Pilot stirbt bei Tornado-Crash im Kanton Bern

Aktualisiert

Pilot stirbt bei Tornado-Crash im Kanton Bern

Ein Tornado der deutschen Luftwaffe (im Bild) ist bei einem Übungsflug in der Nähe von Stechelberg im Berner Oberland gegen eine Felswand geprallt. Der 27-jährige Pilot kam ums Leben, der Waffensystemoffizier wurde lebend geborgen.

Der Absturz ereignete kurz vor 15.00 Uhr zwischen Aebnifluh und Mittaghorn im hinteren Lauterbrunnental, wie die Kantonspolizei Bern mitteilte. Das Flugzeug wurde beim Aufprall in die Felswand «praktisch pulverisiert», wie Jürg Mosimann, Sprecher der Kantonspolizei Bern gegenüber dem Regionaljournal Bern, Freiburg, Wallis von Radio DRS sagte.

Der Waffensystemoffizier konnte sich nach Angaben vom Abend mit dem Schleudersitz aus dem Flugzeug katapultieren. Sein Fallschirm blieb jedoch an der Felswand hängen. Dem Piloten gelang der Ausstieg nicht; die Rettungsteams fanden seine Leiche in einem grossen Trümmerfeld auf rund 3250 Metern über Meer.

Die Verunglückten wurden bei einem Suchflug durch die Air- Glaciers und der SAC-Rettungsstation Lauterbrunnen kurz nach dem Absturz auf dem Gletschergebiet der Einschlagstelle gesichtet.

Einer der beiden gab Lebenszeichen von sich. Ein Rettungshelikopter barg ihn um 16.25 Uhr über eine Seilwinde. Er wurde ins Spital gebracht. Nach Angaben der Ärzte ist er nicht in Lebensgefahr. Der Pilot wurde um 17.45 Uhr tot geborgen, wie die Kantonspolizei Bern mitteilte. Die Bergungsarbeiten gingen unter grosser Eis- und Steinschlaggefahrt vonstatten.

Die Ursache des Unglücks war am Donnerstagabend unklar. Untersuchungen zur Absturzursache wurden am Donnerstag vom Untersuchungsrichteramt Berner Oberland und der Militärjustiz gemeinsam aufgenommen. Das deutsche Verteidigungsministerium teilte mit, der General für Flugsicherheit werde sich an den Ermittlungen beteiligen.

Der Kampfjet war nach Angaben des Verteidigungsministeriums von seinem Stützpunkt in Lechfeld (D) aus zu einem Langstreckenflug über Korsika, Emmen LU und wieder zurück gestartet. Dabei landete der Jet in Emmen zum Auftanken, zehn Minuten später kam es zum Absturz. Nach Angaben des deutschen Verteidigungsministeriums führte der Jet keine Munition mit.

Plötzlicher Anstieg

Der Lauterbrunner Gemeindepräsident Jost Brunner hatte den Tornado zufällig auf einem Spaziergang beobachtet, wie er auf Anfrage der Nachrichtenagentur SDA sagte. Das Flugzeug sei relativ tief durch das Lauterbrunnental geflogen. Brunner schätzte die Flughöhe auf etwa 1200 bis 1300 Meter. Der Tornado sei lange ohne anzusteigen gegen den Abschluss des engen Tals zu geflogen.

Das hintere Lauterbrunnental wird von den Nordwänden mächtiger Drei- und Viertausender abgeschlossen. In der Region Trachsellauenen habe der Pilot den Tornado plötzlich stark nach oben gezogen und Kurs Richtung Rottalgletscher genommen.

Danach sei das Flugzeug hinter dem Schwarzmönch verschwunden, wo er es aus den Augen verloren habe. Vom eigentlichen Absturz habe man im Tal nichts mitbekommen, schilderte Brunner. So habe er beispielsweise keinen Knall gehört.

Ein weiterer Augenzeuge hat nach dem Absturz einen Feuerschwall gesehen. Er sei gerade mit seinem Gleitschirm gelandet, als der Jet ins Lauterbrunnental herein geflogen sei, sagte Benjamin Schönbächler in der Sendung «Schweiz aktuell» des Schweizer Fernsehens. Er habe noch darüber nachgedacht, was der Jet hier wolle. Dann sei dieser die Flanke hochgeflogen. «Danach sahen wir einen Feuerschwall», sagte Schönbächler.

