Marcel Koller: Österreich huldigt dem Schweizer Wundertrainer

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Marcel KollerÖsterreich huldigt dem Schweizer Wundertrainer

Vom kritisch Beäugten zum Nationalhelden in vier Jahren: Marcel Koller ist der Erste, der Österreich auf sportlichem Weg an eine EM geführt hat.

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Die Karriere von Marcel Koller15. September 2017Der Österreichische Fussball-Bund zieht die Konsequenzen aus den zuletzt dürftigen Resultaten: Marcel Koller ist per sofort nicht mehr Teamchef.

Die Karriere von Marcel Koller15. September 2017Der Österreichische Fussball-Bund zieht die Konsequenzen aus den zuletzt dürftigen Resultaten: Marcel Koller ist per sofort nicht mehr Teamchef.

Herbert Neubauer
5. September 2017Am Tiefpunkt: Nach dem mageren 1:1 in der WM-Qualifikation gegen Georgien tendieren Österreichs WM-Chancen gegen null. Kollers Trainerstuhl wackelt mehr denn je.

5. September 2017Am Tiefpunkt: Nach dem mageren 1:1 in der WM-Qualifikation gegen Georgien tendieren Österreichs WM-Chancen gegen null. Kollers Trainerstuhl wackelt mehr denn je.

FreshFocus/Sebastian Pucher
1. Juni 2016Marcel Koller will mit Österreich Frankreich erobern. Die EM endet aber enttäuschend. Das ÖFB-Team scheidet schon nach der Vorrunde aus.

1. Juni 2016Marcel Koller will mit Österreich Frankreich erobern. Die EM endet aber enttäuschend. Das ÖFB-Team scheidet schon nach der Vorrunde aus.

Keystone/Robert Jaeger

Der Blick zurück lohnt sich, um Marcel Kollers Werdegang in Österreich zu skizzieren. Man schrieb Oktober 2011, der Zürcher war gerade zum neuen ÖFB-Teamchef ernannt worden, als sich Österreichs Jahrhundertfussballer Herbert Prohaska im Staatsfernsehen ereiferte: «Da läuft irgendetwas verkehrt! Solche Trainer haben wir hier genügend.»

Toni Polster, mit 44 Länderspieltreffern erfolgreichster Goalgetter unseres östlichen Nachbarn, befand in der gleichen Expertenrunde: «Ich glaube nicht, dass das eine glückliche Entscheidung war.» Und Werner Gregoritsch, Trainer der U21-Auswahl, steuerte diese Worte bei: «Für die Fans ist diese Entscheidung enttäuschend, weil sie erwartet haben: Wenn ein Ausländer übernimmt, muss es einer sein mit einer Reputation.»

Den Chefkritiker als Fan gewonnen

Am 8. September 2015, dem Tag des grandiosen 4:1-Siegs in Schweden, der Österreich die erstmalige EM-Qualifikation auf sportlichem Weg sicherte, sagt TV-Analyst Prohaska ins ORF-Mikrofon: «Ich bin ein sehr, sehr grosser Fan dieser Mannschaft. Sie hat sich in der gesamten Qualifikation unglaublich präsentiert.» Es folgt die Eloge auf Koller: «Dass sie als geschlossene Einheit auftritt, ist ganz einfach das Verdienst des Teamchefs, weil er immer an diesen Spielern festgehalten hat. Jeder Einzelne hat sich super entwickelt.»

Bei Polster tönt das so: «Ich bin unendlich stolz. In Schweden 4:1 zu gewinnen und Russland zweimal zu schlagen, ist nichts Alltägliches. Es ist eine Mannschaft zusammengewachsen, die einen klaren Plan hat und bereit ist, lange Wege zu gehen und füreinander zu kämpfen.»

Sprechchöre frühmorgens am Flughafen

Unter Koller sind die Österreicher im Fifa-Ranking von Platz 72 bis auf Rang 13 vorgeprescht. Klar, dass sie den Schweizer nicht so schnell weiterziehen lassen wollen. Sein bis Ende 2015 laufender Kontrakt gilt dank des Triumphs vom Dienstag automatisch bis nach der Endrunde. Und ÖFB-Präsident Leo Windtner hatte vergangene Woche bereits angekündigt, man werde sich über eine vorzeitige Vertragsverlängerung unterhalten, sobald die Qualifikation für Frankreich unter Dach und Fach ist. Die österreichischen Fussballfans dürften sich über diese Nachricht ganz besonders freuen.

Nachdem Trainer und Mannschaft ihren Coup auf dem Rasen von Solna in «Frankreich WIR kommen»-Shirts und später in der Garderobe bejubelt hatten, ging es für Koller und sieben Spieler per Charterflug direkt in die Heimat. Um 3.45 Uhr landete die Gruppe auf dem Flughafen Wien-Schwechat. Hunderte Anhänger bereiteten ihr lautstarken Empfang, der Zürcher wurde minutenlang mit Sprechchören gefeiert. «Da denke ich, jetzt werden wohl alle schlafen und dann sind so viele Menschen hier», sagte er, überwältigt von der Zuneigung, die ihm entgegenschlug.

Später am Mittwoch, an der Pressekonferenz im Ernst-Happel-Stadion, zeigte sich Koller völlig entspannt – und bestens vorbereitet für die EM.

Auf Social Media überboten sich die Fans mit Lobeshymnen auf Koller.

Zum Schluss noch ein ironischer Tweet mit Bezug auf Roland Kirchler. Der ehemalige Nationalspieler stellte in einer Kolumne die These auf, Koller leiste zwar exzellente Arbeit, ernte vor allem aber auch die Früchte von der Arbeit seines Vorgängers Didi Constantini.

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