Unruhen in KasachstanRussische «Friedenstruppen» beginnen Abzug
Demonstrationen, die sich zunächst gegen steigende Gaspreise richteten, weiteten sich binnen weniger Tage zu regierungskritischen Massenprotesten im ganzen Land aus. 20 Minuten berichtet über die Lage in Kasachstan.
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- Newsdesk
Russische Truppen beginnen Abzug aus Kasachstan
Das von Russland angeführte Militärbündnis OVKS hat den Abzug seiner Truppen aus Kasachstan eingeleitet. Die Soldaten hätten ihre Mission erfüllt und bereiteten nun ihre militärische Ausrüstung für die Verladung in Transportflugzeuge der russischen Luftwaffe vor, teilte das Verteidigungsministerium in Moskau am Donnerstag mit. Die Einsatzkräfte würden anschliessend zu ihren Stützpunkten zurückkehren.
Soldaten mit feierlicher Zeremonie verabschiedet
Der Abzug soll nach Angaben des kasachischen Präsidenten und des Militärbündnisses binnen zehn Tagen abgeschlossen sein. Die Soldaten wurden am Donnerstagmorgen in Kasachstans grösster Stadt Almaty mit einer feierlichen Zeremonie verabschiedet, wie ein AFP-Korrespondent berichtete.
Premiere für russische «Friedenstruppen»
Für die OVKS, die von Russland oft als Äquivalent zur Nato dargestellt wird, war die Entsendung der «Friedenstruppen» eine Premiere. Die OVKS-Truppen hatten unter anderem den Flughafen von Almaty gesichert, der Berichten zufolge vorübergehend von Regierungsgegnern besetzt worden war. Am Donnerstag wurden dort nach Angaben der Flughafenverwaltung wieder Inlands- und Auslandsflüge abgefertigt.

Nebst russischen Soldaten nahmen auch Truppen aus Belarus am Einsatz in Kasachstan teil.
Beobachter vermuteten hinter den Unruhen auch einen Machtkampf an der Spitze des Landes. Tokajew hatte sich am Dienstag mit ungewöhnlich scharfen Worten gegen seinen Vorgänger gewandt: Er warf Ex-Präsident Nursultan Nasarbajew, der nach wie vor grossen Einfluss im Land haben soll, die Begünstigung einer reichen Elite vor. (AFP)
Neue Regierung für Kasachstan
Nach den gewaltsamen Protesten in der vergangenen Woche stellt Kasachstans Präsident Kassym-Schomart Tokajew dem Parlament am Dienstag eine neue Regierung vor. Als Reaktion auf die Demonstrationen hatte der Staatschef am vergangenen Mittwoch die bisherige Regierung entlassen. Die Proteste, die sich zunächst gegen steigende Gaspreise richteten, hatten sich im ganzen Land rasch zu regierungskritischen Protesten ausgeweitet.
Ein Grossteil der Wut der Demonstranten gilt jedoch dem ehemaligen Staatschef Nursultan Nasarbajew. Dieser soll weiterhin grossen Einfluss im Land ausüben. Der 81-Jährige hatte 2019 seinen Nachfolger Tokajew selbst bestimmt und gilt als Mentor des derzeitigen Präsidenten. (AFP)
«Versuchter Staatsstreich»
Kasachstans Präsident Kassym-Schomart Tokajew hat die gewaltsamen Proteste der vergangenen Woche als «versuchten Staatsstreich» bezeichnet. «Gruppen bewaffneter Kämpfer», die auf den richtigen Moment gewartet hätten, seien «in Aktion getreten», sagte Tokajew am Montag bei einer Videokonferenz mit seinem russischen Kollegen Wladimir Putin und anderen verbündeten Staatschefs. Das «Hauptziel» sei deutlich geworden, «es handelte sich um den Versuch eines Staatsstreichs», sagte Tokajew.

