Nawalny-Vertrauter«Putins Fall wird kommen – ich tippe, in zwei bis drei Jahren»
Als enger Verbündeter von Alexei Nawalny kämpft Wladimir Aschurkow gegen Putin. Ein Gespräch über schmutziges Geld, die Rolle der Schweiz im Krieg – und wann Putin fallen wird.
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Darum gehts
Der Russe Alexei Nawalny sitzt seit 2020 im Gefängnis. Zuvor war ein Giftanschlag auf ihn verübt worden.
Der Kreml-Kritiker kämpft seit 2009 gegen die russische Elite und Korruption im eigenen Land.
Einer seiner langjährigen Verbündeten ist Wladimir Aschurkow.
Mit 20 Minuten sprach der Nawalny-Vertraute über Waffenlieferungen, den Krieg und Sanktionen gegen Russland.
Seit 2009 betreibt Alexei Nawalny einen Blog, in dem er sich gegen die russischen Machthaber und den Kreml äussert. Am 20. August 2020 kostete ihn das fast das Leben: Nawalny wurde mit dem Nervengift Nowitschok vergiftet, mutmasslich von russischen Geheimdiensten.
Wladimir Aschurkow kämpft seit 2009 mit Nawalny gegen Korruption in Russland und ist einer seiner engsten Vertrauten. 20 Minuten hat ihn zum Interview getroffen.
Die Schweiz blockiert nach wie vor Waffenlieferungen in die Ukraine. Was halten Sie davon?
Ich verstehe, dass Politiker in erster Linie ihren Wählern treu sind. Die europäische Einigkeit bei Kriegsausbruch hat mich positiv überrascht. Was der Schweiz aber noch nicht restlos klar zu sein scheint: Militärhilfe für die Ukraine ist keine Charity. Die Ukrainerinnen und Ukrainer kämpfen stellvertretend für alle.
Sie kämpfen schon lange gegen Putin und Oligarchen. Welche Rolle spielte die Schweiz dabei?
Eine Problematische. Die Schweiz war lange Zeit ein Paradies für schmutziges Geld, sie ist neutral und hatte lange das Bankgeheimnis. Wir haben diverse Fälle von Geldwäsche, Korruption und schmutzigem Geld auf Schweizer Konten an die Behörden herangetragen, passiert ist nie etwas. Vielleicht war das, weil der damalige Bundesanwalt Michael Lauber Beziehungen zu Russland gepflegt hat, ich weiss es nicht. Wir hoffen, dass jetzt vieles besser wird.
Was passiert, wenn Russland gewinnt?
Dann bezahlen wir alle dafür. Schon jetzt hat Putins Krieg die Welt Hunderte Milliarden gekostet – etwa in Form von höheren Energie- und Lebensmittelpreisen oder globalen Rüstungsausgaben. Klar ist auch: Wenn Putin nicht gestoppt wird, wird er wieder angreifen. Das liegt in der Natur seines Regimes. Das zeigte sich in Georgien, bei der Annexion der Krim, verschiedenen Cyberattacken und in politischen Morden.
Wie kann Putin denn gestoppt werden?
Er muss militärisch besiegt werden. Dann kann ihm ein Waffenstillstand aufgezwungen werden, den er innenpolitisch als Erfolg verkaufen kann.
Der Westen sanktioniert russische Oligarchen. Hilft das?
Nein, das ist leider oft eher kontraproduktiv.
Inwiefern?
Solange nicht hieb- und stichfest bewiesen ist, dass jemand Kriegsverbrechen begangen oder diesen Krieg aktiv mitfinanziert hat, helfen Sanktionen nicht. Wenn Gelder eingefroren und Reisemöglichkeiten eingeschränkt werden, treibt das Oligarchen nur weiter in die Arme von Putin. Das Ziel müsste sein, sie von Russland wegzuholen und ihnen einen Deal anzubieten: Ihr entzieht Putin die Unterstützung und verlasst das Land. Dafür bieten wir euch Asyl.
Auch die einfache Bevölkerung leidet wegen der Sanktionen. Kann das helfen, den Krieg zu beenden?
Marken wie Nestlé, McDonald's oder Ikea haben das Land verlassen. Einige Produkte werden teurer. Und jetzt kommen haufenweise Särge mit Söhnen, Vätern und Brüdern zurück nach Russland. Die Leute können damit nicht glücklich sein. Doch es wird eine Kombination verschiedener Faktoren brauchen: Eine widerstandsfähige Ukraine, ein Coup in der russischen Elite und Widerstand aus der Zivilbevölkerung.
Wann wird das passieren?
Das weiss niemand. Doch Putins Fall wird kommen. Ich tippe auf zwei bis drei Jahre.
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