Kampf gegen AidsPotenter HIV-Antikörper in Kühen entdeckt
Kühe könnten der Schlüssel bei der Entwicklung eines HIV-Impfstoffes sein. Laut einer neuen Studie sind sie in der Lage, wirksame Antikörper zu produzieren.
- von
- jcg
Trotz jahrelanger Forschung gibt es bis heute keinen Impfstoff gegen eine HIV-Infektion. Das liegt auch daran, dass sich das Virus ständig verändert, sogar im Körper eines bereits infizierten Menschen. Die Wissenschaft sucht deshalb fieberhaft nach einem sogenannten breitneutralisierenden HIV-Antikörper. Ein solcher würde vor einer Vielfalt von HIV-Stämmen schützen.
Nun hat ein internationales Forscherteam erstmals HIV-Proteine in vier Kälber injiziert, um die Reaktion des Immunsystems der Wiederkäuer auf den Eindringling zu testen. Zum Erstaunen der Wissenschaftler produzierten die Kühe innert kürzester Zeit breitneutralisierende HIV-Antikörper. Bereits nach 42 Tagen neutralisierten die Kuh-Antikörper 20 Prozent der getesteten HIV-Stämme. Nach 381 Tagen waren es sogar 96 Prozent, wie die Forscher im Fachjournal «Nature» berichteten.
Nebeneffekt der Kuhverdauung
Zwar gelingt es auch einem kleinen Prozentsatz von Menschen, breitneutralisierende Anti-HIV-Antikörper zu produzieren, doch das dauert drei bis fünf Jahre. Ein Grund dürfte sein, dass sich Antikörper, die gegen das HI-Virus wirken, stark von normalen menschlichen Antikörpern unterscheiden.
Um effektiv an ein Virus anzudocken, braucht es eine Kette von etwa 30 Aminosäuren, die aus dem Antikörper herausragt. Das ist doppelt so lang wie bei einem gewöhnlichen menschlichen Antikörper. Für einen Kuh-Antikörper ist es dagegen kurz. Und so kamen die Forscher überhaupt erst auf die Idee, ihr Glück bei Kühen zu versuchen. Es dürfte dem komplexen und mit krankmachenden Bakterien bevölkerten Verdauungssystem der Wiederkäuer geschuldet sein, dass Kühe in der Lage sind, solche Antikörper zu produzieren.
Hoffnung auf Impfstoff
Die Forscher hoffen nun, mithilfe der gewonnenen Erkenntnisse den menschlichen Körper zur Produktion von Antikörpern mit langen Aminosäure-Reihen zu bringen. Das könnte die Grundlage für einen wirksamen Impfstoff sein, glauben die Forscher. Möglicherweise könnten auch die Kuh-Antikörper selbst für ein Medikament zur HIV-Behandlung genutzt werden, sollte deren Wirksamkeit auch in anderen Organismen bestätigt werden.
Anthony Fauci, der Direktor des amerikanischen National Institute of Allergy and Infectious Diseases, das die Forschung unterstützte, sagte der BBC: «Schon zu Beginn der Epidemie haben wir erkannt, dass das HI-Virus sehr gut darin ist, einer Immunisierung auszuweichen. Deshalb sind aussergewöhnliche Immunsysteme, die auf natürliche Weise breitneutralisierende HIV-Antikörper produzieren, sehr interessant – egal, ob es sich um solche von Menschen oder von Kühen handelt.»