Wachsender Antisemitismus: Rechtsextreme machen gegen Juden mobil

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Wachsender AntisemitismusRechtsextreme machen gegen Juden mobil

Jobbik-Anhänger haben in Budapest vor der Tagung des jüdischen Weltkongresses an einer Demonstration anti-semitische Parolen skandiert. Sie werfen Israel «Genozid an der palästinensischen Bevölkerung» vor.

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Vor der Tagung des jüdischen Weltkongresses (WJC) in Ungarn haben Anhänger der rechtsextremen Partei Jobbik in Budapest demonstriert und antisemitische Parolen gerufen. Trotz Verbots durch das Innenministerium folgten mehrere Hundert Menschen am Samstag dem Aufruf zur «anti-bolschewistischen und anti-zionistischen» Kundgebung.

Parteichef Gabor Vona forderte dabei die Juden im Land auf, «sich für die Morde an Ungarn zu entschuldigen», die angeblich jüdische Kommunisten begangen hätten. Er verlangte zudem den Rücktritt aller Parlamentsabgeordneten und Beamten mit israelisch-ungarischer Doppelstaatsbürgerschaft. Premier Viktor Orbán könne mit einer Anzeige rechnen, weil er den Innenminister aufgefordert hatte, die Jobbik-Veranstaltung, die vom Gericht genehmigt worden war, zu verbieten.

An diesem Sonntag tagt der Jüdische Weltkongress in Budapest, um ein Zeichen gegen den wachsenden Antisemitismus in Ungarn zu setzen. Die jüdische Gemeinde Ungarns ist eine der grösste in Europa. In der Regel hält der WJC seine Kongresse in Jerusalem ab.

WJC gegen die Regierung Orbán

Auch Animositäten zwischen dem WJC und der Regierung Orbán gibt es schon seit längerem. Bereits Anfang April veröffentlichte WJC-Präsident Ronald S. Lauder in der «Süddeutschen Zeitung» eine scharfe Kritik am ungarischen Regierungschef und an der Entwicklung in Ungarn. Dort warf er Viktor Orbán vor, er habe «seinen politischen Kompass verloren». Ungarn befinde sich auf einem «gefährlichen Irrweg».

Der Artikel blieb seitens der Ungarischen Regierung nicht unkommentiert. Auf Anfrage des Nachrichtenmagazins Spiegel Online kritisierte Aussenminister János Martonyi Lauder, er habe darin «voreilig Stellung bezogen.» Gleichzeitig kündigte er an: «Präsident Lauder wird in Budapest etwas grundlegend anderes zu sehen bekommen».

Damit lag er angesichts des Empfangs durch die Jobbik-Anhänger offensichtlich kapital daneben.

Auch die rhetorischen Spitzen der ungarischen Regierung gegen den WJC gingen weiter, wenn auch vor allem indirekt und zwischen den Zeilen. Denn bereits am Montag hatte der Kanzleichef des Regierungskabinetts, János Lázár, an einer Pressekonferenz die international lauter werdende Kritik gegen Ungarn brüsk zurückgewiesen. Lázár empörte sich darüber, dass «ein Teil der Welt uns alle als Antisemiten abstempelt.»

Die Kritik der rechtsextremen Jobbik wandte sich hingegen direkt und unmissverständlich an die gesamte jüdische Gemeinde.

Ihr Abgeordneter Marton Gyöngyösi sagte bei der Kundgebung im Stadtzentrum: «Der Genozid, den Israel an der palästinensischen Urbevölkerung begeht, ist schlimmer als das, was sich die Nationalsozialisten in ihren kühnsten Träumen ausgemalt haben.» Gyöngyösi hatte Ende 2012 im Parlament verlangt, dass Juden in Ungarn auf Listen erfasst werden sollen. (hit/sda)

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