Auf friedliche Demonstranten würden die Sicherheitskräfte seines Landes «niemals schiessen», sagte der kasachische Präsident weiter. Der von Moskau geführte «Antiterror-Einsatz» der Organisation des Vertrages über kollektive Sicherheit (OVKS) werde «sehr bald» enden, fügte er hinzu.
(AFP)
Verwüstung in Almaty
Die Ausschreitungen in Kasachstans Metropole Almaty haben einem Anwohner zufolge schwere Verwüstungen hinterlassen. «Heute ist die Situation in der Stadt relativ ruhig», sagte ein vor Ort lebender Journalist der Deutschen Presse-Agentur am Sonntag am Telefon. «Gestern Abend habe ich noch selbst Schüsse gehört.» Viele Lebensmittelgeschäfte seien geplündert worden. «Bankfilialen, Bankautomaten – alles ist kaputt.» Vor Bäckereien, die den Betrieb wieder aufgenommen hätten, bildeten sich lange Schlangen, sagte der 50-Jährige.

Weiterhin funktioniere das Internet in der Millionenstadt im Südosten des autoritär geführten Landes nicht. Immer wieder war auch die Mobilfunkverbindung in den vergangenen Tagen unterbrochen. Menschen in anderen Landesteilen und im Ausland hatten oft vergeblich versucht, Angehörige und Bekannte in Almaty zu erreichen. (DPA)
Kasachstans Staatsfernsehen: 164 Tote bei Unruhen
Bei den schweren Unruhen im zentralasiatischen Kasachstan sind offiziellen Angaben zufolge 164 Menschen getötet worden. Das berichtete das Staatsfernsehen am Sonntag unter Berufung auf das Gesundheitsministerium. Zudem sind laut offiziellen Angaben mehr als 2200 Menschen in den vergangenen Tagen verletzt worden.

Ein ausgebrannter Bus in der Stadt Almaty, wo die Kämpfe zwischen den Demonstrierenden und der Staatstruppen am heftigsten waren.
Demnach sollen allein in der von den Unruhen besonders schwer erschütterten Millionenstadt Almaty 103 Menschen ums Leben gekommen sein – darunter zwei Kinder. Präsident Kassym-Schomart Tokajew hatte Polizei und Armee am Freitag angewiesen, «ohne Vorwarnung» auf Demonstranten zu schiessen, die er als «Terroristen» und «Banditen» bezeichnete.
Seit einer Woche kommt das Land nicht zur Ruhe. Unmut über gestiegene Treibstoffpreise an den Tankstellen in dem öl- und gasreichen Land schlug in Proteste gegen die Staatsführung um. Neben vielerorts friedlichen Demonstrationen kam es auch zu gewaltsamen Ausschreitungen. Die autoritären Behörden sagen, die Lage sei mittlerweile unter Kontrolle. Wie das Präsidialbüro nach einer weiteren Krisensitzung mittelte, dauern die Einsätze gegen Demonstranten an. «Es werden Massnahmen ergriffen, um Terroristen ausfindig zu machen und festzunehmen.» (DPA)
Russisch dominiertes Militärbündnis berät über Lage in Kasachstan
Nach dem Eingreifen des von Russland dominierten Militärbündnisses OVKS in der Republik Kasachstan in Zentralasien wollen dessen Mitgliedsländer über das weitere Vorgehen beraten. Für diesen Montag sei angesichts der schweren Ausschreitungen eine Video-Konferenz geplant, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Sonntag in Moskau der Nachrichtenagentur Interfax zufolge. Die Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit um Unterstützung (OVKS), der auch Armenien, Belarus, Kirgistan und Tadschikistan angehören, hatte auf Bitte Kasachstans 2500 Soldaten in die an China und Russland grenzende Ex-Sowjetrepublik entsandt.

