Staatsbordelle«Oralsex am Schalter 7 ist kein Traum»
Während Frankreich die Prostitution verbietet, diskutiert die Schweiz über Staatsbordelle. Milieu-Anwalt Valentin Landmann findet das richtig.
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- daw
Herr Landmann, Politiker fordern, dass der Staat Liegenschaften für städtische Bordelle zur Verfügung stellt – um ihnen bessere Arbeitsbedingungen ohne Zugriff von Zuhältern zu bieten. Was halten Sie davon?
Ich finde die Idee nicht schlecht und kann mir solche Einrichtungen in verschiedenen Städten vorstellen. Es stimmt, dass gerade Zürich wegen baurechtlichen Einschränkungen, hohen Mietpreisen und der Yuppisierung ein immer härteres Pflaster für Prostituierte wird. Der Staat könnte an zentraler Lage – etwa im Bereich früherer Strichzonen – eine Liegenschaft zur Verfügung stellen. Denkbar ist ein Laufhaus, aber auch die Vermietung von Zimmern oder Etagen an die Frauen. Dies würde nicht zuletzt älteren Prostituierten helfen, die nicht mehr die Flexibilität einer 20-Jährigen haben.
Könnten Sexarbeiterinnen so vor Zuhältern und Zwangsprostitution geschützt werden?
Das ist eine übertriebene Annahme. Wirkliche Übergriffe haben in den letzten Jahren ohnehin abgenommen. Aber Frauen sollen die Möglichkeit haben, selbstständig ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Das ist besser, als wenn sie von der Sozialhilfe leben.
Ist ein städtisches Bordell wirklich eine Staatsaufgabe?
Es ist eine sinnvolle Ergänzung zum privaten Markt. Ein Etablissement, das von der Stadt betrieben wird, muss nicht rentieren, aber attraktiv für den Gast sein. Die Stadt soll von den Frauen eine Miete verlangen, sodass es selbsttragend ist. Mit den Sexboxen gibt es im Übrigen schon ein städtisches Angebot. Wichtig ist, dass die privaten Angebote deswegen nicht eingeschränkt werden. Eine Monopolisierung durch den Staat, die Prostituierte zu Beamtinnen macht, darf es niemals geben. Oralsex am Schalter 7 ist kein Traum.
In anderen europäischen Ländern geht der Trend in eine ganz andere Richtung. Die französische Nationalversammlung hat im April ein Gesetz verabschiedet, das Freier mit 1500 Euro Busse bestrafen will. Und bei uns soll der Staat Prostitution noch fördern?
Es gibt international ganz schlimme Trends, die eine kontraproduktive Wirkung haben. Ob man nun die Prostitution ganz verbietet oder lediglich Freier bestraft: Beides fördert die Frauenunterdrückung. Denn mit der Kriminalisierung läuft die Prostitution einfach im Untergrund weiter, doch die Frauen müssen für alles bezahlen. Die Folgen sieht man in den USA, Thailand oder auf den Philippinen, wo sie der Unterwelt ausgeliefert sind.
Es gibt Feministinnen, die sich für einen restriktiven Umgang mit Prostituierten aussprechen, weil sie eine Unterscheidung zwischen freiwilliger Prostitution und sexueller Ausbeutung ablehnen. Auch in Schweden steht der Kauf von Sex unter Strafe.
Das ist totaler Mist. Ich habe in meiner Tätigkeit schon unerfreuliche Gestalten gesehen, die gesagt haben: «Jetzt gehen wir nach Schweden, da kannst du viel mehr aus den Frauen herauspressen.» Diese Politik ist offiziell gegen Frauenunterdrückung, fördert sie aber.
Was nützt den Frauen aus Ihrer Sicht denn wirklich?
Wenn wir unser liberales Prostitutionsrecht beibehalten und Prostitution als ganz normales Gewerbe akzeptieren. Die Sittenwidrigkeit ist ein alter Zopf. Damit würde gleichzeitig sie Ausstiegsproblematik gelöst: Wenn eine Bäckerin die Branche wechselt, braucht sie auch keine Ausstiegshilfe.