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Presseschau«Rücktritt des Sonnen-Königs bewirkt nichts»

Die nationalen und internationalen Medien kommentieren den Rücktritt von Fifa-Boss Sepp Blatter – und spekuliert über die Zukunft.

chk/sda/mh
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Der Rücktritt von Sepp Blatter erregt national wie international Aufsehen.

Der Rücktritt von Sepp Blatter erregt national wie international Aufsehen.

Ein Mann beherrscht innerhalb von sechs Tagen gleich zweimal die Zeitungskommentatoren: Der Rücktritt von Fifa-Präsident Sepp Blatter wird von deutschen und internationalen Medien als überfällig aber überraschend gewertet.

Für den «Spiegel» ist der angekündigte Rücktritt eine gute Nachricht: «Wer auf ernsthafte Reformen im Fussball-Weltverband hofft, kann nun ein bisschen optimistischer sein.»

«Wer kann jetzt die Fifa retten?», fragt «Bild.de» und hat auch schon einen Vorschlag zur Hand: DFB-Chef Wolfgang Niersbach.

«Die Welt» ist skeptisch, ob der Rücktritt tatsächlich optimistisch stimmen sollte: «Doch der Rücktritt des Sonnenkönigs bewirkt zunächst einmal gar nichts. Die Strukturen des Weltverbandes, die ihn erst zum Selbstbedienungsladen haben werden lassen, bleiben ja die Gleichen. Was die Fifa braucht, ist eine Strukturreform.»

Der britische «Guardian» schlägt vor, etwa das Weltmeisterschafts-Business abzutrennen von den gemeinnützigen Tätigkeiten zugunsten neuer Fussballnationen.

Blatters Rücktritt als Fifa-Präsident sei längst überfällig gewesen, urteilt «The Times»: «Es ist gut, dass er geht. Die Beweise der US-Ermittlern scheinen zu bestätigen, dass die Fifa durch und durch verdorben war, und von einem Klüngel in einer Fünf-Sterne-Welt unter der nachsichtigen Aufsicht Blatters geführt wurde.» Die Fifa müsse nun einen unwahrscheinlich anmutenden Prozess einleiten, um einen ehrlichen Führer zu suchen.

«The Telegraph» sieht die Fussball-Weltmeisterschaften 2018 und 2022 nun in Gefahr.

Die «New York Times» spekuliert unterdessen über einen Grund für den überraschenden Rücktritt: «Hatten die großen Sponsoren am Ende - zwar verspätet - eine Macht, die noch größer war als jene von Blatter selbst?»

Der Druck der US-amerikanischen Justiz wurde offenbar zu groß, schreibt die «Frankfurter Allgemeine Zeitung» und zeigt sich selbst überrascht: «Das hatte niemand erwartet.»

«Die Zeit für einen Rücktritt wäre schon zum Ende seiner letzten Amtszeit als Präsident reif gewesen», schreibt auch die «Neue Zürcher Zeitung». Zuletzt sei Blatter «eine Belastung für die Institution» gewesen. «Immerhin kann Blatter nun für sein letztes Anliegen weibeln, ohne auf eine Wiederwahl zu schielen.» (chk/sda/mh/sda)

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