Seit einer Woche kommt es im Kasachstan zu teils gewaltsamen Protesten. Bereits fas 6000 der Demonstrierenden, die die schwache Wirtschaft anprangern, wurden verhaftet.
Die Proteste in dem öl- und gasreichen Land dauern mittlerweile seit einer Woche an. Unmut über gestiegene Treibstoffpreise an den Tankstellen schlug in vielerorts friedliche, aber teils auch gewaltsame Proteste gegen die Staatsführung um. Die autoritären Behörden sagen, die Lage sei mittlerweile unter Kontrolle.
Präsident bezeichnet Demonstrierende als Terroristen
Wie das Büro von Kasachstans Präsident Kassym-Schomart Tokajew nach einer weiteren Krisensitzung mitteilte, dauern die Einsätze gegen Demonstranten an. «Es werden Massnahmen ergriffen, um Terroristen ausfindig zu machen und festzunehmen.» Tokajew bezeichnete Demonstranten, die teilweise auch bewaffnet sein sollen, als «Terroristen» und «Banditen».
Fast 6000 Festnahmen
Es seien mittlerweile fast 6000 Menschen festgenommen worden, hiess es weiter. Neue Zahlen zu Toten und Verletzten unter Zivilisten wurden nicht genannt, unabhängige Angaben sind weiterhin schwer verfügbar. Behörden hatten zuletzt von insgesamt mehr als 40 Getöteten gesprochen, darunter auch Sicherheitskräfte. (DPA)
5000 Festnahmen nach Unruhen
Nach den schweren Unruhen im zentralasiatischen Kasachstan sind landesweit bereits über 5000 Menschen festgenommen worden. «In ganz Kasachstan wurden bisher 5135 Menschen festgesetzt», teilte das Innenministerium der autoritär geführten Ex-Sowjetrepublik in der Hauptstadt Nur-Sultan am Sonntagmorgen mit. Die Justizbehörden nahmen Ermittlungen gegen die Festgenommenen wegen diverser Vergehen auf.
Ihnen werde unter anderem Zerstörung von mehr als 100 Einkaufszentren oder Bankgebäuden zur Last gelegt, sagte der amtierende Innenminister Erlan Turgumbajew dem TV-Sender «Chabar 24». Während der Unruhen seien etwa 400 Fahrzeuge zerstört worden, die meisten davon Polizeiwagen.
Die Behörden bemühten sich unterdessen, im Land wieder etwas Normalität herzustellen. Dazu sei etwa die Versorgung auch entlegener Regionen mit Grundnahrungsmitteln gesichert worden, teilte das Handelsministerium am Sonntag nach Angaben der Agentur Tass mit. Auch die Versorgung mir Kraftstoff und Flüssiggas sei angelaufen, hiess es aus dem Energieministerium.

Neue offizielle Informationen über Todesopfer gab es nach dem von Präsident Kassym-Schomart Tokajew erteilten Schiessbefehl zunächst nicht. Zuvor hatten die Behörden von insgesamt mehr als 40 Getöteten gesprochen – darunter auch Sicherheitskräfte. Tokajew hatte Polizei und Armee am Freitag angewiesen, «ohne Vorwarnung» auf Demonstranten zu schiessen, die er als «Terroristen» und «Banditen» bezeichnete. Befürchtet wurde, dass es viele zivile Todesopfer geben könnte – insbesondere in der von den Ausschreitungen schwer erschütterten Millionenstadt Almaty im Südosten Kasachstans. (DPA)
Ex-Präsident Nasarbajew ruft zur Unterstützung von Nachfolger auf
Kasachstans früherer Präsident Nursultan Nasarbajew hat nach Angaben seines Pressesprechers die Bevölkerung zur Unterstützung der Regierung bei der Bewältigung der Krise aufgerufen. Nasarbajew rufe alle Bürger auf, sich hinter Staatschef Kassym-Schomart Tokajew zu stellen, «um die aktuellen Herausforderungen zu bewältigen und die Integrität des Landes zu gewährleisten», erklärte sein Sprecher Aidos Ukibai am Samstag auf Twitter. Gerüchte, wonach der 81-Jährige das Land inmitten der blutigen Niederschlagung der teils gewaltsamen Proteste verlassen hat, wies Ukibai zurück.
Nasarbajew hat sich seit Beginn der Proteste vor knapp einer Woche nicht mehr in der Öffentlichkeit gezeigt. Er hatte 2019 seinen Nachfolger Tokajew selbst bestimmt, soll aber nach wie vor hinter den Kulissen die Kontrolle haben. Ein Grossteil der Wut in Kasachstan richtet sich gegen Nasarbajew, der das Land nach seiner Unabhängigkeit 30 Jahre lang mit harter Hand regiert hatte.

