AufgeflogenPilot macht krank und feiert in Südamerika
Ein Pilot einer Schweizer Airline meldete sich krank, weil er eine Magen-Darm-Grippe habe. Dann setzte er sich ins Flugzeug nach Südamerika. Das kostete ihn die Stelle.
Ein Linienpilot und seine bei der gleichen Airline als Flight Attendant beschäftigte Verlobte flogen im Sommer 2014 zur Taufe des Neffen der Frau nach Südamerika. Das kostete beide ihre Stelle, denn der Pilot hatte sein Ferienguthaben schon aufgebraucht und keine Freitage bewilligt erhalten. Das Paar flog trotzdem: Der Pilot meldete sich bei der Airline vier Tage vor der Taufe krank. Er habe einen Rückfall einer Magen-Darm-Grippe erlitten. Auch die Frau meldete sich zwei Tage nach ihm krank.
Die Fluggesellschaft nahm den beiden die Geschichte nicht ab und zitierte sie zum Vertrauensarzt, wo sie die Reise zugaben. Die Airline entliess daraufhin beide Mitarbeiter. Dagegen wehrte sich der Pilot zunächst vor dem Arbeitsgericht und nun auch vor dem Zürcher Obergericht.
Auf dem Flug erholt?
Gemäss Urteil gab der Mann nach anfänglichem Abstreiten zu, die Reise unternommen zu haben. Er sei aber krank gewesen und habe sich auf dem Flug erholt. Etwas anderes könne die Fluggesellschaft nicht beweisen.
Weil er damals wirklich arbeitsunfähig gewesen sei, liege keine schwerwiegende Pflichtverletzung vor, machte der Pilot geltend. Sein Verhalten sei nicht derart schlimm gewesen, dass es eine fristlose Kündigung rechtfertigen würde.
Zweifel an «behaupteter Krankheit»
Das Zürcher Obergericht kam nun aber wie bereits zuvor das Arbeitsgericht zum Schluss, dass «erhebliche, gewichtige und nicht widerlegbare Zweifel an der behaupteten Krankheit» vorlägen. Es sei nur mit Mühe vorstellbar, mit einer schweren Magen-Darm-Grippe freiwillig eine 24-stündige Reise nach Südamerika mit Bahn, Flug und Transfers zu unternehmen, heisst es im Urteil.
Zudem wurden dem Piloten eine Stellungnahme und ein E-Mail an seinen ehemaligen Arbeitgeber zum Verhängnis. Darin schrieb er unter anderem von «der Geschichte mit der Krankheit». Zudem hielt er gemäss Urteil fest, dass er vor der Entscheidung gestanden sei, die kranke Mutter und ihre Familie zum wiederholten Mal zu enttäuschen oder die Reise unentschuldigt anzutreten. Dazu hält das Obergericht fest: «Deutlicher kann das Eingeständnis, er sei nicht krank gewesen, kaum formuliert werden.»
Besondere Anforderungen an Piloten
Das Obergericht spricht von einer insgesamt schwerwiegenden Pflichtverletzung, die eine fristlose Kündigung ohne vorgängige Verwarnung zulässt. Gerade einem Piloten müsse angesichts seiner äusserst verantwortungsvollen Tätigkeit und des absoluten Bedürfnisses nach Sicherheit im Flugverkehr unbedingtes Vertrauen entgegengebracht werden können.
Entsprechend stark fielen Vertrauensbrüche im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis ins Gewicht. «Das mehrfache Lügen und Festhalten an einer unwahren Sachdarstellung ist nicht nur moralisch störend», schreibt das Gericht. Es verletze «auch die arbeitsvertragliche Treuepflicht in gravierender Weise». Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der Pilot zieht es vors Bundesgericht.