Public Eye AwardSchmähpreis geht an Gazprom und GAP
Es ist die Auszeichnung für rücksichtsloses Geschäftsgebaren: der Public Eye Award. Die Negativ-Oscars gehen an den US-Textilriesen Gap und an den Ölkonzern Gazprom.
- von
- sas
Kein Champagner, keine Feiern, keine vor Selbstlob strotzende Medienmitteilung. Den Public Eye Award will niemand haben. Es ist die Auszeichnung für besonders rücksichtsloses Geschäftsgebaren, die die globalisierungskritischen Organisationen Erklärung von Bern (EvB) und Greenpeace anlässlich des WEF in Davos verliehen. Der Negativ-Oscar der Jury geht an die US-Textilfirma GAP, die Auszeichnung des Publikums erhielt mit grossem Vorsprung der Ölkonzern Gazprom.
Der Vorwurf an den Textilhersteller: Trotz des Einsturzes einer Industriefabrik in Bangladesch weigert sich die US-Firma das rechtlich verbindliche Abkommen «Accord on Fire and Building Safety in Bangladesh» zu unterzeichnen und setzt laut den Kritikern auf ein Pseudo-Abkommen. Das Unglück forderte 1100 Opfer. «Gap will sich nicht vertraglich dazu verpflichten, dass die Sicherheitsmängel in den Fabriken behoben werden und die Arbeiter das Recht haben, ihre Arbeit unter gefährlichen Bedingungen zu verweigern,» sagte Kalpona Akter, Arbeitsrechts-Aktivistin aus Bangladesch an der Pressekonferenz.
Gazprom: Unfälle und Verhaftungen
Beim Publikumspreis war es eine klare Sache: Von den 280'000 Stimmen gingen 95'275 an Gazprom. Hintergrund, den russischen Ölkonzern als skrupelloseste Firma auszuzeichnen, ist die Suche nach Ölvorkommen in der Arktis. In diesem Zusammenhang wurden 30 Aktivisten, die von einem Schiff aus gegen die geplanten Bohrungen protestiert hatten, verhaftet. Unter den für drei Monate inhaftierten Personen befand sich auch der Schweizer Aktivist Marco Weber.
Laut Kritikern sind Ölbohrungen in der Arktis besonders riskant, zudem fehle Gazprom ein richtiger Notfallplan. «Die Bilanz betreffend Sicherheit der bisherigen Bohrungen ist erschreckend. Überall auf der Welt wird Gazprom für mangelhafte Vorkehrungen im Bereich der Sicherheit öffentlich verurteilt», so Kumi Naidoo von Greenpeace International. Im Dezember 2011 starben 53 Mitarbeiter, als die Gazprom-Bohrinsel Kolskaya kenterte. Im selben Jahr verursachte Gazprom allein an Land 872 Ölunfälle - mehr als jeder andere Ölkonzern.
Schweizer entgehen der Schmach
Für den Publikumspreis nominiert waren auch die Fifa und der Schweizer Agrochemiekonzern Syngenta. Der Weltfussballverband mit Sitz in Zürich soll wegen der Weltmeisterschaften in Brasilien hunderttausende von Menschen vertrieben haben. Das reichte für 54'324 Stimmen.
Syngenta wurde vorgeworfen, durch die Herstellung von Pestiziden für das Bienensterben verantwortlich zu sein.
Seit 2005 verleihen Nichtregierungsorganisationen am WEF die Auszeichnung an in ihren Augen verantwortungslose Unternehmen. Zu den «Gewinnern» gehören auch regelmässig Firmen aus der Schweiz - so beispielsweise Nestlé, Novartis, Glencore, die Bernischen Kraftwerke (BKW), Roche und Syngenta.