Der ehemalige kasachische Präsident Nasarbajew, hier mit dem belarusischen Diktator Lukaschenko, soll sich entgegen Gerüchten weiterhin im Land aufhalten.
Am Samstag hatte das nationale Sicherheitskomitee mitgeteilt, dass Nasarbajews früherer Regierungschef Karim Massimow festgenommen wurde. Der bereits als Leiter des Inlandsnachrichtendienstes (KNB) entlassene enge Vertraute Nasarbajews wurde demnach am Donnerstag festgenommen. Es wurde zudem eine Voruntersuchung wegen Landesverrats eingeleitet. (AFP)
Putin verstärkt «Friedensmission» mit berüchtigtem General
Am Freitag teilte das russische Verteidigungsministerium mit, die «Friedensmission» in Kasachstan weiter auszubauen. Derzeit würden fast 4000 Soldaten ins Land geflogen, dass seit Tagen von Kämpfen zwischen dem Regime und der Bevölkerung erschüttert wird. Ihr Auftrag laut Moskau: Den «von aussen inspirierten Versuch, die Integrität des Staates zu untergraben, um jeden Preis zu beenden.»
Zur Unterstützung der russischen Intervention schickt Putin einen seiner höchsten Militärs in den ehemaligen Sowjet-Staat. Andrei Nikolajewitsch Serdjukow ist Generaloberst der russischen Streitkräfte und Oberbefehlshaber der Luftlandetruppen.

Der ranghohe Militär gilt als berühmt-berüchtigt. So marschierte er im Juni 1999 mit 250 Soldaten illegal in den Kosovo ein, was fast zu einem Feuergefecht mit den Nato-Truppen führte. 2014 leitete er die Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim, 2015 die Invasionstruppen in der Ostukraine, wie die «Bild» berichtet.
Serdjukow übernahm im September 2019 auch das Kommando über die russischen Streitkräfte in Syrien und leitete die verheerende Offensive auf die Region Idlib. Bei der Operation wurden laut den Vereinten Nationen innert drei Monaten mindestens 1600 Zivilisten getötet und fast eine Million Menschen zu Flüchtlingen gemacht. Die Menschenrechtsorganisation «Human Rights Watch» wirft dem General denn auch schwerste Kriegsverbrechen vor, unter anderem die absichtliche Bombardierung von Krankenhäusern, Schulen und Marktplätzen.
Ex-Chef des Inlandsnachrichtendienstes in Kasachstan festgenommen
In Kasachstan ist der frühere Leiter des Inlandsnachrichtendienstes vor dem Hintergrund der tagelangen gewaltsamen Proteste festgenommen worden. Karim Massimow werde des Landesverrats verdächtigt, teilte das nationale Sicherheitskomitee (KNB) am Samstag mit. Massimow war diese Woche als KNB-Leiter entlassen worden, nachdem Demonstranten in Kasachstans grösster Stadt Almaty Regierungsgebäude gestürmt hatten.

Der ehemalige Chef des Inlandnachrichtendienstes wurde wegen Landesverrat festgenommen.
Der Inlandsnachrichtendienst leitete nach eigenen Angaben eine Voruntersuchung wegen Landesverrats ein. Massimow und weitere Verdächtige seien inhaftiert worden, hiess es in der Mitteilung weiter. Der frühere KNB-Chef gilt als enger Verbündeter des autoritären Ex-Präsidenten Nursultan Nasarbajew, der weiterhin grossen Einfluss im Land ausübt.
Kasachstan wird seit Tagen von beispiellosen Zusammenstössen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften erschüttert. Proteste, die sich zunächst gegen steigende Gaspreise gerichtet hatten, weiteten sich zu regierungskritischen Massenprotesten im ganzen Land aus. Die Wut der Demonstranten richtet sich auch gegen Ex-Präsident Nasarbajew.
Der aktuelle Staatschef Kassym-Schomart Tokajew erteilte den Sicherheitskräften am Freitag einen Schiessbefehl auf Demonstranten und schloss Verhandlungen mit diesen aus. Ein von Russland angeführtes Militärbündnis unterstützt derzeit die kasachischen Sicherheitskräfte. (AFP)
Mögliche Explosionen in Almaty
Die Lage in der von Ausschreitungen schwer erschütterten Republik Kasachstan in Zentralasien bleibt unübersichtlich. Das Staatsfernsehen meldete in der Nacht zum Samstag, dass die Sicherheitskräfte in mehreren Städten des Landes weiter gegen Demonstranten vorgingen. Diese Angaben liessen sich nicht unabhängig überprüfen. Die Einsätze konzentrierten sich zuletzt auf die Millionenstadt Almaty, in der es seit Tagen Unruhen gibt.
An mindestens zwei Plätzen der Wirtschaftsmetropole gab es dem Portal Vlast.kz zufolge Schiessereien. Es sei zudem zu Explosionen gekommen. Augenzeugen hätten von einem brennenden Auto berichtet. Sicherheitskräfte patrouillierten in gepanzerten Fahrzeugen. Auch in der Nacht drangen unabhängige Informationen von dort nur spärlich ins Ausland. Das Internet war zumindest zeitweise abgeschaltet. Ausländer werden derzeit nicht in die Ex-Sowjetrepublik gelassen.

