Weniger Tabakkonsum«Rauchen passt nicht zum properen Jugendlichen»
Laut dem Konsumpsychologen Christian Fichter sind junge Menschen zu gesundheitsbewusst fürs Rauchen. Die Tabakbranche bleibt gelassen.
- von
- Laly Zanchi
Mehr als die Hälfte der Jugendlichen zwischen 14 und 24 denkt, Rauchen und Kiffen seien uncool. Dies zeigen die Ergebnisse der gewichteten 20-Minuten-Jugendumfrage. Der Alkohol gilt aber bei 71 Prozent der befragten weiterhin als cool.
Laut dem Konsumpsychologen Christian Fichter stehen die Resultate in Zusammenhang mit dem allgemeinen gesellschaftlichen Trend zum gesunden und leistungsorientierten Leben. Das Rauchen passe somit nicht in das heutige Image des properen Jugendlichen: «Wer cool sein will, ernährt sich heutzutage gesund, treibt Sport und konsumiert keine Suchtmittel.»
Dieses Ideal werde auch in den sozialen Medien zelebriert: «Früher ging man im Winter ins Fitnesscenter, um im Sommer am Strand eine gute Figur zu machen. Heute will man seine gute Figur das ganze Jahr über auf Instagram posten können.»
Raucher ist allein draussen
Doch warum ist Alkohol dann nicht so verpönt wie das Rauchen? «Im Gegensatz zum Rauchen hat das Alkoholtrinken in moderaten Mengen etwas Geselliges und macht locker.» Raucher dagegen sässen nicht mit anderen am Tisch in der Beiz, sondern ständen draussen entweder allein oder in eingeschworenen Grüppchen. Ausserdem gebe es mehr Gesundheitskampagnen gegen das Rauchen als gegen das Trinken.
Auch bei Sucht Schweiz sieht man den Zusammenhang mit dem Gesundheitstrend. «Während es früher eher normal war zu rauchen, macht es heute nur noch ein Viertel der Bevölkerung», sagt Sprecherin Monique Portner-Helfer. Besonders strukturelle Präventionsmassnahmen wie höhere Preise und die Einschränkung des Rauchens in öffentlichen Räumen hätten hier einen wichtigen Beitrag geleistet.
Junge glauben, Kiffen schade nicht
Dass das Kiffen ebenfalls an Popularität zu verlieren scheint, ist für Sucht Schweiz erfreulich. «Kiffen wird von vielen Jugendlichen wohl kaum als negativ für die Gesundheit angesehen», sagt Portner. «Es kann aber abhängig machen und die Leistungsfähigkeit einschränken.»
In der Umfrage war «weil es mich locker macht» der am zweithäufigsten genannte Grund für Alkoholkonsum. Portner warnt davor, den Konsum zu verharmlosen (siehe Box). «Wenn man sich angewöhnt, Alkohol zur Entspannung zu trinken, kann dies problematisch werden.» Trotzdem sei ein risikoarmer Konsum von Alkohol möglich, im Gegensatz zum Rauchen.
Tabakbranche will keine Minderjährigen
Ist die Tabakbranche beunruhigt darüber, dass bei den Jungen Rauchen nicht angesagt ist? Kevin Suter von Japan Tobacco International will sich nicht auf die Äste hinauslassen: «Es ist uns ein Anliegen, dass keine Minderjährigen Tabak konsumieren.»
Der sinkende Konsum zeige, dass die Prävention und die aktuelle Gesetzgebung funktionieren würden. Deshalb brauche es neben einem Mindestalter von 18 Jahren auch keine zusätzlichen Verschärfungen im Gesetz. «Erwachsene sollen selbst entscheiden können, ob sie rauchen möchten oder nicht», sagt Suter.
Vorglüher trinken im Ausgang noch mehr
Das Trinken vor dem Ausgang ist unter Jugendlichen und jungen Erwachsenen weit verbreitet. Sucht Schweiz untersuchte in verschiedenen Forschungsarbeiten das Phänomen. Untersuchungen legen nahe, dass das Vorglühen im Freundeskreis nicht dazu führt, einen späteren Konsum z.B. in einer Bar vorwegzunehmen. Vielmehr verleitet es dazu, an einem Abend fast doppelt so viel zu trinken, wie eine Analyse von über 1400 Abenden von jungen Erwachsenen (Durchschnittsalter 23) ergab.