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Auf dem Weg in den Final«Sah mich bereits als Verlierer»

Für Roger Federer geht ein heissersehnter Traum in Erfüllung: der Gewinn einer Olympia-Medaille im Einzel. Auf dem Weg ins Finale durchlebte er jedoch eine Achterbahn der Gefühle.

Monika Reinhard
London
von
Monika Reinhard
,
London

Sieben lange Tage musste die Schweiz auf ihre erste Medaille bei den Olympischen Sommerspielen in London warten. Für Sportfans eine fast unterträgliche Ewigkeit. Roger Federer musste sich hingegen noch viel länger gedulden. Zwölf Jahre sind nämlich vergangen, seit der Baselbieter bei seiner ersten Olympia-Teilnahme als Vierter haarscharf am Podest vorbeischrammte.

Obwohl «King Roger» seither das Männer-Tennis dominierte - für Edelmetall im Einzel hat es bei Olympischen Spielen nie gereicht. Bis jetzt. Seit Freitag steht fest: Federer wird am Sonntag auf dem Treppchen stehen. Ob er sich dann auch Olympiasieger nennen darf, wissen wir erst nach dem Finalspiel gegen den Briten Andy Murray.

Der Weg in ebendieses Endspiel war für den Schweizer beschwerlich. Fast viereinhalb Stunden lieferte sich Federer ein hartumkämpftes Duell mit dem Argentinier Juan Martin Del Potro. Den ersten Satz gab Federer 3:6 ab. Durchgang 2 entschied die Weltnummer 1 erst im Tie-Break für sich - und im dritten Satz begann ein Tennis-Marathon, der schliesslich mit 19:17 zu Gunsten des Maestros endete.

«War sehr angespannt»

«Ich war sehr angespannt. Ihr habt es sicher gehört: Ich habe mich selber gepusht, ich habe mich sehr stark angestrengt», so ein sichtlich erschöpfter Roger Federer nach der Partie. «Ich sah mich bereits mehrfach als Verlierer in diesem Spiel. Gleichzeitig habe ich mich aber auch mit einer Medaille gesehen. Ich habe viele Emotionen durchlebt und habe gehofft, dass ich da als Sieger rauskomme.» Dass er jetzt eine Medaille auf sicher habe, sei ein sehr schöner Moment in seinem Leben. «Ich hoffe auch, dass ich damit andere Schweizer Athleten zu guten Leistungen an diesen Olympischen Spielen antreiben kann», so Federer.

Klar habe er Druck verspürt, weil es um die erste Schweizer Medaille gegangen sei. «Das war ich mir auch bewusst», sagt der Baselbieter. «Aber das ist auch eine grosse Chance. Als Athlet muss man den Druck mögen, wenn man um grosse Sachen spielen will. Und die Medaillen sind jetzt nun mal das Grösste an der Olympiade und im Sport.» Er sei den Halbfinal mit der Einstellung angegangen, das Endspiel erreichen zu wollen. «Mit einem Tag Pause weisst du nicht, was im Final möglich ist. Ob der Match um die Bronze-Medaille einfacher sein wird, das weiss ich nicht. Deshalb habe ich mir gesagt: Probieren wir doch mal, den Final zu erreichen. Dann schauen wir weiter.»

Im Kopf schon beim Bronze-Spiel

Es sei ihm viel durch den Kopf gegangen, so Federer. Zum Schluss der Partie sei ihm noch extremer bewusst geworden, dass er sich in der Nähe einer Medaille befinde. Doch auch das Negativ-Szenario liess ihn nicht los. «Ich habe mir schon vorgestellt, wie ich mich wieder aufrapple fürs Bronzespiel. Das war schon 2000 sehr hart.» Damals sei er emotional völlig ausgelaugt gewesen von der Niederlage im Halbfinal. «Allerdings hatte ich zu dem Zeitpunkt noch wenig Erfahrung und spielte noch nicht auf diesem Niveau.»

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