Die Situation in Kasachstan ist unübersichtlich. (5. Januar 2022)
Präsident Kassym-Schomart Tokajew sprach am Abend von bis zu 20'000 «Terroristen», die in Almaty in mehreren Wellen angriffen. Die «Banditen und Terroristen» seien gut ausgebildet und organisiert. (dpa)
Präsident erteilt Schiessbefehl
Im zentralasiatischen Kasachstan eskaliert die Lage nach schweren Unruhen immer weiter. Der Präsident der autoritär geführten Ex-Sowjetrepublik, Kassym-Schomart Tokajew, erteilte einen Schiessbefehl gegen Demonstranten. «Ich habe den Sicherheitskräften und der Armee den Befehl gegeben, ohne Vorwarnung das Feuer zu eröffnen», sagte der 68-Jährige am Freitag in einer Fernsehansprache. Besonders in der Millionenstadt Almaty im Südosten scheint sich die Situation dramatisch zuzuspitzen; dabei drangen unabhängige Informationen von dort zwischenzeitlich kaum noch nach aussen durch.
Aufrufe aus dem Ausland, eine friedliche Lösung für die Krise zu finden, tat Tokajew als «Dummheit» ab: «Was für Verhandlungen kann es mit Verbrechern und Mördern geben?» Die sogenannten Anti-Terror-Einsätze würden bis zur «vollständigen Vernichtung der Kämpfer» fortgeführt, betonte er. Nach seiner Darstellung soll die Lage aber weitgehend unter Kontrolle der Sicherheitskräfte sein.
Viele weitere zivile Todesopfer befürchtet
Am Morgen hatte das Staatsfernsehen berichtet, dass bereits 26 Demonstranten getötet worden seien. Zudem habe es landesweit mehr als 3700 Festnahmen gegeben. Befürchtet wurde, dass es nun noch viele weitere zivile Todesopfer geben könnte. Offiziellen Angaben zufolge starben bislang auch mindestens 18 Sicherheitskräfte.
Die deutsche Bundesregierung rief alle Akteure in Kasachstan dringend zu Besonnenheit auf. Justizminister Marco Buschmann verurteilte Tokajews Schiessbefehl scharf. «Wer ohne Vorwarnung auf Demonstranten schiessen lässt, um zu töten, hat den Kreis zivilisierter Staaten verlassen», schrieb der FDP-Politiker auf Twitter. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen forderte ein Ende der Gewalt. Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping hingegen stärkte Tokajew demonstrativ den Rücken und bezeichnete dessen Handeln als «höchst verantwortlich».

