Heikle Mission: Papst will einen palästinensischen Staat

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Heikle MissionPapst will einen palästinensischen Staat

Papst Benedikt XVI. hat zu Beginn seines fünftägigen Besuches in Israel die Schaffung eines palästinensischen Staates gefordert. Überhaupt: Im Heiligen Land wird einiges vom Oberhaupt der katholischen Kirche erwartet.

Israelis und Palästinenser müssten jede Möglichkeit nutzen, um ihre Differenzen zu überwinden, sagte das Oberhaupt der Katholiken am Montag bei seiner Ankunft auf dem Flughafen Tel Aviv. Benedikt hielt seine Rede auf Englisch und wurde von Staatspräsident Schimon Peres und Ministerpräsident Benjamin Netanjahu begrüsst.

Benedikt sagte, die Hoffnungen von unzähligen Menschen lägen auf Friedensverhandlungen, um die grossen Probleme zu lösen. Nach seiner Auffassung sollten am Ende zwei Staaten stehen, die international anerkannt sind.

Die Zwei-Staaten-Lösung ist international weitgehend akzeptiert, unter anderem von den USA und Deutschland. Allerdings ist die Forderung gleich nach Benedikts Ankunft bemerkenswert, weil Ministerpräsident Netanjahu seit dem Wahlsieg seiner rechten Likudpartei diesen Weg nicht mehr verfolgt. Es wird aber erwartet, dass er bei seiner USA-Reise in der kommenden Woche dazu gedrängt wird.

Roter Teppich bei Ankunft

Bei seiner Ankunft in Tel Aviv mit einer jordanischen Maschine wurde der Papst als Staatsgast mit rotem Teppich geehrt. Benedikt wurde auch von geistlichen Vertretern empfangen. Präsident Peres sagte, Israel begrüsse den Besuch, weil er den Weg zum Frieden ebnen könne.

Am Nachmittag stand in Jerusalem der Besuch von Jad Vaschem auf dem Programm, der zentralen Gedenkstätte für die Opfer des Holocausts. Erst kürzlich sorgte Benedikt mit der Aufhebung der Exkommunizierung des umstrittenen Bischofs und Holocaust-Leugners Richard Williamson für Irritationen.

In den kommenden Tagen besucht der Papst in Jerusalem den Felsendom und die Klagemauer und reist ins Westjordanland nach Bethlehem, wo er neben der Geburtskirche auch ein palästinensisches Flüchtlingslager besuchen will. Am Donnerstag ist er in Nazareth, der biblischen Heimatstadt Jesu, bevor er am Freitag nach Rom zurückkehrt.

Auf den Spuren von Johannes Paul

Der Papst reiste aus Jordanien nach Israel. Kurz vor seiner Abreise von Amman am Montag rief er Christen und Muslime zu Toleranz auf. Der Besuch in der grössten jordanischen Moschee sei bislang einer der Höhepunkte seiner Nahostreise gewesen. Er lobte zudem König Abdullah II. für dessen Umgang mit der christlichen Minderheit in Jordanien.

Der offizielle Besuch in Israel ist der zweite eines Papstes überhaupt. Benedikts Vorgänger Johannes Paul II. reiste im Jahr 2000 ins Heilige Land. Auch wegen der Affäre Williamson wird der Besuch weltweit aufmerksam verfolgt.

(dapd)

Umstrittene Entscheidungen des Papstes

In seiner kurzen Amtszeit hat Papst Benedikt XVI. mehrfach mit Äusserungen und Entscheidungen für Empörung gesorgt. Nachfolgend eine Übersicht.

12. September 2006: Die «Regensburger Rede» des Papstes führt zu einem Entrüstungssturm in der islamischen Welt. Der Papst zitierte dabei aus einem Disput aus dem 14. Jahrhundert, in dem es heisst, Mohammed habe der Welt «nur Schlechtes und Inhumanes» gebracht.

27. Juni 2007: Als Zugeständnis an die Traditionalisten ebnet der Papst den Weg für Gottesdienste im traditionellen Ritus und hebt damit rund 40 Jahre alte Beschränkungen auf. In der «tridentinischen Messe» spricht der Priester Latein und wendet der Gemeinde den Rücken zu. Mit seinem Schritt weckt der Papst Befürchtungen, er wolle auch andere Reformen des Zweiten Vatikanischen Konzils rückgängig machen.

10. Juli 2007: Der Vatikan bekräftigt den Anspruch der Katholischen Kirche als einzig wahre Kirche und löst damit einen Sturm der Entrüstung aus. Andere christliche Vereinigungen wie die Protestanten seien «keine Kirchen im eigentlichen Sinn», heisst es in einem von Benedikt ausdrücklich gebilligten Dokument.

5. Februar 2008: Der Papst führt eine Sonderform der umstrittenen Karfreitagsfürbitte ein. Darin heisst es übersetzt: «Lasst uns auch beten für die Juden, auf dass Gott, unser Herr, ihre Herzen erleuchte, damit sie Jesus Christus als den Retter aller Menschen erkennen.» Nach Ansicht von Kritikern wird damit zumindest indirekt zur Missionierung der Juden aufgerufen. Eine schärfere Form der Fürbitte, in der von «treulosen» und «verblendeten» Juden die Rede gewesen war, belastete das Verhältnis zwischen den Religionen jahrhundertelang schwer.

24. Januar 2009: Nach über 20 Jahren hebt Papst Benedikt die Exkommunizierung von vier Bischöfen der traditionalistischen Piusbrüderschaft des ultrakonservativen französischen Erzbischofs Marcel Lefebvre auf. Unter ihnen ist auch der britische Bischof Richard Williamson, der den Holocaust leugnet.

(AP)

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