Murten FRSchule nimmt Teenager tagelang das Handy weg
Schulen im Kanton Freiburg dürfen bei Verstössen gegen das Handyverbot die Geräte bis zu zwei Wochen einziehen. Diese Massnahme sorgt für Kritik.
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Gemäss der SRF-Konsumentenmagazin «Espresso» können Schulen im Kanton Freiburg ihren Schülern das Smartphone bis zu zwei Wochen lang entziehen, wenn diese das entsprechende Verbot während der Unterrichtszeit missachten. Ein Schüler hat das in Murten am eigenen Leib erfahren.
Wie «Espresso» berichtet, nahm die Schule dem 15-Jährigen im Februar das Gerät für drei Tage weg. Brisant daran: Der Schüler erwartete dringende Anrufe zweier Betriebe wegen einer Schnupperlehre. Nur weil die Eltern intervenierten, durfte der Jugendliche ab und zu einen Blick auf sein Telefon werfen, um von zu Hause aus auf die verpassten Anrufe reagieren zu können.
Für Roger Weihermann, der Vater des bestraften Schülers, ist das Handy-Verbot während der Schulzeit gerechtfertigt. Warum sein Sohn das Telefon nach Schulschluss nicht zurückbekomme habe, verstehe er aber nicht, so Weihermann.
«Unverhältnismässige Erziehungsmassnahme»
Laut Bernhard Waldmann, Rechtsprofessor an der Universität Freiburg, ist das mehrtägige Einziehen eines Smartphones als erzieherische Massnahme unverhältnismässig, zumal es über die Unterrichtszeit hinaus geht. Die Grundrechte der Schüler auf Kommunikation und Eigentum würden dadurch verletzt, so Waldmann gegenüber «Espresso».
Weiter bemängelt er, dass die Konfiszierung im Kanton Freiburg nicht in einem schriftlichen Verfahren durchgeführt werde, wie das sonst bei disziplinarischen Massnahmen üblich sei. Dies bedeute, dass Schüler und deren Eltern die Konfiszierung des Smartphones nicht anfechten könnten, so Waldmann.
Effiziente Handy-Konfiszierung
Andreas Maag, der Vorsteher des kantonalen Amts für deutschsprachigen obligatorischen Unterricht im Kanton Freiburg, verteidigt die Regelung gegenüber SRF. Die Schuldirektoren hätten nach einer solchen verlangt, um eine rechtliche Grundlage für den Smartphone-Entzug zu haben, erklärt Maag. Es handle sich um eine sehr effiziente Massnahme. Ihm sei jedoch bewusst, dass sie rechtlich heikle Bereiche betreffe. Dennoch gebe es bisher keinen Gerichtsentscheid, der die Regelung infrage stelle, so Maag zu «Espresso».
«Verhaltensregeln sind Sache der Schulleitung»
Beat W. Zemp, Präsident des Schweizerischen Lehrerverbands, sagt zu 20 Minuten, dass solche Verhaltensregeln Sache der jeweiligen Schulleitung oder Schulbehörde sind:
«Im Rahmen des Anstaltsrechts darf jede Schule Regeln bezüglich der Kleidung, des Verhaltens und deshalb auch bezüglich der Handynutzung erlassen. Diese müssen jedoch verhältnismässig sein und zwingend den Eltern kommuniziert werden.»
Ob eine solche mehrtägige Konfiszierung des Smartphones verhältnismässig sei oder eben nicht, sei vom Einzelfall abhängig und könne gegebenenfalls von einer Rekursinstanz überprüft werden, so Zemp. «Grundsätzlich kann eine mehrtägige Konfiszierung eines Smartphones als erzieherische Massnahme abhängig von der Schwere des Vergehens durchaus Sinn machen. Dabei ist aber zu beachten, dass eine solche Konfiszierung ein grosser Eingriff in die Privatsphäre eines Schülers darstellt.»
«Wir reden Schulen nicht rein»
Der Lehrerverband gibt gemäss Zemp keine entsprechenden Empfehlungen oder Weisungen heraus. «Regeln für den Umgang mit dem Smartphone müssen auf das jeweilige Schulhaus und die Schulstufe abgestimmt werden. Denn jede Schule macht unterschiedliche Erfahrungen mit Smartphones und deren potenziell problematischer Nutzung. Wünschenswert sei es, wenn die Schule gemeinsam mit dem Elternrat Smartphone-Nutzungsregeln ausarbeite und dann auch durchsetzten, so Zemp.
So handhaben es andere Kantone
Im Kanton Basel-Landschaft sieht die Verordnung laut Bernhard Waldmann vor, dass Smartphones spätestens am Ende des gleichen Tages wieder zurückgegeben werden. Im Kanton Zürich können die Geräte zwar länger als einen Tag weggeschlossen werden, allerdings nur mit Einverständnis der Eltern.