Der Präsident der autoritär geführten Ex-Sowjetrepublik, Kassym-Schomart Tokajew, erteilte einen Schiessbefehl gegen Demonstranten.
26 Tote und 3000 Gefangene
Infolge der Unruhen im zentralasiatischen Kasachstan sind nach Angaben des kasachischen Innenministeriums 26 Demonstrierende getötet worden. Zudem habe es mehr als 3000 Festnahmen gegeben, berichtete der Staatssender Khabar 24 am Freitagmorgen unter Berufung auf das Ministerium. Die Behörde sprach demnach von «bewaffneten Verbrechern». Weitere 18 von ihnen seien verletzt worden.
Präsident Kassym-Jomart Tokajew sagte Khabar 24 zufolge, dass die – von ihm so bezeichneten – Anti-Terror-Einsätze bis zur «kompletten Auslöschung der Kämpfer» andauern sollen. In Almaty im Südosten des Landes, wo die Ausschreitungen besonders heftig gewesen waren, sollen sich bewaffnete Demonstranten im Gebäude eines Fernsehsenders verschanzt haben. Die Ordnung im Land sei aber weitgehend wiederhergestellt, sagte Tokajew.
Am Donnerstagabend protestierte in Almaty eine Menschenmenge, die ein Transparent vor sich hertrug mit der Aufschrift: «Wir sind normale Menschen, keine Terroristen.» Und auf einem Schild an einer Statue befestigt steht: «Friedenssoldaten mit Waffen sind keine Friedenssoldaten.» (dpa)
Deutschland will friedliche Lösung finden
Die Explosion der Gewalt in Kasachstan wird in Berlin mit Sorge beobachtet. Aus dem Auswärtigen Amt hiess es am Donnerstag, gewalttätige Ausschreitungen seien kein akzeptables Mittel der politischen Auseinandersetzung. Der Einsatz tödlicher Gewalt gegen Zivilisten, «erst recht wenn militärische Kräfte zum Einsatz kommen», dürfe immer nur allerletztes Mittel sein. Es gelte jetzt, eine friedliche Lösung «im Rahmen eines umfassenden Dialogs mit allen Beteiligten» zu finden. Die Bundesregierung warnt nun vor Reisen in die frühere Sowjetrepublik.
Man tausche sich mit engsten Partnern vor Ort über die Entwicklung in Kasachstan aus, hiess es aus dem Auswärtigen Amt. Auch die massiven Beschränkungen des Zugangs dort zu Internet und sozialen Medien sehe man mit Sorge. Kasachstan habe im Rahmen der OSZE Verpflichtungen zur Wahrung der Grundfreiheiten übernommen. Dazu gehörten auch der Zugang zu Informationen, die Presse- und die Versammlungsfreiheit. (dpa)

Aussenministerin Annalena Baerbock traf in Washington auf deren Aussenminister Antony Blinken. Die USA sicherte Kasachstan Unterstützung zu.
USA wollen Kasachstan unterstützen
Vor dem Hintergrund schwerer Unruhen in der zentralasiatischen Republik Kasachstan hat US-Aussenminister Antony Blinken mit seinem kasachischen Kollegen Muchtar Tleuberdi telefoniert. Thema des Gesprächs am Donnerstag sei der anhaltende Ausnahmezustand gewesen, teilte das US-Aussenministerium mit. Blinken habe «die volle Unterstützung der Vereinigten Staaten für die verfassungsmässigen Institutionen Kasachstans und die Medienfreiheit» bekräftigt. Er habe sich für eine friedliche Lösung der Krise in Kasachstan ausgesprochen. Ein von Russland geführtes Militärbündnis hat unterdessen erste Soldaten in die Ex-Sowjetrepublik entsandt.
Das autoritär geführte Land erlebt seit Tagen beispiellose Proteste. Kasachstan wurde über Jahrzehnte von Machthaber Nursultan Nasarbajew regiert, der sich auch nach seinem Rücktritt 2019 grossen Einfluss bewahrte. Auslöser der Unruhen war Unmut über gestiegene Treibstoffpreise an den Tankstellen. Sie schlugen in teils gewaltsame Proteste gegen die Regierung um. (dpa)

US-Aussenminister Antony Blinken sichert seinem kasachischen Kollegen Muchtar Tleuberdi telefonisch die Unterstützung der USA zu. Er habe sich für eine friedliche Lösung der Krise in Kasachstan ausgesprochen.
2000 Festnahmen alleine in Almaty
Bei den Protesten in Kasachstan sind nach offiziellen Angaben der Behörden allein in der Millionenstadt Almaty etwa 2000 Menschen festgenommen worden. Die Festnahmen dauerten an, teilte die Polizei des zentralasiatischen Landes am Donnerstag nach einem Bericht der Nachrichtenagentur Tengrinews mit. Unklar war zunächst, wie viele Menschen landesweit in Gewahrsam genommen wurden. (dpa)

