Rücktritt Perrenoud«Rot-grüne-Mehrheit ist noch nicht gefallen»
Der Rücktritt von SP-Regierungsrat Philippe Perrenoud eröffnet eine neue Ausgangslage. Rot-Grün könnte aber bestehen bleiben.
- von
- Sonja Mühlemann

Der Berner Regierungsrat mit Christoph Auer, Staatsschreiber, Andreas Rickenbacher (SP), Philippe Perrenoud (SP), Vizepräsidentin Beatrice Simon (BDP), Präsident Hans-Jürg Käser (FDP), Barbara Egger-Jenzer (SP), Bernhard Pulver (Grüne) und Christoph Neuhaus (SVP), von links, posieren bei einem Fototermin im Mai 2015, auf dem Gurten.
20 Minuten: War es geschickt von Philippe Perrenoud, auf den denselben Termin wie Parteikollege Andreas Rickenbacher zurückzutreten?
Mark Balsiger: Das war ein raffinierter Schachzug des Gesundheitsdirektors. Rund 60 Prozent der Berner wählen bürgerlich. Bei einer Einervakanz hätte ein SVP-Kandidat den SP-Sitz von Rickenbacher mit Sicherheit erobert. Nun gilt es zwei Sitze zu vergeben, was auch Gelüste bei FDP, EVP und GLP weckt, vielleicht sogar bei der BDP. Die rot-grüne Mehrheit im bernischen Regierungsrat wankt schon länger, aber noch ist sie nicht gefallen.
Und damit ist der bürgerliche Schulterschluss in Gefahr ...
Genau, wenn sich die Bürgerlichen aufreiben und gegenseitig konkurrieren, steigen die Chancen der Linken.
Die SP dürfte mindestens einen Sitz verteidigen?
Das ist gut möglich. Das Gerangel unter den Parteien geht durch die Doppelvakanz erst richtig los. Sie müssen ihren Spitzenfiguren Karrierechancen ermöglichen. Die SP sagt sich wohl: Auch wenn wir nur einen Sitz verteidigen können, so bietet sich doch die Möglichkeit, bereits im Frühling 2016 jemanden für die Gesamterneuerungswahlen 2018 aufzubauen. Dann macht Verkehrsdirektorin Barbara Egger Platz.
Wie bedeutend wird der Wahlkampf für die Ersatzwahlen im Februar 2016?
Dieses Mal spielen die Kampagnen der Kandidierenden eine entscheidende Rolle. Der Wahlkampf wird kurz: Nach den Weihnachtsferien bleiben weniger als acht Wochen, um die Wählerinnen und Wähler überzeugen zu können. Die Faktoren Bekanntheitsgrad und regionale Herkunft werden sehr wichtig.
Parteien wollen SP-Sitze erobern
Die Präsidentin der SP des Kantons Bern, Ursula Marti, schloss am Dienstag nicht aus, dass die Sozialdemokraten nur mit einer Person zur doppelten Regierungsrats-Ersatzwahl vom kommenden Februar antreten. Die SP wolle nun in aller Ruhe die neue Lage besprechen.
Die EVP forderte einen Sitz für die politische Mitte. Die Einbindung der Mitteparteien sei politisch und mathematisch richtig. EVP, GLP und CVP hätten bei den Grossratswahlen zusammen einen Wähleranteil von 13,9 Prozent erreicht und Anrecht auf einen Sitz. EVP-Grossrat Patrick Gsteiger aus dem Berner Jura sei ein möglicher Kandidat.
SVP, FDP, BDP und EDU halten am Ziel fest, am 28. Februar die bürgerliche Mehrheit in der Kantonsregierung zurückerobern. Das sagten die Präsidenten von SVP und FDP, Werner Salzmann und Heinz Siegenthaler, auf Anfrage.
Beide liessen offen, ob das bürgerliche Lager mit einem oder zwei Kandidierenden antreten wird. Klar sei lediglich, dass die SVP Anspruch auf einen zweiten Sitz in der Regierung habe. sda