Verschärftes Asylgesetz: Paris schickt Verstärkung an die Grenze zu Italien

Aktualisiert

Verschärftes AsylgesetzParis schickt Verstärkung an die Grenze zu Italien

Die französische Nationalversammlung hat Massnahmen zu neuen Gesetzen verabschiedet, die Asylverfahren wie auch Abschiebungen beschleunigen soll.

von
nag
Neues Asylgesetz genehmigt: Französische Polizeifahrzeuge stehen in Briançon, in der Nähe der italienischen Grenze. (23. April 2018)

Neues Asylgesetz genehmigt: Französische Polizeifahrzeuge stehen in Briançon, in der Nähe der italienischen Grenze. (23. April 2018)

AFP/Jean-Pierre Clatot

Nach einer 61-stündigen heftigen Debatte hat die französische Nationalversammlung am Sonntagabend in erster Lesung ein umstrittenes Gesetzespaket zur Verschärfung des Asyl- und Einwanderungsrechts verabschiedet. 228 Abgeordnete stimmten für die Massnahmen, 139 dagegen. Es gab 24 Enthaltungen.

Nach Angaben von Innenminister Gérard Collomb zielt das Gesetzespaket auf eine «kontrolliertere» Einwanderung ab. Die Frist für die Einreichung eines Asylantrags etwa wird von 120 auf 90 Tage verkürzt. Zudem sollen Asylanträge künftig innerhalb von sechs Monaten statt wie bisher in elf Monaten bearbeitet werden.

Asylbewerber sollen überdies auch weniger Zeit haben, gegen einen negativen Bescheid Widerspruch einzulegen. Abgelehnte Asylbewerber können bis zu 90 Tage lang in Haft genommen werden, das sind doppelt so viele Tage wie vorher. Abschiebungen werden erleichtert.

Abgeordneter verlässt Fraktion

Gegen den Gesetzesentwurf hatte es in Frankreich bereits massive Proteste gegeben. Möglich wurde die Verabschiedung des Gesetzespakets in der Nationalversammlung vor allem durch die Unterstützung der Regierungspartei von Staatschef Emmanuel Macron, La République en Marche (LREM, Die Republik in Bewegung).

Ein LREM-Abgeordneter, das ehemalige Mitglied der Sozialistischen Partei Jean-Michel Clément, votierte jedoch dagegen und sprach von einer «Gewissensentscheidung». Um seinem Ausschluss aus der LREM zuvorzukommen, kündigte er anschliessend seinen Austritt aus der Fraktion an. Gegen das Gesetzespaket stimmten zudem Abgeordnete aus dem linken Lager.

Massnahmen gehen nicht weit genug

Die Abgeordneten der Republikaner und der Front National (FN) von Marine Le Pen votierten dagegen, weil ihnen die Massnahmen nicht weit genug gehen. Le Pen warnte davor, dass das Gesetz zu einer «Migrationsflut» führen werde. Sie hatte mit dem Thema im vergangenen Jahr Wahlkampf gemacht und bei der Präsidentschaftswahl einen Stimmenanteil von 36 Prozent erzielt.

Die Gesetzesnovelle muss nun noch das Oberhaus passieren. Dort haben die rechten Senatoren die Mehrheit. Sie haben bereits «erhebliche Änderungsanträge» angekündigt. Die Regierung Macron begründet die Novelle mit deutlich angestiegenen Flüchtlingszahlen: Im vergangenen Jahr hatte Frankreich erstmals mehr als 100'000 Asylanträge registriert, 17 Prozent mehr als 2016. Im EU-Schnitt halbierte sich die Zahl der Bewerber dagegen. Über Frankreich versuchen viele Menschen, nach Grossbritannien zu gelangen.

Kritik von Amnesty Frankreich

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International sprach von einem «gefährlichen» Gesetz, das Migrantenrechte aushöhle. Amnesty Frankreich kritisierte auch die in dem Gesetz vorgenommene Abschwächung des «Delikts der Solidarität» mit Flüchtlingen. In dem Gesetzentwurf sind nun «Ausnahmen» vorgesehen, unter anderem betreffend die Versorgung mit Pflege, Unterkunft oder Nahrung. Die Nichtregierungsorganisation spricht von einem «Damoklesschwert», das über den Menschen schwebe, die sich für Flüchtlings- und Menschenrechte einsetzten.

Thema der Parlamentsdebatte war auch die Frage des Grenzschutzes, nachdem am Wochenende Aktivisten der rechtsextremen Identitären Bewegung einen Alpenpass nahe der französisch-italienischen Grenze blockierten. Sie bezeichneten den Pass als «strategischen Punkt des Grenzübertritts illegaler Einwanderer». Später überquerten rund hundert französische Flüchtlingshelfer zusammen mit etwa 30 Flüchtlingen die Grenze nach Frankreich, dabei gab es Rangeleien mit der Polizei.

Innenminister Collomb erklärte am Sonntagabend, die Regierung schicke «bedeutende» Polizeiverstärkung an die Grenze zu Italien. Damit solle die «vollständige Einhaltung der Kontrolle der Grenzen» sichergestellt werden. Zugleich kritisierte Collomb «Provokationen» und «inakzeptable Aktionen» von «Ultra-Rechten» und «Ultra-Linken» in dem Grenzgebiet. (nag/afp)

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