Kapazitäten auf Intensivstationen - Politikerin fordert, dass ungeimpfte Corona-Patienten warten müssen

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Kapazitäten auf IntensivstationenPolitikerin fordert, dass ungeimpfte Corona-Patienten warten müssen

Das Zürcher Unispital muss dringende OPs verschieben. Dringend zu Behandelnde sollten gegenüber ungeimpften Covid-19-Hospitalisierten Vorrang haben, so Politikerin Verena Herzog.

von
Bettina Zanni
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Dringende Operationen müssen am Unispital Zürich wegen ungeimpfter Corona-Patienten und -Patientinnen verschoben werden.

Dringende Operationen müssen am Unispital Zürich wegen ungeimpfter Corona-Patienten und -Patientinnen verschoben werden.

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Dazu zählen Eingriffe am Herzen, Hirn oder die Entfernungen von Tumoren.

Dazu zählen Eingriffe am Herzen, Hirn oder die Entfernungen von Tumoren.

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Sie hätten in ihrer Abteilung keinen Platz mehr, sagte Peter Steiger, Intensivmedizin am Unispital Zürich zum «Tages-Anzeiger».

Sie hätten in ihrer Abteilung keinen Platz mehr, sagte Peter Steiger, Intensivmedizin am Unispital Zürich zum «Tages-Anzeiger».

USZ

Darum gehts

  • Das Zürcher Unispital muss dringende Eingriffe zurückstellen, weil Corona-Patienten und -Patientinnen die Intensivstationen an die Grenzen bringen.

  • «Das bedeutet eine Gefährdung der Patientinnen und Patienten, die dringend behandelt werden müssen», sagt der Präsident des Verbands der Haus- und Kinderärzte.

  • SVP-Nationalrätin Verena Herzog fordert: «Gibt es Patienten, die dringliche Eingriffe nötig haben, sollen diese ganz sicher Covid-19-Patienten vorgezogen werden.»

Covid-19-Erkrankte belegen auf den Intensivstationen zunehmend Betten, die auch andere Patientinnen und Patienten dringend benötigen. Sie hätten auf ihrer Station keinen Platz mehr, sagte Peter Steiger, Intensivmediziner am Unispital Zürich zum «Tages-Anzeiger». Auch dringende Operationen wie Eingriffe am Herzen, Hirn oder die Entfernungen von Tumoren würden deshalb verschoben.

Manuela Britschgi, Mediensprecherin des Unispitals Zürich, bestätigt auf Anfrage die mangelnde Kapazität. «Wir mussten unser Operationsprogramm bei den dringenden intensivpflichtigen Eingriffen anpassen, weil die Intensivstationen seit einigen Tagen sehr ausgelastet sind.»

Um Wochen würden die Operationen jedoch nicht verschoben, so Britschgi. «Es wird permanent diskutiert, wann diese Patientinnen und Patienten schnellstmöglich einen Platz erhalten können.»

«Zusätzliche Personen aufgeboten»

Auch in anderen Spitälern ist die Lage angespannt. «Wir nutzen den Pikettdienst und mussten zusätzliche Personen aufbieten, um das Routineprogramm zu gewährleisten», sagt Didier Naon, Chefarzt Anästhesie und Intensivmedizin am Spital Schwyz.

Bei der Berner Inselgruppe läuft der Operationsbetrieb aktuell noch normal. Steige die Zahl der hospitalisierten Covid-19-Patienten und -Patientinnen auf der Intensivstation weiter, müsse in einem nächsten Schritt wieder Personal aus dem Bereich Operation und Anästhesie abgezogen werden. «Dies würde den Operationsbetrieb rasch einschränken», sagt Petra Ming, Mediensprecherin der Berner Inselgruppe. «Nicht dringliche Eingriffe müssten wieder verschoben werden.»

Gleichzeitig sind die Schweizer Spitäler noch dabei, rund 30’000 intensivpflichtige Eingriffe nachzuholen, die im Jahr 2020 verschoben werden mussten.

«Betroffene werden ausgebremst»

Ärztinnen und Ärzte zeigen sich empört. «Die verschobenen Operationen bedeuten eine Gefährdung der Patientinnen und Patienten, die dringend behandelt werden müssen», sagt Philippe Luchsinger, Präsident des Verbands der Haus- und Kinderärzte.

Gerade Herz- und Krebsoperationen müssten schnell operiert werden, um das Risiko für Komplikationen zu verringern, so Luchsinger. «Die Betroffenen werden auf ihrem vorgezeichneten Behandlungsweg aber von anderen Menschen ausgebremst, die sich nicht an die Regeln halten und nicht solidarisch sind.»

Spital solle Grund abklären

Auch Gesundheitspolitikerinnen und Gesundheitspolitiker äussern sich beunruhigt. Einen Schritt weiter geht SVP-Nationalrätin Verena Herzog. Sie bezeichnet es als «absolut tragisch», dass Spitäler nun soweit seien, lebenswichtige Eingriffe verschieben zu müssen. Man impfe sich nicht nur für sich, sondern auch für alle anderen Menschen, die sich gegen das Virus nicht schützen könnten.

«Gibt es Patienten, die dringliche Eingriffe nötig haben, sollen diese deshalb ganz sicher Covid-Patienten vorgezogen werden, die erkrankt sind, weil sie sich aus Prinzip nicht impfen liessen», sagt Herzog. Zum Beispiel solle das Spitalpersonal dafür hausärztlich abklären lassen, ob sich der Covid-19-Patient oder die -Patientin wegen eines medizinischen Grunds nicht habe impfen lassen können.

«Hoffentlich müssen wir nicht über Triage diskutieren»

Auch Mitte-Nationalrat Lorenz Hess sagt, die persönliche Freiheit dürfe nie so weit gehen, dass sie andere gefährde. «Man kann nur hoffen, dass sich jetzt alle, die können, impfen lassen, um nicht über eine Triage von Covid-Patienten und Patienten mit dringenden Operationen diskutieren zu müssen.»

SP-Nationalrätin Flavia Wasserfallen teilt die Bedenken. «Es ist nur eine Frage der Zeit, bis das Inselspital Operationen verschieben muss.» Die Impfkampagne müsse sich nun gezielt an die junge Bevölkerung und jene mit Migrationshintergrund richten.

Jeder habe das Recht, korrekt behandelt zu werden

Ungeimpfte Covid-19-Hospitalisierte und andere Patientinnen und Patienten dürften nicht gegeneinander ausgespielt werden, so Wasserfallen. «Im Spital haben Strafaktionen keinen Platz – ob geimpft oder ungeimpft.»

Auch Philippe Luchsinger sagt, dass eine Triage nicht infrage komme. «So Mühe wir haben, zu sehen, dass es Leute gibt, die sich nicht impfen lassen, so unethisch wäre es, diese bei einem schweren Verlauf im Stich zu lassen.» Jeder Mensch in der Schweiz habe das Recht, medizinisch korrekt behandelt zu werden.

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