Bewilligter Navigationsflug

Beim Übungsflug handelte es sich um einen sogenannten Navigationsflug, bei dem vom Pilot verschiedene Ziele angeflogen werden müssen. Jürg Nussbaum, der Sprecher der Schweizer Luftwaffe, sagte, solche Flüge ausländischer Militärmaschinen über der Schweiz seien bewilligt und nicht aussergewöhnlich.

Seit 1981 im Dienst

Tornados haben eine zweiköpfige Besatzung. Das Kampfflugzeug kann durch unterschiedliche Ausstattung auch als Aufklärungsflugzeug eingesetzt werden. Der Tornado wird von der Bundeswehr seit 1981 verwendet.

Ob es sich bei dem abgestürzten Kampfjet um einen der zwei Tornados aus dem Aufgebot der Luftwaffe für Afghanistan handelte, die am 2. April nur bis Sardinien geflogen waren, war zunächst unklar. Damals waren insgesamt zehn Tornados der Bundesluftwaffe in Richtung Afghanistan gestartet. Zunächst flogen sie zum italienischen Stützpunkt Decimomannu auf Sardinien. Die nächste Etappe in die Vereinigten Arabischen Emiraten absolvierten nur noch acht Flugzeuge. Dort beendeten zwei weitere Jets ihre Reise. Die restlichen sechs flogen dann zum deutschen Stützpunkt Masar-i-Scharif im Norden Afghanistans. Damit wollte die Luftwaffe sicher gehen, dass trotz möglicher Probleme auf der langen Strecke alle sechs angeforderten Maschinen in Afghanistan ankommen.

Der Flugeinsatz der Bundeswehr-Tornados in Afghanistan sollte am kommenden Sonntag beginnen. Ab 20. April sollten dann alle sechs Aufklärungs-Flieger zunächst bis zum 13. Oktober voll einsatzfähig sein.

(sda/ap)

Korrekte Bewilligung

Der Tornado der deutschen Luftwaffe hat nach Darstellung der Bundesbehörden und der Schweizer Luftwaffe alle nötigen Bewilligungen für die Anwesenheit im Schweizer Luftraum gehabt. Zuständig für die Bewilligung ist das Bundesamt für Zivilluftfahrt (BAZL), wie dessen Sprecher Daniel Göring auf Anfrage sagte.

Im Falle von Militärflugzeugen werde der Entscheid in Absprache mit der Luftwaffe und je nach Situation auch nach Konsultation des Departements für auswärtige Angelegenheiten gefällt. Voraussetzung sei, dass die Maschine nicht bewaffnet sei, keine Munition und keinen Sprengstoff mit sich führe. Auch Truppentransporte sind untersagt.

Im Falle des Tornados wurde die Bewilligung in Absprache mit der Luftwaffe erteilt, wie Göring weiter sagte. Die Maschine war in Korsika gestartet und erhielt die Bewilligung für den Flug auf den Militärflugplatz Emmen bei Luzern sowie für den Weiterflug nach Lechfeld in Deutschland. Dabei sei ein Navigationstrainingsflug bewilligt worden.

Im BAZL und bei der Luftwaffe wurde übereinstimmend erklärt, solche Bewilligungen seien nichts Aussergewöhnliches. Göring wies darauf hin, dass auch die Schweizer Luftwaffe im Ausland trainiere. Der Parcours für einen solchen Navigationsübungsflug werde aber nicht bis in die letzte Kurve abgesprochen. Jährlich werden rund 20 solche Bewilligungen erteilt, wie «10vor10» von Schweizer Fernsehen berichtete.

Tornado-Abstürze

Die Tornados werden seit 1981 in der Bundeswehr eingesetzt. Seitdem gab es nach Angaben des Verteidigungsministeriums 44 so genannte Totalverluste. Darin beinhaltet sind sowohl Abstürze als auch beispielsweise Verluste durch Brände am Boden. Bei den Unglücken gab es 36 Tote. Momentan verfügt die Luftwaffe der Bundeswehr über 188 Tornados. 1981 waren es noch 358.(ap)

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