Oscars 2022«Coda» bester Film – Will Smith entschuldigt sich unter Tränen
Die Filmbranche feiert sich selbst: In Los Angeles wurden im Dolby Theatre zum 94. Mal die Oscars verliehen.
Darum gehts
Die Tragikomödie «Coda» hat den Oscar als bester Film gewonnen. Die US-Filmakademie zeichnete den Film der Regisseurin Siân Heder in der Nacht zu Montag in Los Angeles aus. Der Film erzählt von einem Mädchen, das in einer gehörlosen Fischerfamilie aufwächst.
Will Smith hat den Oscar als bester Hauptdarsteller gewonnen. Er bekam den Preis in der Nacht zu Montag in Los Angeles für seine Rolle in dem Film «King Richard» über den Aufstieg der Schwestern Serena und Venus Williams zu Tennis-Stars. Als er den Preis abholte, entschuldigte er sich unter Tränen für den Vorfall mit Chris Rock.
Jessica Chastain hat den Oscar als beste Hauptdarstellerin gewonnen. Die 45-jährige US-Amerikanerin erhielt die Auszeichnung in der Nacht zu Montag für ihre Rolle in dem Film «The Eyes Of Tammy Faye».
Dritte Frau erhält Regie-Oscar
Die neuseeländische Regisseurin Jane Campion hat als erst dritte Frau in der Geschichte einen Oscar für die beste Regie gewonnen. Campion wurde am Sonntagabend (Ortszeit) im Dolby Theatre in Hollywood für die Regie des Westerns «The Power of the Dog» mit dem begehrten Filmpreis ausgezeichnet. Vor ihr hatten nur die Regisseurinnen Kathryn Bigelow und Chloé Zhao einen Regie-Oscar gewonnen. Prämiert wurden auch der «James Bond»-Titelsong von Billie Eilish und der Animationsfilm «Encanto».
Mit einer Performance von Musikerin Beyoncé Knowles (40) hat in der Nacht zum Montag die Oscar-Verleihung begonnen. Die Tennisikonen Serena und Venus Williams kündigten zu Beginn der Show an, dass Beyoncé von einem Tennisplatz in Compton singen werde – dort hätten sie ihre Sportkarriere begonnen. Beyoncés Song «Be Alive» aus dem Film «King Richard» ist auch für einen Oscar nominiert. Der Film erzählt vom Aufstieg der beiden Williams-Schwestern an die Spitze des Damentennis.
Der Oscar für den besten Nebendarsteller geht an Troy Kotsur. Der 53-jährige US-Amerikaner wurde für seine Leistung in «Coda» ausgezeichnet. In der Tragikomödie spielt er den Vater der 17-jährigen Ruby, die als einziges Mitglied der vierköpfigen Fischerfamilie hören kann und von einer Karriere als Sängerin träumt. Kotsur ist gehörlos und hielt seine bewegende Dankesrede in Gebärdensprache. Dabei bedankte er sich besonders bei seinem Vater, von dem er die Gebärdensprache und vieles mehr gelernt habe.
Ariana DeBose hat den Oscar für die beste Nebendarstellerin bekommen. Die Schauspielerin gewann die Auszeichnung in der Nacht zum Montag deutscher Zeit für ihre Rolle als Anita in «West Side Story». In dem Musical von Steven Spielberg tanzt und singt sie auch.
DeBose gewann gegen Jessie Buckley, Judi Dench, Kirsten Dunst und Aunjanue Ellis. Vor ihrem Auftritt in «West Side Story» war DeBose im Filmgeschäft grösstenteils unbekannt. Bekannt war sie als Schauspielerin auf der Theaterbühne – sie war unter anderem im Broadway-Musical «Hamilton» zu sehen.
Der japanische Film «Drive My Car» hat den Auslands-Oscar gewonnen. Das Drama von Regisseur Ryusuke Hamaguchi wurde in der Nacht zu Montag als bester internationaler Spielfilm ausgezeichnet. «Drive my Car» erzählt von dem Schauspieler und Theaterregisseur Kafuku. Obwohl er einen schlimmen Verlust noch nicht verarbeitet hat, erklärt er sich bereit, bei einem Theaterfestival in Hiroshima ein Stück zu inszenieren. Dort nähert er sich anderen Menschen und seiner Vergangenheit an.
