Saddam: Mit Rhetorik gegen 180'000 Tote
Nach dreiwöchiger Pause ist der Prozess gegen den früheren irakischen Staatschef Saddam Hussein wieder aufgenommen worden. Hussein muss sich dabei mit sechs Mitangeklagten wegen der «Operation Anfal» verantworten.
Dabei wurden in den Jahren 1987 und 1988 laut Anklage bis zu 180'000 Kurden im Nordirak getötet. Eine ehemalige kurdische Kämpferin berichtete dabei am Montag als Zeugin über grausame Szenen, die sich 1987 und 1988 nach Giftgas-Bombardements im Nordirak abgespielt haben sollen.
So hätten im Juni 1987 irakische Flugzeuge ein Tal in den Kurdengebieten bombardiert. Dort war die Frau nach eigenen Angaben für die Peschmerga aktiv, die sich in Iran, im Irak und in der Türkei die Schaffung eines unabhängigen Kurdistans auf die Fahnen geschrieben hatten.
Sie habe gesehen, wie dutzende oder sogar hunderte Menschen durch Giftgas getötet wurden. Die Opfer hätten sich übergeben, vor Schmerzen gewunden und teils ihre Sehkraft verloren. Einige hätten ihr Augenlicht verloren.
Verteidigung
Saddam Hussein ergriff während der Verhandlung am Montag erneut das Wort. Der ehemalige Staatschef verteidigte in seiner Rede die irakische Flagge, die von den autonomen kurdischen Behörden nicht als nationales Symbol anerkannt wird. Nach wenigen Sätzen wurde jedoch sein Mikrofon abgeschaltet.
Saddam Hussein ist angeklagt wegen Völkermordes, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Unter den Mitangeklagten ist auch der wegen seines Einsatzes von Giftgas «Chemie-Ali» genannte Ali Hassan el Madschid.
Als Generalstabschef für den Norden des Irak soll er von seinem Cousin Saddam Hussein den Auftrag bekommen haben, gegen die Kurden vorzugehen. Der Prozess war am 21. August eröffnet und zwei Tage später auf Antrag der Verteidung vertagt worden.
Im Fall einer Verurteilung droht Saddam Hussein wie in einem weiteren gegen ihn laufenden Verfahrens wegen eines Massakers an 148 Schiiten die Todesstrafe. (sda)