Rekord im Juli: Rega flog so viele Einsätze wie noch nie – wie die Klimaerwärmung dazu beiträgt

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Rekord im JuliRega flog so viele Einsätze wie noch nie – wie die Klimaerwärmung dazu beiträgt

Über 2100 Helikoptereinsätze flog die Rega alleine im Juli 2022 – ein absoluter Rekord. Rega-Chef Ernst Kohler erklärt die Gründe.

von
Karin Leuthold
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Noch nie hat die Rega in einem Monat so viele Einsätze geflogen wie im Juli 2022. 

Noch nie hat die Rega in einem Monat so viele Einsätze geflogen wie im Juli 2022. 

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Als Erklärung sieht Rega-Chef Ernst Kohler, dass viele Wanderer und Wanderinnen mit den ausgewählten Routen körperlich und technisch überfordert seien.

Als Erklärung sieht Rega-Chef Ernst Kohler, dass viele Wanderer und Wanderinnen mit den ausgewählten Routen körperlich und technisch überfordert seien.

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Er verweist aber auch auf den schmelzenden Permafrost, der Steinschlag in der Bergen häufiger mache.

Er verweist aber auch auf den schmelzenden Permafrost, der Steinschlag in der Bergen häufiger mache.

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Darum gehts

In den letzten Wochen herrschte bei der Rega Hochbetrieb. Noch nie waren so viele Helikopter-Crews zu Rettungsaktionen unterwegs gewesen wie im Juli 2022. Im Interview mit dem «Tages-Anzeiger» erklärt Rega-Chef Ernst Kohler, inwiefern dies mit einem grösseren Interesse am Wandern nach der Corona-Pandemie, mit der Ausrüstung der Wanderer und Wanderinnen – aber auch mit dem Klimawandel zu tun hat.

Erstmals in ihrer Geschichte hat die Rega im vergangenen Juli mehr als 2000 Einsätze innerhalb eines Monats geflogen. Zum Vergleich: «Noch vor zehn Jahren war ein sogenannter 1000er-Monat für uns bemerkenswert», sagt Kohler. Als strenge Monate bezeichneten die Helfer und Helferinnen den Februar, den Juli und den August. Heutzutage seien fünf bis sechs Monate pro Jahr besonders intensiv.

Was früher eine einfache Route war, ist heute eine «ernsthafte Hochtour»

Bei der Suche nach den Gründen nennt der 59-jährige Kohler zweierlei Hauptgründe: Zum einen die Fehleinschätzung der Wanderer und Wanderinnen bei der Auswahl einer Route oder beim Einschätzen der eigenen Leistungskraft; zum anderen eine klimabedingte Entwicklung im Schwierigkeitsgrad bestimmter Ausflugsrouten.

Kohler erklärt letzteres mit einem konkreten Beispiel: Noch vor zehn Jahren sei es nicht ausserordentlich schwierig gewesen, zum Sustenhorn zu wandern. Die Strecke lief man damals immer im Schnee, bis jetzt gilt der Aufstieg im Führer des Schweizer Alpen-Clubs als leichte Hochtour. Und genau das sei das Problem: Denn aufgrund der erhöhten Temperaturen laufe man heutzutage die Strecke von der Tierberglihütte bis zum Gipfel auf blankem Eis. Damit entwickelte sich die Route zu einer «ernsthaften Hochtour», wie Kohler dem «Tages-Anzeiger» erklärt.

Auch die Tatsache, dass auf mittleren Höhen der Boden nachts mehr gefriert, führe dazu, dass sich das Gestein löse – was sich dementsprechend auf die Qualität der Wanderwege auswirke.

Würdest du die Rega alarmieren, wenn du unverletzt, aber in einer heiklen Situation bist? 

Rega auch alarmieren, wenn man Angst hat

Als erfahrener Bergretter rät Ernst Kohler Menschen in Not nicht zu zögern, die Rega zu alarmieren. Damit sind auch Situationen gemeint, bei denen Wanderer und Wanderinnen plötzlich merken, dass sie körperlich oder technisch überfordert sind. «Es ist keine Schande, schliesslich können auch die Besten von uns in Not geraten», sagt der Rega-Chef. Es ereigneten sich immer wieder Unfälle, die sich wahrscheinlich hätten vermeiden lassen, hätten die Betroffenen rechtzeitig reagiert.

Auf die neuen Rekordzahlen sei die Rega vorbereitet, versichert Kohler zum Schluss. «Wir haben mittlerweile 14 über die ganze Schweiz verteilte Einsatzbasen und deren Einsatzbereitschaft sukzessive ausgebaut: So waren wir früher nur im Winter in Zweisimmen, heute haben wir auch im Sommer während zweier Monate einen Helikopter dort stationiert. Zudem stehen nicht nur im Winter, sondern auch im Sommer je ein zusätzlicher Rettungshelikopter im Bündnerland und im Berner Oberland.» 

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