Maria Brendle geht leer aus
Die Oscar-Hoffnungen der deutsch-schweizerischen Regisseurin Maria Brendle in der Sparte Kurzfilm haben sich nicht erfüllt. Die in der Schweiz lebende Filmemacherin aus dem Kreis Konstanz war mit ihrem Kurzfilm «Ala Kachuu – Take and Run» nominiert gewesen. Der 38-minütige Film von Brendle und der Schweizer Produzentin Nadine Lüchinger dreht sich um das Schicksal einer jungen Kirgisin, die verschleppt und zwangsverheiratet wird. Brendle hatte für den Film mit Opfern von Brautraub recherchiert.
Den Oscar in der Kategorie Live-Action-Kurzfilm gewann in der Nacht zu Montag der Film «The Long Goodbye» des britischen Regisseurs Aneil Karia. Das Drama mit dem Rapper Riz Ahmed in der Hauptrolle behandelt die Themen Rechtsextremismus und Islamophobie.
Oscar für Hans Zimmer
Der aus Deutschland stammende Komponist Hans Zimmer hat einen Oscar gewonnen. Der 64-Jährige wird für die Filmmusik zum Science-Fiction-Epos «Dune» ausgezeichnet, wie die Akademie in der Nacht zum Montag bei Twitter bekanntgab. Für Zimmer, der seit Langem in den USA lebt, ist es bereits der zweite Oscar. In den 1990ern war er bereits für die Musik zum Disney-Zeichentrickfilm «Der König der Löwen» ausgezeichnet worden.
Offiziell sollte die Verleihung gegen 2.00 Uhr Schweizer Zeit beginnen. Vorab kamen die ersten Gäste auf dem roten Teppich in Los Angeles an. Darunter waren Schauspieler Will Smith, die Tennisikonen Serena und Venus Williams und Filmemacherin Maggie Gyllenhaal. Darsteller Timothée Chalamet kam mit Jackett, aber ohne Hemd.
Solidarität mit der Ukraine
Die gebürtige Ukrainerin Mila Kunis und die Veranstalter der Oscars haben bei der diesjährigen Preisverleihung an die von Russland angegriffene Ukraine erinnert. «Wenn du Zeuge der Stärke und Würde derjenigen wirst, die mit solcher Verwüstung konfrontiert sind, ist es unmöglich, nicht von ihrer Resilienz gerührt zu sein», sagte die Schauspielerin Kunis bei der Show in Los Angeles in der Nacht zum Montag deutscher Zeit. Sie leitete einen Auftritt von Reba McIntyre mit dem für den Oscar nominierten Song «Somehow You Do» ein.
Nach dem Song von McIntyre wurde ein halbminütiger Schweigemoment für die Ukraine eingelegt. Zuschauer wurden aufgerufen, den Opfern in der Ukraine zu helfen. Millionen von Menschen dort seien auf Hilfe angewiesen, stand auf einem Bildschirm bei der Preisverleihung. «Ressourcen sind rar und wir – kollektiv als globale Gemeinschaft – können mehr tun.» Gezeigt wurde der Hashtag #StandWithUkraine.
Einige trugen blaue Bänder mit der Aufschrift «WithRefugees», um Solidarität mit den Menschen im Ukraine-Krieg zu zeigen. So ein Band trug auch Schauspielerin Jamie Lee Curtis, die im Gespräch mit Steven Gätjen von ProSieben sagte: «Falls hier eine Person ist, die nicht die Ukraine unterstützt, schicke sie her ... sage ihnen, dass sie zu mir kommen sollen.»
Bereits vorab hatte Schauspieler Sean Penn (61) zu einem Boykott der Gala aufgerufen, falls sie ohne den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj stattfinden sollte. In einem CNN-Interview sagte der Schauspieler und Regisseur am Samstag, dass ein Erscheinen Selenskis bei der Show vor einem Millionenpublikum eine grossartige Gelegenheit für eine Ansprache gewesen wäre.
Er befürchte aber, dass die Filmakademie dies nicht weiter verfolgt habe. In diesem Fall wäre das der «schamloseste Moment in der Geschichte Hollywoods». Er selbst würde seine beiden Oscar-Statuen aus Protest «einschmelzen», sagte Penn. Er hat zwei Oscars für die Filme «Mystic River» (2004) und «Milk» (2009) gewonnen.
Die Filmbranche feiert in diesem Jahr die 94. Oscar-Verleihung mit einer grossen Gala im Dolby Theatre, nachdem die Preisverleihung im vergangenen Jahr wegen der Corona-Pandemie im deutlich kleineren Rahmen stattgefunden hatte. Mit zwölf Nominierungen ist der Film «The Power of the Dog» der diesjährige Oscar-Favorit. Zehn Nominierungen erhielt das Science-Fiction-Epos «Dune». Auch Filme wie «West Side Story», «King Richard», «Belfast» oder «Coda» haben mehrere Gewinnchancen.