BAG wartet zuReicht die Quarantäneliste? Politiker wollen Einreisestopp für Indien
Grossbritannien hat bereits im April Einreisen aus Indien gestoppt. In der Schweiz ist das Land jetzt auf der Risikoliste. Für Politiker wäre auch ein Einreiseverbot nötig.
Darum gehts
Indien verzeichnet einen starken Anstieg der Corona-Fälle.
Am Montag reagierte der Bund und setzte Indien auf die Risikoliste.
Für Politiker dauerte das zu lange. Man dürfe nicht erst reagieren, wenn ein erster Fall der Mutation entdeckt werde.
Wie Grossbritannien oder Deutschland müsse man nun noch weitergehen und Einreisen aus Indien stoppen.
Seit Mitte März explodieren in Indien die Corona-Fallzahlen. Die Spitäler sind überfordert, es fehlt an Sauerstoff, pro Tag sterben mehr als 2500 Personen. Die Regierung hat nun um ausländische Hilfe gebeten, die USA haben Lieferungen von Sauerstoff, Material für die Impfstoffproduktion und Test-Kits versprochen.
Derweil versuchen Staaten wie Grossbritannien die Einschleppung der indischen Variante zu verlangsamen. Das Vereinigte Königreich hat Mitte April Indien auf die rote Liste gesetzt: Wer sich in einem Land dieser Liste aufgehalten hat, darf nicht einreisen.
Warum dauert es Tage, bis die Behörden reagieren?
Nachdem in der Schweiz am Samstag das Bundesamt für Gesundheit kommuniziert hatte, dass erstmals die indische Variante in der Schweiz nachgewiesen worden war, setzte es am Montagnachmittag das Land auf die Risikoliste, gültig ab 18 Uhr.
Ab dann müssen Personen, die sich in Indien aufgehalten haben, in Quarantäne. Bisher mussten sie lediglich ein Einreiseformular sowie einen negativen Test vorweisen.
Warum dauert es Tage, bis BAG und Bundesrat aktiv werden, obwohl schon länger klar ist, dass Indien ein Hotspot ist? GLP-Nationalrat Martin Bäumle sagt, für ihn hätte Indien schon letzte Woche auf die Risikoliste gehört. «Ich erwarte vom BAG, dass man viel schneller reagiert und nicht erst, wenn der erste Fall einer Mutation in der Schweiz auftaucht», sagt Bäumle.
Schon länger habe sich abgezeichnet, dass sich in Indien eine massive Welle anbahne. Auch für Brasilien habe viel zu lange keine Quarantänepflicht gegolten. «Auch da hätte das BAG schneller handeln müssen», sagt Bäumle.
Bund soll Einreisestopp verhängen
Doch Indien auf die Risikoliste zu setzen, reicht Politikern nicht. Die deutschen Behörden haben die Einreisen aus Indien ab Montag auf Ausnahmefälle beschränkt. Zumindest für nicht zwingende Reisen brauche es in der Schweiz ebenfalls einen Einreisestopp, fordert Bäumle. Generell allen Personen aus Indien die Einreise zu verbieten, sei jedoch heikel. «Unsere Wirtschaft ist dermassen verflochten, dass eine rigide TTIQ-Strategie (Testen, Tracen, Isolieren, Quarantäne) für Länder wie Indien aktuell mehr Sinn macht.»
Lorenz Hess (Mitte) hat für das Zuwarten des Bundes ebenfalls «absolut kein Verständnis». «Wir leben in einem labilen Gleichgewicht und haben mit den Lockerungen ein heikles Experiment gewagt», sagt Hess. Deshalb müsse die Schweiz auch bei den Sicherheitsvorkehrungen rasch und entschlossen reagieren. Hess würde es begrüssen, wenn Indien nicht nur auf die Quarantäneliste käme, sondern der Bund auch einen Einreisestopp verhängen würde.
Auch SVP-Gesundheitspolitiker Thomas de Courten sagt, der Bundesrat müsse in solchen Fällen rasche Entscheide fällen können, auch an einem Wochenende. «Wir sagen seit Längerem, dass die Einreise aus Risikogebieten und damit die Einschleppung neuer Virusvarianten aus dem Ausland ein zentrales, aber auch lösbares Problem ist», sagt de Courten. Konsequentes Testen und die Durchsetzung der Quarantäne für Reisende aus Risikogebieten seien wichtige Pfeiler der Schweizer Corona-Politik. «Massnahmen und Einschränkungen im Inland bringen nichts, wenn ausländische Hotspots nicht rechtzeitig auf die Liste kommen.»
Warum hat das BAG zugewartet mit der Anpassung der Risikoliste? Und ist ein Einreisestopp ein Thema? Diese Fragen, die 20 Minuten am Montagmorgen dem Bund stellte, blieben bisher unbeantwortet.
Das sagt der Epidemiologe
Antoine Flahault, Direktor des Instituts für globale Gesundheit an der Universität Genf, begrüsst den Schritt des BAG, Indien auf die Risikoliste zu setzen. Quarantäneregeln seien von grösster Bedeutung, um die Einführung neuer übertragbarer Varianten zu vermeiden oder zumindest einzuschränken. «Die Quarantäne könnte in einer speziellen Einrichtung erfolgen, etwa ein Hotel, wo alle Personen Quarantäne machen, die aus Indien zurückkehren.» Die Wirksamkeit einer raschen Anpassung der Quarantäne-Bestimmungen zeigen laut Flahault Länder wie Australien, Taiwan, China oder Neuseeland. Sie hätten es geschafft, ihre Grenzen effektiv zu kontrollieren. «Wir sollten daraus Lehren ziehen», so Flahault.
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