«Sputnik V»: Putin lässt Corona-Impfstoff zu – Tochter ist bereits geimpft

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«Sputnik V»Putin lässt Corona-Impfstoff zu – Tochter ist bereits geimpft

Der angekündigte Covid-19-Impfstoff aus Russland soll so schnell wie möglich zum Einsatz kommen. Die frühe Zulassung widerspricht internationalen Kriterien.

Katja Fässler
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Katja Fässler
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Die Zulassung für den Impfstoff ist erfolgt, sagt Präsident Putin.

Die Zulassung für den Impfstoff ist erfolgt, sagt Präsident Putin.

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Das Tempo, mit dem Russland einen Corona-Impfstoff entwickelt haben will, wirft die Frage auf, wie sicher und wirksam das Präparat ist.

Das Tempo, mit dem Russland einen Corona-Impfstoff entwickelt haben will, wirft die Frage auf, wie sicher und wirksam das Präparat ist.

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Kirill Dimitriev, dem CEO des RDIF (Russian Direct Investment Fund), zufolge hätten die Personen, denen «Gam-Covid-Vac Lyo» verabreicht wurde, 21 Tage nach der ersten Dosis eine Immunität entwickelt, die sich nach Erhalt der zweiten Injektion verdoppelt habe.

Kirill Dimitriev, dem CEO des RDIF (Russian Direct Investment Fund), zufolge hätten die Personen, denen «Gam-Covid-Vac Lyo» verabreicht wurde, 21 Tage nach der ersten Dosis eine Immunität entwickelt, die sich nach Erhalt der zweiten Injektion verdoppelt habe.

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Darum gehts

  • Weltweit suchen mehr als 170 Projekte nach Corona-Impfstoffen.
  • Das russische Gamalaja-Institut liegt beim Wettlauf scheinbar weit vorne.
  • Eine Zulassung in einem so frühen Stadium widerspricht jedoch internationalen Kriterien.

Russland hat den weltweit ersten für die breite Verwendung zugelassenen Impfstoff gegen das Coronavirus in Erinnerung an sein Vordringen in den Weltraum 1957 auf den Namen «Sputnik V» getauft.

Das berichtete das russische Staatsfernsehen am Dienstag in Moskau. Zuvor hatte Kremlchef Wladimir Putin bekanntgegeben, dass Russland als erstes Land der Welt einen Impfstoff zugelassen habe. Eine seiner Töchter sei bereits geimpft worden. Russland hatte im Frühjahr eine klinische Studie mit dem Impfstoff «Gam-Covid-Vac Lyo» in einer internationalen Datenbank registriert.

Der Impfstoff wurde vom staatlichen Gamalaja-Institut für Epidemiologie und Mikrobiologie in Moskau entwickelt. Weltweit suchen mehr als 170 Projekte nach Corona-Impfstoffen – und mehrere Forscherteams haben vielversprechende Zwischenergebnisse veröffentlicht. Allerdings rechnen Experten generell mit einem marktfähigen Impfstoff erst im kommenden Jahr.

Sicherheit infrage gestellt

Das Tempo, mit dem Russland einen Corona-Impfstoff entwickelt haben will, wirft die Frage auf, wie sicher und wirksam das Präparat ist. Am 1. August hiess es seitens der russischen Nachrichtenagentur TASS, dass die klinischen Studien mit dem Impfstoff nun abgeschlossen seien.

Dem Chef des russischen Investmentfonds, Kirill Dimitriev, zufolge hätten die Personen, denen das Mittel verabreicht wurde, 21 Tage nach der ersten Dosis eine Immunität entwickelt, die sich nach Erhalt der zweiten Injektion verdoppelt habe. Um die Sicherheit noch mehr hervorzuheben, soll der Entwickler des Präparats, Alexander Ginzburg, sich die Impfung sogar selbst verabreicht haben.

Über Verträglichkeit und Wirksamkeit in der gesamten Bevölkerung, auch bei älteren Menschen oder solchen mit Vorerkrankungen, fehlen jedoch aussagekräftige Tests.

Testphase übersprungen

Erst nach der Zulassung soll der russische Impfstoff an einer grösseren Gruppe von Menschen getestet werden. Dies wäre üblicherweise die dritte Testphase vor einer Zulassung. Dabei werden jeweils Zehntausende von Probanden geimpft.

Laut einer Liste der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sind derzeit sechs Impfstoff-Kandidaten in einer Phase-3-Studie, darunter auch die US-Biotech-Firma Moderna, bei der sich die Schweiz 4,5 Millionen Impfdosen gesichert hat.

Auch wenn die Zulassung für den Impfstoff aus Russland frühzeitig erfolgt, ist seine Prüfung nach dem, was bekannt ist, noch lange nicht abgeschlossen. Bleibt abzuwarten, wie sich dies mit den Zielen des russischen Gesundheitsministers Michail Muraschko vereinbaren lässt, der Anfang August angekündigt hat, im Herbst mit den Impfungen in der Bevölkerung beginnen zu wollen.

Warum der Name «Sputnik V»?

Kirill Dmitrijew, CEO vom RDIF (Russian Direct Investment Fund) sprach kürzlich von einem «Sputnik-Moment». «Die Amerikaner waren überrascht, als sie Sputniks Piepen hörten. Mit diesem Impfstoff ist es genauso», sagte er dem US-Sender CNN. Seine vom Kreml gegründete Stiftung finanziert die Impfstoff-Produktion. In Russland wird die Entwicklung des neuen Impfstoffs damit verglichen, dass die Sowjetunion einst als erste Nation in den Weltraum vorgedrungen war. Russland sieht sich als Rechtsnachfolger des vor rund 30 Jahren aufgelösten kommunistischen Imperiums. Die stolze Weltraumnation hatte 1957 den ersten Satelliten – den Sputnik – ins All gebracht und damit das Zeitalter der Raumfahrt begründet.

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