Flawil SGPolizei verfolgt Töffraser mit 225 km/h – Freispruch
Das Kreisgericht Wil hat zwei Polizisten vom Vorwurf freigesprochen, bei einer Verfolgungsjagd unverhältnismässig schnell gefahren zu sein.

Die beiden Polizisten überholten mit bis zu 225 Stundenkilometern auf der Autobahn.
Das Gericht spielte am Dienstag die Videoaufnahme der Verfolgungsjagd während der Verhandlung ab: An einem frühen Samstagabend im September 2015 waren die beiden Autobahnpolizisten kurz vor Dienstschluss auf dem Weg zum Stützpunkt. Der Himmel war leicht bewölkt, die Fahrbahn trocken. Plötzlich gab ein Motorradfahrer auf gleicher Höhe mit dem Patrouillenfahrzeug Gas und beschleunigte massiv.
Mit Blaulicht und «Stopp Polizei»-Matrix nahmen die beiden Polizisten die Verfolgung des Töfffahrers auf. Nach einer rund vierminütigen Verfolgungsfahrt gelang den Polizisten die Festnahme des Rasers, der mit seinem Motorrad bei der Ausfahrt Oberbüren in einem Wäldchen steckengeblieben war. Zuvor war er mit bis zu 240 km/h über die A1 gebrettert.
Kein Freipass
Der Freispruch sei kein Freipass für die Polizei, sagte der Vorsitzende des Kreisgerichts Wil bei der mündlichen Begründung des Urteils, das noch nicht rechtskräftig ist. Jeder konkrete Fall müsse neu beurteilt werden. In diesem Fall sei der Polizist an die Grenzen gegangen; aber aufgrund aller Umstände sei die Verfolgungsjagd verhältnismässig gewesen.
Anders sah dies der Staatsanwalt: Es sei zwar zulässig, dass Polizisten bei der Verfolgung eines Rasers die Verkehrsregeln verletzten. Mit über Tempo 200 auf der Autobahn einen Reisecar auf dem Pannenstreifen rechts zu überholen, sei hingegen nicht verhältnismässig. Hinweise auf andere Straftaten habe es nicht gegeben, sagte der Staatsanwalt vor Gericht.
Bei der Verfolgungsjagd haben die beiden Angeschuldigten mit ihrem Streifenwagen verschiedene Personenwagen mit einer Geschwindigkeit von bis zu 225 km/h überholt. Der Staatsanwalt warf den beiden Polizisten mehrere vorsätzlich grobe Verstösse gegen das Strassenverkehrsgesetz vor. Er forderte für den 30-jährigen Fahrer eine bedingte Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu je 160 Franken. Für den 35-jährigen Beifahrer verlangte er eine bedingte Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 110 Franken.
Beweismittel sichern
Der Auslöser für die Nachfahrt sei das erste Überholmanöver des Töfffahrers auf der rechten Fahrspur gewesen, sagte der Polizist, der den Streifenwagen gefahren hatte. Er sei überzeugt, dass er mit der nötigen Ruhe und Vorsicht gefahren sei. «Ich habe meinen Job gut gemacht», sagte er. Dringliche Dienstfahrten, etwa zu Unfällen, gehörten bei der mobilen Polizei zum Alltag.
Der Motorradfahrer habe mit seiner halsbrecherischen Fahrt die Geschwindigkeit vorgegeben, sagte der Beifahrer. «Wir haben im Gegensatz zum Töfffahrer niemanden konkret gefährdet», so der 35-Jährige. Bei der Verfolgung sei es darum gegangen, Beweismittel zu sichern.
Die beiden Verteidiger forderten für ihre Mandaten Freisprüche. Der Fahrer sei ortskundig und erfahren gewesen. Hätten die beiden Polizisten die Verfolgung nicht aufgenommen, hätte der Raser straffrei gegen die Verkehrsregeln verstossen können. Nun drohte ihm für seine krasse Fahrt eine Freiheitsstrafe von drei Jahren. (sda)