Fake-Doku: Regisseurin fälscht Dokumentarfilm über Prostituierte

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Fake-DokuRegisseurin fälscht Dokumentarfilm über Prostituierte

Das Werk über Sexarbeit wurde hoch gelobt und prämiert. Viele Szenen daraus wurden allerdings mit professionellen Schauspielerinnen gedreht, ohne dies offenzulegen.

Lea Gnos
Philippe Coradi
von
Lea Gnos
,
Philippe Coradi
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Im Film «Lovemobil» wurden Szenen mit professionellen Schauspielern nachgestellt, ohne dies zu kennzeichnen.

Im Film «Lovemobil» wurden Szenen mit professionellen Schauspielern nachgestellt, ohne dies zu kennzeichnen.

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Rita, die englisch sprechende Prostituierte, die aus Nigeria stammt, ist eigentlich eine Schauspielerin aus den USA.

Rita, die englisch sprechende Prostituierte, die aus Nigeria stammt, ist eigentlich eine Schauspielerin aus den USA.

Sreenshot/TV38/youtoube.com

Darum gehts

  • Im Dokumentarfilm «Lovemobil» ist Fiktion von der Wahrhaftigkeit nicht zu unterscheiden.

  • Es wurden professionelle Schauspielerinnen eingesetzt und Szenen gestellt, ohne dies dem Zuschauer gegenüber offenzulegen.

  • Andere Darsteller liess man im Glauben, sie würden in einem Spielfilm mitwirken.

Der Dokumentarfilm «Lovemobil» zeigt das Leben von drei Prostituierten in Niedersachsen, die in Wohnmobilen wohnen und arbeiten. Für diesen Film wurde die deutsche Regisseurin Elke Margerete Lehrenkrauss mit dem Dokumentarfilmpreis ausgezeichnet.

Szenen wurden gestellt

Nun stellte sich heraus: Viele Szenen des Dokfilms sind gestellt. Bei den Zuhältern und Sexarbeiterinnen handelt es sich nicht um reale Personen, sondern um Schauspieler und Schauspielerinnen. Dies haben Reporter von «Strg_F» aufgedeckt, wie der «Tages-Anzeiger» berichtet. Rita zum Beispiel, eine Englisch sprechende Prostituierte aus Nigeria, die im Film von ihrer dramatischen Reise auf einem Boot nach Italien erzählt, ist eigentlich eine Schauspielerin aus den USA. Lediglich Zuhälterin Uschi ist tatsächlich echt. Irem Schwarz, die als Cutterin am Film mitgearbeitet hatte, steckte den Reportern von Strg_F die Unstimmigkeiten, die ihr beim Schneiden des Films auffielen. Als Schwarz die Regisseurin konfrontierte, soll diese zuerst abgestritten haben, dass es sich um Darstellerinnen handelt. Auf die Frage, wieso sie inszenierte Szenen nicht als solche gekennzeichnet habe, antwortet sie: «Das hab ich versäumt.»

Darsteller wähnte sich in Spielfilm

Ein weiteres Problem: Nun glauben alle, die den Film gesehen haben, dass die Schauspieler und Schauspielerinnen wirklich Prostituierte, Freier oder Zuhälter sind: Da wäre zum Beispiel «Heiko», der im Dokumentarfilm einen eiskalten Zuhälter spielt und im richtigen Leben Hausmeister ist. «Es ist ein bisschen unangenehm», sagt er. «Ich fühl mich da jetzt ein bisschen hintergangen und verarscht.»

Nomination zurückgezogen

Der NDR hat den Film mittlerweile aus der Mediathek genommen und prüft laut einem Statement juristische Konsequenzen. Der Film war für den Grimme-Preis nominiert, dies wurde von der zuständigen Kommission zurückgezogen.


Der Sender schrieb in einem Statement: «‹Lovemobil› soll zwar auf Basis von langjährigen Recherchen der Autorin entstanden sein, aber zentrale Protagonist*innen des Films schildern nicht ihre persönlichen Erfahrungen, sondern spielen eine Rolle. Zahlreiche Situationen sind nachgestellt oder inszeniert.»

Bist du oder ist jemand, den du kennst, von Zwangsprostitution und/oder Menschenhandel betroffen?

Hier findest du Hilfe:

Beratungsstellen der Opferhilfe Schweiz

Pro Juventute, Beratung für Kinder und Jugendliche, Tel. 147

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