Aufhebung der AbstimmungParlament soll über Heiratsstrafe entscheiden
Wegen falschen Angaben des Bundesrat hob das Bundesgericht die Abstimmung zur Heiratsstrafe auf. Der Bundesrat nimmt nun das Parlament in die Pflicht.
- von
- ehs
Das war die Pressekonferenz des Bundesrat zur Heiratsstrafe. (Quelle: Bundeskanzlei)
Das Bundesgericht sorgte für eine Premiere, als es anfangs April erstmals eine Volksabstimmung aufhob. Weil der Bundesrat im Vorfeld falsche Zahlen verbreitet habe, annulierten die obersten Richter die 2016 durchgeführte Abstimmung über die Volksinitiative der CVP zur Abschaffung der Heiratsstrafe.
Mit der Initiative «Für Ehe und Familie» wollte die Partei das Problem der Doppelbesteuerung von Verheirateten angehen. Der Bundesrat behauptete damals, von der Heiratsstrafe seien rund 80'000 Doppelverdiener-Ehepaare betroffen. Später stellte sich heraus, dass diese Zahlen veraltet waren. Vor einem Jahr sprach der Bundesrat in einer korrigierten Schätzung von rund 450'000 betroffenen Doppelverdiener-Ehepaaren.
Knapper Abstimmungsausgang
Weil die Abstimmung damals mit 50,8 Prozent Nein-Stimmen knapp ausgegangen war, ging das Bundesgericht davon aus, dass die falschen Zahlen das Resultat beeinflusst haben könnten.
Wie der Bundesrat am Freitag mitteilte, hat er das verbindliche Abstimmungsergebnis aufgehoben. Ob es erneut zu einer Abstimmung kommt, liegt nun in den Händen der Initianten. Sie könnten ihre Initiative zurückziehen, bis ein Termin zur wiederholten Abstimmung feststeht. Sie haben aber ein Recht darauf, dass es ansonsten zur Abstimmung kommt, so der Bundesrat.
Kommt nun Gegenvorschlag?
Der Bundesrat reicht dem Parlament nun Hand für die Ausarbeitung eines Gegenvorschlags. Er unterbreitet ihm noch im Sommer eine Botschaft, die es den Räten ermögliche, die Anliegen der Initiative inhaltlich zu behandeln und einen Gegenvorschlag auszuarbeiten, wie es in einer Mitteilung heisst.
Eine Behandlung im Parlament statt eine erneute Abstimmung könnte der CVP entgengenkommenwie die «NZZ» berichtete. Mit einer erneuten Abstimmung würde die Partei eine Kontroverse um gleichgeschlechtliche Paare riskieren. Im Initiativtext gibt es nämlich einen Passus, der die Ehe auf eine Verbindung zwischen Mann und Frau beschränken will. Die Initiative wurde deshalb unter anderem von Homosexuellen-Verbänden stark kritisiert.
Am Freitag informierten der Bundeskanzler Walter Thurnherr und Adrian Hug, Direktor der Eidgenössischen Steuerverwaltung, über das weitere Vorgehen und wie ähnliche Vorfälle verhindert werden sollen. So sollen unter anderem die Departemente und Ämter verpflichtet werden, Fragen nach den relevanten Daten und deren Quelle gegenüber der Öffentlichkeit transparent darzulegen.