Iranischer RapperToomaj Salehi droht der Tod am Galgen – Udo Lindenberg kämpft für ihn
Teheran liess am Donnerstagmorgen einen 23-Jährigen erhängen. Er hatte gegen das Regime protestiert. Dem iranischen Rapper Toomaj Salehi droht dasselbe. Udo Lindenberg macht sich stark für ihn.
- von
- Ann Guenter

Der iranische Präsident Ibrahim Raisi ist seit seiner Zeit am Revolutionsgericht als «Ayatollah der Hinrichtungen bekannt».
Darum gehts
Mohsen Shekari (23) wurde im Zusammenhang mit den breiten Protesten in Iran hingerichtet.
Das droht auch Rapper Toomaj Salehi. Der deutsche Musiker Udo Lindenberg setzt sich für ihn ein und fordert dazu auf, es ihm gleich zu tun.
Toomaj soll selbst im Gefängnis weiter für Freiheit und gegen Unterdrückung rappen.
Menschenrechtsorganisationen zufolge wird der Musiker gefoltert. Ein Menschenrechtsanwalt befürchtet, dass auch er demnächst gehängt wird.
Das Regime von Präsident Raisi, dem «Ayatollah der Hinrichtungen», geht gezielt gegen Musiker vor.
Mohsen Shekari ist am frühen Donnerstagmorgen in Teheran gehängt worden. Der 23-Jährige war im September gegen das Regime auf die Strasse gegangen und gilt als erste Person, die im Zusammenhang mit den anhaltenden Iran-Protesten hingerichtet wurde.
Der Tod am Galgen droht auch dem iranischen Rapper Toomaj Salehi (32). Er sitzt wegen seiner regimekritischen Texte seit dem 30. Oktober in Haft – angeklagt der «Verdorbenheit auf Erden» (ifsad fil-arz) und der «Feindschaft gegen Gott» (moharebeh). Auf beides steht die Todesstrafe.
In der Haft soll der Musiker zunächst weiter regimefeindliche Parolen und Rhymes rufen. Dem schlossen sich andere Inhaftierte an. Mittlerweile sei Salehi in einer isolierten Zelle eingeschlossen, berichten die kanadischen «CBC News».
Schon während einer früheren Inhaftierung soll Toomaj einige seiner Texte laut aus seiner Gefängniszelle heraus gerappt haben. 2021 war er verhaftet worden, nachdem er mehrere Musikvideos veröffentlicht hatte, in denen er die Islamische Republik kritisierte und Freiheit und Menschenrechte im Iran forderte. So klingt das:
Die Sicherheitskräfte foltern den Rapper im Gefängnis von Isfahan, schreibt Amnesty International und ruft zur Unterzeichung einer Petition zur Freilassung von Toomaj auf. Auch change.org hat eine Petition zur Freilassung von Toomaj gestartet – unterstützt auch vom deutschen Panikrocker Udo Lindenberg:
Iranische Medien haben ein Foto und einen kurzen Videoclip veröffentlicht, auf denen der Rapper mit verbundenen Augen sagt, er habe «einen Fehler gemacht». Seine Unterstützer verurteilten dies als unter Gewalt erzwungenes Geständnis.
Jede Hilfe für Toomaj komme wohl zu spät, befürchtet der iranische Menschenrechtsanwalt Mohammad Hossein Aghasi.

Iranische Staatsmedien veröffentlichten dieses Foto des blutverschmierten Toomaj nach dessen Verhaftung.
Er sollte den 32-Jährigen ursprünglich verteidigen. Stattdessen wurde Toomaj ein Anwalt des Regimes zur Seite gestellt. Gegenüber Stern.de sagt Aghasi, dass höchstens internationaler Druck an der Hinrichtung des Rappers noch etwas ändern könnte. Auch Toomajs Onkel, der im deutschen Bochum lebt, hat Angst um seinen Neffen, von dem er seit der Verhaftung keine Nachricht bekommen hat: «Toomajs Mutter war eine politische Gefangene», sagte er zur «CNN».
«Steht zu uns, wir haben euch jahrelang beigestanden»
Seit Beginn der landesweiten Proteste hat der Rapper die Iraner und Iranerinnen zum Protest gegen das Regime aufgerufen. Toomaj, der selbst zur Volksgruppe der Bachtiaren gehört, singt schon länger über die multiethnische Zusammensetzung des Irans und ruft zur Einheit zwischen Iranern unterschiedlicher ethnischer Herkunft auf. «Steht zu uns, wir haben euch jahrelang beigestanden», rappt er in «Meydoone jang» (Das Schlachtfeld).
«Es ist nicht genug, rebellisch zu sein, wir haben revolutionäre Wurzeln. Araber, Assyrer, Armenier, Turkmenen, Mazandari, Sistani, Belutschen, Talysh, Tataren, Aseri, Kurden, Gilaki, Lor, Farsi und Qashqai, wir sind die Einheit der Flüsse: Wir sind das Meer.»
Regime hat Musiker im Visier
Der iranische Justizapparat geht derzeit gezielt gegen Musikmachende im Land vor: Anfang November ist auch der kurdische Rapper Saman Yasin wegen moharebeh, der «Feindschaft gegen Gott», zu Tode verurteilt worden, auch er wurde von Sicherheitskräften während der Haft misshandelt.
Bislang wurden über 40 Musikschaffende des Landes verhaftet oder vorgeladen, weil sie in versteckten Tonstudios Protestlieder und Videoclips produzierten oder produziert haben sollen.
Pop und Rap als «entartete westliche Kultur»
Iranische Musiker aller Musikgenres müssen eine Genehmigung einholen, um ihre Musik zu veröffentlichen oder Konzerte zu geben. Ob eine Genehmigung erteilt wird, hängt weitgehend von den Texten und den Aktivitäten des Künstlers ab.
Gerade Rap- und Rockmusik sind im Allgemeinen als westliche Einflüsse verpönt und werden als nicht geeignet für die iranische Öffentlichkeit angesehen. Die Aufnahme und Veröffentlichung von Musik im Internet, die von den Behörden als «entartete westliche Kultur» und «vulgär» eingestuft wird, ist illegal.
«Ayatollah der Hinrichtungen»
Bei den Protesten wurden nach Angaben iranischer Menschenrechtsgruppen fast 500 Menschen getötet und mehr als 18 ‘000 verhaftet. Der Tod der 22-jährigen Kurdin Mahsa Amini hatte den Aufstand im September ausgelöst.
Mit der inszenierten «Wahl» des ultrakonservativen iranischen Präsidenten letztes Jahr ist es zu innenpolitischen Verschärfungen gekommen. Erstaunen kann das nicht. Ibrahim Raisi trägt den Übernamen «Ayatollah der Hinrichtungen» nicht von ungefähr: Als stellvertretender Staatsanwalt des Revolutionsgerichts sprach er in den 80er-Jahren zahllose Todesurteile und liess Tausende politische Gegner hinrichten.
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