Spezielles Projekt: Saudi-Arabien will Stadt nur für Frauen bauen

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Spezielles ProjektSaudi-Arabien will Stadt nur für Frauen bauen

Frauen und Männer an einem Arbeitsplatz? Das geht in Saudi-Arabien aufgrund der strikten Geschlechtertrennung kaum. Eine reine Frauen-Stadt soll das weibliche Geschlecht in den Arbeitsmarkt integrieren.

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ske
In Saudi-Arabien dürfen Frauen nicht Autofahren und auch selten am gleichen Ort wie Männer arbeiten.

In Saudi-Arabien dürfen Frauen nicht Autofahren und auch selten am gleichen Ort wie Männer arbeiten.

In kaum einem anderen Land sind die Geschlechter so strikt voneinander getrennt wie in Saudi-Arabien. Mit der neuesten Idee in Sachen Geschlechtertrennung überrascht jetzt aber sogar das Königreich. In Kürze soll nämlich eine Stadt nur für Frauen gebaut werden – und dies ganz zum Wohle des weiblichen Geschlechts. Bereits in einem Jahr soll die Stadt Hofuf bewohnbar sein, schreibt der «Guardian».

In Saudi-Arabien gilt die Scharia. Frauen ist es nicht einmal erlaubt, Auto zu fahren. Doch diese Regeln haben auch wirtschaftliche Folgen. Nur 15 Prozent der Arbeitskräfte sind Frauen. Die meisten von ihnen haben Stellen, die auch nur an Frauen vergeben werden. Zwar hat die Anzahl gemischter Arbeitsplätze zugenommen, doch sie ist immer noch gering.

Mehr Frauen an die Arbeit

Die Frauen-Stadt soll eine Wende herbeiführen. Sie soll mehr Frauen ermöglichen, zu arbeiten und finanziell unabhängig zu werden – trotz vorgeschriebener Geschlechtertrennung. Prinz Mansur bin Miteb bin Abdulaziz, Minister für städtische und ländliche Angelegenheiten, hat den Plan bereits genehmigt, wie ein Sprecher laut «Guardian» bestätigte. Frauen sollen so eine wichtigere Rolle bei der Entwicklung des Landes übernehmen.

Laut Berichten in arabischen Medien soll Hofuf nicht die einzige Frauen-Stadt bleiben. Es seien mindestens vier ähnliche Städte geplant, die sich explizit an Unternehmerinnen, Angestellte und Arbeitgeberinnen richtet. Die für die Entwicklung von Industriestädten zuständige saudi-arabische Behörde Modon ist für das Projekt verantwortlich. Der stellvertretende Direktor Saleh al-Rasheed sieht darin viel Potenzial: «Ich bin sicher, dass Frauen ihre Produktivität zeigen können und in Berufszweigen glänzen werden, die ihrem Wesen, ihren Interessen und ihren Fähigkeiten entsprechen.»

5000 neue Stellen in den Bereichen Textilien, Pharmazie und Nahrungsmittel werden erwartet. Alle Firmen und Produktionslinien sollen von Frauen geführt werden. Laut Modun ist der Standort Hofuf hierfür ideal, weil man auch in der Nähe leben könne. Zudem seien dort Umgebung und Arbeitsbedingungen mit der Privatsphäre von Frauen gemäss islamischer Regeln konform.

Geschäftsfrauen lancierten das Projekt

Die Idee für das Projekt stammt laut der Tageszeitung «Al Eqtisadiah» von mehreren saudischen Geschäftsfrauen. Eine davon, Hussa al-Aun, hat sich gegenüber dem Blatt geäussert: «Die neue Industriestadt sollte ein spezialisiertes Trainings-Center haben, das Frauen hilft, ihre Talente zu entwickeln und in Fabriken zu arbeiten. Das ist sehr wichtig, um die Arbeitslosigkeit bei Absolventinnen zu verringern.»

Tatsächlich fällt es vielen Frauen schwer, eine Stelle zu finden. Immer mehr Firmen verlangen laut einer aktuellen Gallup-Untersuchung, dass nur Frauen angestellt werden, die ledig sind. Falls sie verheiratet sind, dürften sie zumindest auf keinen Fall schwanger sein. Damit seien staatliche Vorschriften verletzt worden, heisst es beim Ministerium für städtische und ländliche Angelegenheiten.

Frauen wollen finanzielle Unabhängigkeit

Bereits vor einem knappen Jahr hat König Abdullah Schritte in die Wege geleitet, um die strikte Geschlechtertrennung aufzulockern. Er selbst hat angekündigt, dass Frauen 2015 bei lokalen Wahlen abstimmen könnten. Im Januar hat die Regierung zudem durchgesetzt, dass saudische Frauen in Lingerie- und Kosmetik-Geschäften arbeiten dürfen. Die Frauenrechtsaktivistin Reem Asaad hatte geklagt, dass es unlogisch sei, dass Frauen von männlichen Verkäufern Unterwäsche kaufen dürften. Bis Ende Jahr sollen Frauen auch alle männlichen Verkäufer ersetzen, die Abayas, den traditionellen schwarzen Mantel verkaufen.

Die Frauen-Stadt könnte ein Erfolg werden. Frauen haben nämlich klare Vorstellungen, was sie sich von Arbeit erhoffen. Vergangenen Monat hat eine Umfrage unter arbeitenden Frauen ergeben, dass 85 Prozent von ihnen grössere finanzielle Unabhängigkeit durch ihre berufliche Karriere erlangen wollen. Mit der einen oder anderen Frauen-Stadt könnte dies bald für noch mehr Frauen möglich werden.

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