Tickende ZeitbombePharmafirmen «züchten» in Indien Killerkeime
Hierzulande verkaufte Antibiotika werden zum Teil in Indien hergestellt – laut einer TV-Doku unter äusserst fragwürdigen Bedingungen.
- von
- csc/fee
Pharmafirmen könnten an der Bildung superresistenter Keime schuld sein. Das ergibt eine Recherche der «Süddeutschen Zeitung» in Zusammenarbeit mit den TV-Stationen NDR und WDR.
Gemeinsam mit Forschern hatten Reporter Proben aus Gewässern rund um Pharmafabriken in der indischen Stadt Hyderabad genommen. Dort lassen laut Mitteilung des NDR «auch fast alle grossen Generika-Hersteller wie Ratiopharm, Hexal oder Stada Wirkstoffe produzieren».
Tausendfache Konzentration
Ergebnis: Aufgrund mangelnder Abwasserreinigung gelangen die in Indien für den europäischen Markt hergestellten Antibiotika ins Abwasser, wo sich Keime bilden, die gegen diese resistent sind. So befand sich in den Proben eine tausendfach höhere Konzentration von Antibiotika-Resten als angenommen.
Als «Zeitbombe» bezeichnet Fritz Sörgel, Leiter des Instituts für Biomedizinische und Pharmazeutische Forschung (IBMP) in Nürnberg, die Funde. Denn wenn Antibiotika in die Umwelt gelangen, entwickeln Bakterien, die dort leben, Abwehrmechanismen gegen die Mittel. Sie werden resistent und breiten sich verstärkt aus, da sie gegenüber anderen Bakterien einen Überlebensvorteil haben.
Bioreaktor unter freiem Himmel
Der Leipziger Infektionsforscher Christoph Lübbert vom Universitätsklinikum Leipzig nennt die Abwässer in Hyderabad, in der Nähe der Fabriken, einen «Bioreaktor unter freiem Himmel». Er befürchtet zudem eine Globalisierung der Erreger. Schliesslich könnten diese von Indien-Touristen in alle Welt getragen werden.
Die gesamte Doku zum Thema wird heute Abend um 22.45 Uhr auf ARD aufgestrahlt.