Privatperson findet tote Ylenia im Wald
Ylenia ist tot. Das ist seit gestern Nachmittag traurige Gewissheit. Eine Privatperson aus dem Raum Zürich hat im Hartmannswald, rund 250 bis 300 Meter vom Fundort der Kleider und des Kickbords der vermissten Ylenia, die teils von Wildtieren freigescharrte Kinderleiche entdeckt. Bundespräsidentin Calmy-Rey sprach der Familie von Ylenia ihr Beileid aus.
Spezialisten der Kantonspolizei St. Gallen und des Instituts für Rechtsmedizin haben die Kinderleiche im Laufe des Nachmittags ausgegraben. «Aufgrund der Grösse der Leiche, der allgemeinen Erscheinung und von gefundenen Schmuckstücken können wir mit praktischer Sicherheit sagen, dass es sich bei der Kinderleiche um die von Ylenia handelt», erklärte Kripo Chef Bruno Fehr vor den Medien.
Eine DNA-Identifikation und weitere Informationen wurden für Dienstag versprochen. Wie Ylenia getötet worden ist, ist noch Gegenstand der laufenden Ermittlungen.
Mutter wurde benachrichtigt
Die Leiche war zur Hälfte von Wildtieren ausgegraben worden. Die tote Ylenia war nackt. Damit musste, da Ylenias Kleider gefunden wurden, gerechnet werden. Die Mutter sei informiert worden, sagte die Polizei weiter. Sie wird psychologisch betreut.
Spezialisten der Polizei befassten sich auch mit dem Zürcher, welcher die tote Ylenia entdeckt hatte. Auch ihm bot die Polizei psychologische Betreuung an. Der Mann, der das tote Kind gefunden hat, stammt aus dem Raum Zürich und hat in der Familie einen Todesfall mit einem Kind. Aus diesem Grund sei er seit drei Wochen immer wieder auf die Suche nach der Vermissten gegangen. Er habe verschiedene Wälder durchkämmt und sei am Samstag auf die Leiche gestossen, erklärte Fehr.
Der Hartmannswald wurde von der Polizei bereits am 2. August das erste Mal abgesucht. Kurz darauf fand eine Feinsuche und Tage später eine weitere Suchaktion der Polizei statt.
Hat die Polizei versagt?
Das Szenario, dass die vergrabene Leiche nach Wochen von Tieren freigescharrt werden könnte, hat die Kriminalpolizei nie ausgeschlossen. Laut Fehr ist das nicht ungewöhnlich und habe mit der Verwesung zu tun. Der Waldboden am Fundort sei kompakt gewesen und es habe massive Grabarbeiten von Wildtieren erfordert, um die Leiche freizusetzen.
Trotzdem: Die vergangenen Suchaktionen müsse man noch im Detail mit den Verantwortlichen analysieren und der Frage nachgehen, weshalb Ylenia nicht früher geortet werden konnte, sagte Fehr gegenüber der Hauptausgabe der «Tagesschau» des Schweizer Fernsehens.
Tanja Leu, die Mit-Organisatorin der privaten Suchaktion beklagte sich in der «Tagesschau» über die Polizei. Sie hätten sich von der Polizei nie ernst genommen gefühlt. Die Polizei hätte ihnen stets gesagt, sie hätten dort im Wald nichts zu suchen. Dass nun eine Privatperson Ylenia gefunden hat, sei der «Oberhammer».
Waffe und Werkzeug fehlen
Im selben Wald, wo jetzt die Leiche des Mädchens entdeckt worden ist, hatte Von Aesch vor seinem Selbstmord einen 46-jährigen Mann angeschossen. Diese Schusswaffe ist laut Kripochef Fehr nach wie vor verschwunden. Jede Spur fehlt auch von dem Werkzeug, mit welchem von Aesch Ylenias Leiche vergraben hatte.
In der Nähe des Fundortes hatte der mutmassliche Entführer Ylenias Urs Hans Von Aesch am 31. Juli auf einen 46-jährigen Mann geschossen. Damit erhärtet sich der Verdacht der Polizei, wonach der 67-jährige von Aesch einen Zeugen eliminieren wollte.
Der mutmassliche Entführer des blonden Mädchens nahm sich wenige Stunden nach den Schüssen selbst das Leben. Seine Leiche wurde am 1. August von der Polizei gefunden. Am Kickboard, dem Velohelm und dem Rucksäcklein des Mädchens wurden DNA-Spuren des 67-jährigen Auslandschweizers sichergestellt.
Der mutmassliche Täter, Urs Hans von Aesch, lebte seit 1990 zusammen mit seiner Frau in Benimantell im Osten Spaniens, zuvor war das Ehepaar im Kanton Thurgau daheim gewesen.
Das Kindergarten-Mädchen Ylenia war am 31. Juli beim Hallenbad in Appenzell verschleppt worden. Sie holte ein Shampoo ab, das sie am Tag zuvor im Hallenbad, unweit ihres Wohnorts, vergessen hatte.
Bundespräsidentin Calmy-Rey kondoliert
Bundespräsidentin Micheline Calmy-Rey hat den Angehörigen der toten Ylenia am Samstagabend in St. Gallen ihr Beileid ausgesprochen. Sie sei in Gedanken bei ihnen und nehme sie in ihr Gebet auf, sagte Calmy-Rey vor rund 2000 Personen an einer interreligiösen Veranstaltung zum Bettag.
(SDA/AP/Polizeinews.ch/kub)