Urteil nach MesserattackeReuig und smart – Richter spricht Elite-Studentin frei
Lavinia Woodward rammte ihrem Freund ein Messer ins Bein. Trotzdem muss sie nicht ins Gefängnis. Der Richter will ihre vielversprechende Zukunft nicht verbauen.
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Eine Messerattacke ohne rechtliche Folgen: Richter Ian Pringle aus dem englischen Oxford hat sich am Montag gegen eine Gefängnisstrafe für die Medizinstudentin Lavinia Woodward ausgesprochen. Die Angeklagte habe sich glaubwürdig reuevoll gezeigt, begründete der Richter seinen Entscheid. Ausserdem besitze die 24-jährige Woodward «einen guten Charakter» und sei «äusserst sensibel».
Lavinia Woodward hatte am 30. Dezember 2016 ihrem damaligen Freund Thomas Fairclough während eines Streits ins Gesicht geschlagen. Anschliessend hatte sie ihm mit einem Brotmesser ins Bein gestochen und ihn mit einem Laptop und mehreren Gläsern beworfen.
Die angehende Ärztin und der Student aus Cambridge hatten sich über Tinder kennengelernt. An dem besagten Abend hatten beide viel Alkohol getrunken und Drogen genommen. Fairclough war offenbar kurz davor, Woodwards Mutter vom Konsum ihrer Tochter zu erzählen – da ging die junge Frau auf ihn los.
Sie verstiess gegen Kautionsvereinbarung
Der Gerichtsfall hatte vergangenen Mai für hitzige Debatten gesorgt, als Richter Pringle sich erstmals gegen eine Haftstrafe ausgesprochen hatte. Damals meinte er, die Frau sei «ausserordentlich talentiert». Eine Haftstrafe würde ihre «vielversprechende Karriere» als Herzchirurgin ruinieren.
Seine Haltung scheint der Richter beibehalten zu haben. Laut «Telegraph» sagte er am Montag, er wolle Woodward eine Haftstrafe ersparen, wegen ihrer «starken und unerschütterlichen Entschlossenheit», von den Drogen loszukommen. Ausserdem habe sie sich bei ihrem Ex-Freund gemeldet, um sich zu entschuldigen, lobte der Richter. Dass dies jedoch gegen ihre Kautionsvereinbarung verstiess, klammerte er aus.
Reich und weiblich hat Vorteile
Das Amt gegen Rassenungleichheit und soziale Ungerechtigkeit in Kingston zeigte sich über das Urteil entsetzt: «Ginge sie nicht auf eine Elite-Uni oder käme sie aus einem sozial benachteiligten Umfeld, glaube ich kaum, dass man sie so einfach hätte straflos gehen lassen», kommentierte John Azah gegenüber dem «Telegraph».
Auch bei der Organisation Mankind Initiative, die sich für männliche Opfer häuslicher Gewalt einsetzt, ist man empört: «Wäre sie das Opfer der Attacke gewesen, dann wäre der Mann mit Sicherheit im Gefängnis gelandet – zu Recht natürlich.»