PR-Coup der Besetzer?Rückzug der Hauskäufer war eine Falschmeldung
Die Architekten, die die Alte Schreinerei in der Länggasse vom Kanton übernommen haben, ziehen sich nicht zurück: Ein entsprechendes Communiqué war gefälscht.
- von
- miw
Eigentlich hätten zwei Architekten die alte Schreinerei in der Berner Länggasse kaufen und umbauen wollen. Nun würden sie sich aber plötzlich von ihrem Vorhaben zurückziehen. Sie reagierten damit auf die hohe Akzeptanz der vormaligen Hausbesetzer im Quartier und auf «Sabotageakte» gegen ihr Büro, hiess es in einem Communiqué vom Mittwoch mitteilten. Zurzeit ist das Haus verriegelt und wird rund um die Uhr von einem Sicherheitsdienst bewacht.
Nur: Die Meldung vom Rückzug war Fake News. Mit einem gefälschten Communiqué hatten unbekannte Absender die Medien in die Irre geführt, wie die «Berner Zeitung» nun berichtet. Wie der zuständige Regierungsrat Christoph Neuhaus (SVP) am Mittwochnachmittag bekanntgab, war das Ganze die Inszenierung einer unbekannten Täterschaft. Nahe liegt die Vermutung, dass das Communiqué aus den Kreisen des Besetzerkollektivs stammen könnte.
Nachdem das historische Gebäude jahrelang leer stand, war es Anfang 2017 vom Kollektiv Fabrikool besetzt worden. Die Besetzung wurde in der Folge durch einen Vertrag zur Zwischennutzung mit dem Kanton Bern legalisiert.
Pläne verworfen
Im September 2018 verkaufte der Kanton das Grundstück im Baurecht an ein Berner Architekten-Duo. Die neuen Besitzer wollten einen Quartiertreffpunkt mit Markthalle und Restaurants sowie Studentenwohnungen umsetzen. Dies passte den Besetzern nicht: Aus Protest gegen den Verkauf kündigten die Hausbesetzer den Zwischennutzungsvertrag mit dem Kanton fristlos, verharrten aber vor Ort. Einer Aufforderung, das Gebäude bis Ende April 2019 zu verlassen, widersetzten sie sich.
Der Kanton Bern reichte schliesslich Strafanzeige wegen Hausfriedensbruch und Sachbeschädigung ein und stellte den Räumungsantrag, der Mitte Mai vollzogen wurde. Seither ist das Gebäude abgesperrt.
«Fabrikool funktionierte»
In der angeblich von den Architekten verfassten Fake-Meldung stand, dass sie sich die Sache «nach zahlreichen Rückmeldungen aus der Quartierbevölkerung» nochmals überlegt haben. Das Fabrikool-Projekt habe als «wichtiger und gut frequentierter Quartiertreffpunkt» funktioniert. Die Anwohner wünschten sich das Gebäude in der vorangehenden Nutzungsform zurück. Zudem seien die Sabotageakte von Unbekannten gegen das Architekturbüro «rufschädigend und längerfristig wirtschaftlich nicht tragbar».
Über die Urheber der falschen Mitteilung ist nichts bekannt.