Verkaufsstopp von Zigaretten«In der Schweiz braucht es griffige Werbeverbote für Tabakprodukte»
Um die Raucherquote zu senken, verbietet Neuseeland Jugendlichen ab Jahrgang 2008 den Kauf von Tabakprodukten – für immer. Schweizer Politiker und die Tabakprävention schlagen andere Massnahmen vor, um die Raucherquote zu senken.
- von
- Michelle Muff
- Lisa Horrer
In der Strassenumfrage erzählen Personen, ob sie ein Zigarettenverkauf-Verbot für Jugendliche befürworten würden.
Neuseeland will rauchfrei werden: Um das Ziel zu erreichen, soll das Mindestalter für den Kauf von Zigaretten 14 Jahre betragen und jedes Jahr um ein Jahr heraufgesetzt werden. Das Gesetz, das voraussichtlich nächstes Jahr verabschiedet wird, macht damit den Tabakkauf für Jugendliche für immer illegal. Der «Smokefree 2025 Action Plan» sieht vor, dass bis 2025 weniger als fünf Prozent der Neuseeländer sich noch als Raucher oder Raucherin bezeichnen.
«Ein Verbot des Zigarettenverkaufs, wie es in Neuseeland geplant ist, würde in der Schweiz keinen Sinn machen», sagt Luciano Ruggia von der Arbeitsgemeinschaft zur Tabakprävention Schweiz. In der Schweiz stelle der Tabakkonsum aber das grösste vermeidbare Gesundheitsrisiko dar: «Jährlich sterben hierzulande 9500 Personen an den Folgen des Rauchens. Zudem verursacht es jährlich rund drei Milliarden Franken direkte medizinischen Kosten.»
«Massnahme ist unmöglich durchzusetzen»
Neuseeland befinde sich im Kampf gegen den Tabakkonsum an einem ganz anderen Punkt als die Schweiz, so Ruggia. «Das Land hat seit Jahren eine Reihe von Massnahmen gegen das Rauchen eingeführt und ist in der Tabakprävention viel weiter.» So koste etwa ein Päckchen Zigaretten 24 Franken. Ein solcher Preis wirke, um den Konsum zu senken. «Während in der Schweiz 27 Prozent der Bevölkerung rauchen, sind es in Neuseeland nur 13,5 Prozent.» Neben einer Erhöhung der Preise brauche es in der Schweiz deshalb zunächst einmal griffige Verbote für Werbung für Tabak- und Nikotinprodukte, sagt Ruggia.
SP-Ständerat Hans Stöckli bezeichnet das Tabakverbot in Neuseeland als «drastische Massnahme», die er ablehne. «In unserem Land wird auf die Selbstverantwortung gesetzt, obwohl der Tabak für mehr als die Hälfte der suchtbedingten Gesundheitskosten verantwortlich ist.» Er setze sich dafür ein, dass Kinder und Jugendliche nicht schon mit dem Rauchen beginnen, sagt Stöckli. «Mehr als die Hälfte der Rauchenden hat vor der Volljährigkeit damit begonnen. Nach dem 21. Altersjahr fängt fast niemand mehr damit an.»
Initiative «Kinder ohne Tabak» soll Tabakwerbung verhindern
Stöckli gilt als Vater der Initiative «Kinder ohne Tabak», die im Februar 2022 an die Urne geht. Sie sieht ein Verbot für Tabakwerbung vor, die Kinder und Jugendliche erreichen kann – etwa im Kino, in Kiosken oder auf öffentlichen Veranstaltungen. «Studien zeigen, dass Kinder und Jugendliche im gleichen Ausmass von der Tabakwerbung wie durch Kolleginnen und Kollegen zum Rauchen verführt werden», sagt Stöckli. «Ich bin demnach überzeugt, dass die Initiative einen wichtigen Beitrag gegen das Kinderrauchen leisten wird.»
Dass man stärker auf Präventionsmassnahmen setzen soll, um Minderjährige vom Rauchen abzuhalten, sagt auch Mitte-Nationalrat Benjamin Roduit. «Der Preis für eine Schachtel Zigaretten sollte weiter erhöht werden, um Rauchen weniger attraktiv zu machen. Beim Rauchen unter Minderjährigen muss Nulltoleranz gelten.» Ein komplettes Tabakverbot sei ihm aber zu extrem, so Roduit. «Es würde gegen die individuellen Freiheiten von Erwachsenen und ihre persönliche Verantwortung verstossen.»
FDP-Ständerat Damian Müller lehnt entsprechende Vorstösse ganz entschieden ab: «Ein Produkt illegal zu machen, kann kontraproduktiv sein, insbesondere bei jungen Menschen.» Zudem sei es möglich, dass durch ein Tabakverbot ein grosser Schwarzmarkt entstehe: «Man kann nicht die gesamte Bevölkerung einschränken, weil eine Minderheit schlechte Entscheidungen trifft.»
Update 18.30 Uhr: In einer früheren Version des Artikels wurden Aussagen von SP-Ständerat Hans Stöckli falsch wiedergegeben. Stöckli lehnt ein generelles Tabakverbot wie in Neuseeland ab. Zudem wurde das Zitat von Luciano Ruggia zum Verbot des Zigarettenverkaufs verkürzt dargestellt. Auch er lehnt ein generelles Tabakverbot in der Schweiz ab. Für den Fehler entschuldigen wir uns.
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