Prozess gegen Patientenpräsidentin
Vor dem St. Galler Kreisgericht hat am Dienstag der Prozess gegen SPO-Präsidentin Margrit Kessler begonnen.
Die Anklage lautet unter anderem auf Verleumdung des St. Galler Chefchirurgen Jochen Lange. Rund 60 Interessierte blieben ausgesperrt.
Die Patientenpräsidentin steht vor den Gerichtsschranken, weil sie Lange unter anderem vorwarf, eine Patientin mit der umstrittenen Substanz Methylenblau behandelt zu haben. Er habe unbewilligte Forschung betrieben und den Tod der Patientin verursacht.
Anklage lautet auf Verleumdung
Lange fühlte sich zu Unrecht beschuldigt und erstattete Strafanzeige gegen die SPO-Präsidentin wegen falscher Anschuldigung, falscher Zeugenaussage, übler Nachrede und Verleumdung. Die Staatsanwaltschaft beantragt eine Freiheitsstrafe von 14 Monaten bedingt.
Vom Prozess ausgeschlossen blieben rund 60 Personen, darunter SPO-Mitglieder, die sich nach eigenen Aussagen bereits im Dezember angemeldet hatten. Der Prozess fand in einem kleinen Raum mit rund 30 Plätzen statt.
Im Vorfeld des Prozesses hagelte es Proteste wegen der beschränkten Zahl an Sitzplätzen. Daraufhin liess Gerichtspräsidentin Brigitta Vogel weitere Stühle platzieren, sodass rund 55 Personen Platz fanden.
Zur Privatperson gemacht
Eingelassen wurden namentlich aufgerufene Medienvertreter, Angehörige der Angeklagten, eine Gruppe von zwei Stationen des Kantonsspitals. Ausgesperrt blieben Patienten, SPO-Mitglieder und weitere Interessierte.
Die Empörung war gross, zumal das Kantonsgericht den grossen Gerichtssaal mit rund 100 Plätzen extra freigehalten hatte. Gerichtspräsidentin Brigitta Vogel lehnte jedoch eine Verlegung des Prozesses ab: Die Öffentlichkeit sei gewahrt, entschied sie. «Die kuschen alle vor den Göttern in Weiss», kritisierte Verena Gysling vom Frauenforum Wil.
Der Saal sei mit Angehörigen der Gegenpartei gefüllt worden, sagte Maria Rust von der SPO-Bern gegenüber der Nachrichtenagentur sda. SPO-Geschäftsführerin Pia Ernst stellte fest, Margrit Kessler werde so zur Privatperson gemacht und nicht als Patienten- Vertreterin wahrgenommen.
Freispruch für Lange beantragt
Lange muss sich am 12. April vor demselben Gericht verantworten, weil er 1998 eine schwerstkranke Patientin mit Methylenblau behandelt hatte - eine Methode, die damals erst im Tierversuch getestet worden war. Die Anklage lautet unter anderem auf fahrlässige Tötung. Die Staatsanwaltschaft beantragt Freispruch, was aussergewöhnlich ist.
Auch die Prozesstermine kritisieren die SPO-Verteterinnen: Es wäre logisch gewesen, den Prozess gegen Kessler nach jenem gegen Lange anzuberaumen, argumentieren sie.
(sda)