgebaut? In China? Das geht doch nicht!», war die erste Reaktion der Bewohner von Hallstatt im Salzkammergut. Sie hatten dank einer Indiskretion vom Projekt gehört. Es war die Besitzerin des Hotels «Grüner Baum», Monika Wenger, die als Erste Alarm geschlagen hatte.

Wenger besuchte vergangenen Freitag den Hallstätter Bürgermeister, Alexander Scheutz, um ihm von einem Hotelgast aus China zu erzählen. Dieser Gast, eine Frau, arbeite für eine Firma, die an einem grossen Immobiliengeschäft beteiligt sei. Sie erzählte Wenger, dass man in der südchinesischen Kreisstadt Boluo in der Provinz Guangdong Teile von Hallstatt nachbauen werde. Das Projekt stehe unmittelbar vor der Realisierung, behauptete der Gast. Um ihre Aussagen zu untermauern, zeigte sie der überraschten Wenger auf ihrem Laptop Pläne, Skizzen und Zeichnungen, auf denen ganz klar der geplante Nachbau des gesamten Marktplatzes, der Kirche und sogar ihres Hotels erkennbar waren.

Der Bezug zu China muss jetzt hergestellt werden

Bürgermeister Scheutz war aber nur halb so überrascht wie Wenger. Er war Anfang Mai vom österreichischen Delegierten in Hongkong angefragt worden, ob er als Bürgermeister von Hallstatt an einer Städte-Patnerschaft mit den Chinesen interessiert sei. Die Firma China Mine Metals Corporation Ltd. arbeite an einem Projekt, für das das architektonische Design Hallstatts als Inspiration genommen wurde. Der Bürgermeister von Boluo und eine Delegation des Immobilienunternehmens planten deshalb Anfang Juli einen Besuch in Hallstatt.

«Dass das Projekt aber dermassen fortgeschritten ist, hat mich selber auch sehr überrascht», sagte Bürgermeister Scheutz gegenüber 20 Minuten Online. Die Kommunikationspanne habe im Dorf für Unruhe gesorgt. «Die Bevölkerung war vor den Kopf gestossen. Viele sagten nur ‚Das gefällt uns nicht'», erklärt er. Persönlich habe er nichts dagegen, «solange es stilvoll gemacht wird». Natürlich werde die chinesische Version nicht «das Flair und die Ausstrahlung haben, die unser Dorf hat», gibt sich Scheutz sicher.

Wieso ausgerechnet sein Dorf von den Chinesen als Vorlage gewählt wurde, meint der Bürgermeister: «Hallstatt ist bei den Asiaten sehr beliebt. Das Dorfbild mit den Häusern zwischen See und Berg finden sie sehr schön.» Die nachgebaute Landschaft dürfte er bald selbst begutachten: Im Herbst ist die österreichische Delegation eingeladen, die chinesische Kopie zu besuchen. Scheutz plant mitzureisen, allerdings nur unter der Bedingung, dass «das Projekt ein gewisses Mass an Qualität und Niveau zeigt».

Einen besonderen Bezug zu China hatte das malerische Dörfchen am Hallstättersee bislang nicht. Das nächste chinesische Restaurant liegt in Bad Ischl, 20 Kilometer von Hallstatt entfernt, und im Dorf spricht keiner Kantonesisch. Das wird sich bald ändern.

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