Lage in Almaty weiterhin prekär
Russland bekenne sich zu seinen Verpflichtungen, teilte das Aussenministerium in Moskau mit. «Wir betrachten die jüngsten Ereignisse in einem befreundeten Land als einen von aussen inspirierten Versuch, die Sicherheit und Integrität des Staates auf gewaltsame Weise durch den Einsatz ausgebildeter und organisierter bewaffneter Formationen zu untergraben.» Die USA hatten bereits Berichte über mögliche Verwicklungen zurückgewiesen.
Internetprobleme schränken unabhängige Berichte ein
Internetseiten kasachischer Medien waren zwischenzeitlich auch vom Ausland aus nicht zu erreichen. Berichte können von unabhängiger Seite nur schwer geprüft werden. Lange hielten sich die Behörden mit offiziellen Angaben zurück. So war zunächst immer noch unklar, wie viele zivile Opfer es bislang gab. Laut Gesundheitsministerium wurden mehr als 1000 Menschen verletzt. 400 seien in Krankenhäuser gebracht worden. Davon müssten 62 auf Intensivstationen behandelt werden.

Schwerpunkt der Ausschreitungen ist die Wirtschaftsmetropole Almaty im Südosten des Landes. Bilder im Nachrichtenkanal Telegram zeigten etwa die von Flammen erheblich beschädigte Stadtverwaltung. Videos aus der Hauptstadt Nur-Sultan (früher Astana) zeigten dagegen einen normalen Alltag.

Die Regierung versuchte indes mit Preisobergrenzen die aufgeheizte Stimmung zu beruhigen. Für die kommenden 180 Tage solle dies für Benzin, Diesel und Flüssiggas gelten, hiess es. Zudem wurden die Winterferien an Schulen bis zum 17. Januar verlängert. (DPA)
Zwei geköpfte Leichen gefunden
Bei den Protesten im zentralasiatischen Kasachstan sind in der Stadt Almaty offiziellen Angaben zufolge 13 Sicherheitskräfte getötet worden. Zwei Leichen seien geköpft aufgefunden worden, berichteten kasachische Medien am Donnerstag unter Berufung auf das Staatsfernsehen. Klare offizielle Angaben zu möglichen zivilen Todesopfern gab es weiter nicht.
Am Mittwoch hatten die Behörden von acht toten Polizisten und Soldaten gesprochen. Bei den Unruhen wurden demnach landesweit mehr als 1000 Menschen verletzt. 400 Menschen seien in Krankenhäuser gebracht worden, 62 seien auf Intensivstationen. Die kasachische Polizei sprach davon, bei nächtlichen Zusammenstössen zwischen Demonstranten und Militär in Almaty «Dutzende Angreifer eliminiert» zu haben, was Todesopfer bedeuten könnte. Berichte können von unabhängiger Seite nur schwer geprüft werden. (dpa)
Video
In der Nacht zu Donnerstag sind Dutzende Demonstranten getötet worden. Auslöser der grössten Protestwelle seit Jahren war Unmut über gestiegene Treibstoffpreise an den Tankstellen. (Video: Jan Derrer)
China will nicht intervenieren
China sieht die Unruhen in seinem Nachbarland Kasachstan als «innere Angelegenheit» an. «Wir sind zuversichtlich, dass die Behörden angemessen mit der Situation umgehen können», sagte Aussenamtssprecher Wang Wenbin am Donnerstag vor der Presse in Peking. «Wir hoffen, dass sich die Lage stabilisiert und die normale soziale Ordnung wiederhergestellt wird.» Kasachstan und China pflegten eine umfassende strategische Partnerschaft, hob der Sprecher noch hervor.

Chinas Aussenminister Wang Wenbin sieht die Unruhen in Kasachstan als «innere Angelegenheit.»
Auf die Entsendung von Soldaten aus Russland, Armenien, Belarus, Kirgistan und Tadschikistan in das zentralasiatische Land ging Wang Wenbin in seiner kurzen Stellungnahme nicht ein. Kasachstans Präsident hatte seine Bündnispartner um Hilfe gebeten. Das autoritär geführte Land erlebt beispiellose Proteste mit Toten und Verletzten.