Mail-VerkehrPolizist lässt sich als «Hänsli» mit Gaunerin ein
Immer wieder werden Menschen Opfer von Online-Betrügern. Die Kantonspolizei Thurgau zeigt nun an einem realen Beispiel, wie die Gauner vorgehen.
- von
- jeh
«Liebe, Wie geht es der Familie. Ich bin Frau Lorena Elonso, aus Spanien schreibe ich, um Sie über meine Absicht zu beziehen, mein Geld (3,5 Millionen Euro) für Wohltätigkeitsarbeit in Ihrem Land zu verwenden.»
Dieser Teil eines E-Mails landete vor rund zwei Wochen bei der Kantonspolizei Thurgau. «Ich habe an Krebs gelitten, ich möchte Wissen, ob ich Ihnen Vertrauen kann, dass sie diese Mittel für wohltätige Zwecke, weniger Privilegien, Waisenhäuser verwenden», heisst es im Mail weiter.
Die Polizei warnt: «Wenn man ein solches Mail erhält, sollte man es sofort löschen und auf keinen Fall darauf eingehen, denn dabei handelt es sich um Betrüger», sagt Daniel Meili, Mediensprecher der Kapo Thurgau.
Das Versprechen auf das grosse Geld
Doch Meili geht auf das Mail ein und spielt den Betrügern Mitgefühl vor, will mehr über Lorena erfahren. Er gibt sich als Hans Muster aus, nennt sich später selbst Hänsli. «Auch wenn das Ganze unterhaltsam erscheint, möchten wir die Leute vor allem sensibilisieren», so Meili. Deshalb postet die Kapo Thurgau den gesamten Mailverlauf auf ihrer Facebook-Seite. Es komme immer wieder vor, dass Menschen auf solche Betrugsmaschen hereinfallen. «Ich möchte versuchen aufzuzeigen, wie diese Betrüger vorgehen», so Meili.
Es handle sich wahrscheinlich um einen Versuch von Vorschuss-Betrug. Dabei wird den Opfern eine grosse Menge Geld versprochen. Doch zuvor muss ein Vorschuss an die Betrüger überwiesen werden, der Gebühren oder Ähnliches decken soll. «Ist dieser Betrag erst einmal überwiesen, ist das Geld natürlich für immer verloren», so Meili.
Ein sich amüsierender Polizeisprecher
Und tatsächlich bittet Lorena Hänsli, seine Bankdaten sowie weitere vertrauliche Informationen zu übermitteln, und verweist ihn an einen englisch sprechenden Anwalt namens Pablo Hernandez, der das Anliegen in die Hand nehmen werde. Und dieser macht schnell klar, dass Hänsli seine Angaben schnellstmöglich übermitteln soll. Dies tut Hänsli auch. Doch als 72-jähriger Rentner hapert es ein wenig mit dem Englisch. So antwortet Hänsli auf die Frage, aus welcher Country (dt. Land) er komme, dass er Country-Musik nicht sonderlich mag. «Also ich muss zugeben, dass ich sehr lachen muss, wenn ich diese Mails schreibe», so der Polizeisprecher. Dennoch stehe die Sensibilisierung stets im Vordergrund.
Sinnlose Beschäftigung für die Betrüger
Meili wolle mindestens noch so lange weiter machen, bis die Betrüger den Vorschuss verlangen. «Dann schauen wir weiter.» Irgendwann werde man aber mit Sicherheit die Karten auf den Tisch legen und den Gaunern klar machen, dass sie gerade versuchen, die Polizei übers Ohr zu hauen.
Die Betrüger zur Rechenschaft zu ziehen, dürfte aber so gut wie unmöglich sein. «Diese Gruppierungen haben jahrelange Erfahrung mit solchen Sachen und wissen, wie sie ihre Spuren verwischen können», sagt Meili. Dahinter stecke wohl die sogenannte «Nigeria-Connection» (siehe Box), die dieses Betrugsgeschäft schon seit den 80er-Jahren professionell betreibe.
Man sei nun gespannt, wie das Experiment weitergeht, und freue sich, dass man damit die Betrüger zumindest eine Zeitlang sinnlos beschäftigen kann.
Nigerian Connection
Der Begriff Nigerian Connection wird seit vielen Jahren als Synonym für Betrügereien verwendet. Seit 1988 werden weltweit Briefe zuerst als Fax, seit Mitte der 90er Jahre vermehrt als Email verschickt, in denen den Empfängern große Summen versprochen werden, wenn sie afrikanischen Geschäftsleuten behilflich seien, riesige Dollarbeträge außer Landes zu schaffen. Dies sollen regelmäßig mehrere Millionen Dollar sein und auch der Anteil, der dem Empfänger zufallen soll, liegt in Millionenhöhe. Es handelt sich hierbei um Betrug, genauer um Vorausgebühren-Betrug, nach einem entsprechenden Artikel im nigerianischen Gesetzbuch auch 419 (four one niner) genannt.