NachhaltigkeitSchweiz produziert mehr Müll als die Nachbarn
712 Kilogramm Abfall fallen in der Schweiz jährlich pro Person an. Schlechter schneiden fast nur die USA ab, wie eine Studie zeigt.
- von
- F. Lindegger
Grundsätzlich steht die Schweiz gut da, was die Ziele der nachhaltigen Entwicklung der UNO angeht: Von 34 untersuchten OECD-Ländern landet die Schweiz in einer Studie der Bertelsmann Stiftung auf den fünften Platz. Die Autoren der Studie zählen die Schweiz deshalb zu den «Fit Five». Zu jenen Ländern also, die die UN-Ziele bereits zu einem grossen Teil erfüllen. Die vordersten Plätze bei der Untersuchung teilen sich die skandinavischen Staaten Schweden, Norwegen, Dänemark und Finnland. Am schlechtesten werden die Ziele zurzeit in Mexiko, der Türkei, Ungarn, Chile und Griechenland erreicht.
In einigen Bereichen gibt es aber noch grosses Verbesserungspotenzial: Besonders schlecht schneidet die Schweiz etwa bei der Menge der anfallenden Siedlungsabfällen ab: Pro Jahr und Kopf fallen 712 Kilogramm Abfälle an. Schlechter stehen nur Dänemark und die USA da. Zum Vergleich: Am wenigsten Siedlungsabfälle fallen in Estland mit 293 Kilogramm pro Kopf und Jahr an. Auch in Island oder Japan ist der Müllberg mit 347 beziehungsweise 354 Kilogramm weniger als halb so gross.
Feinstaubbelastung ist hoch
«Die hohe Menge an Abfall hängt vor allem mit dem Wohlstand zusammen», sagt Christoph Hugi, Professor für Nachhaltiges Ressourcenmanagement an der Fachhochschule Nordwestschweiz, zu 20 Minuten. So falle etwa immer mehr Elektroschrott an oder Lebensmittel würden vermehrt portionenweise abgepackt, erklärt Hugi. Immerhin: Rund die Hälfte der Siedlungsabfälle wird in der Schweiz rezykliert.
Ebenfalls problematisch ist laut der Studie die Feinstaubbelastung. Fast ein Drittel der Schweizer Bevölkerung (28 Prozent) leidet unter einer zu hohen Belastung – vor allem in den Agglomerationen und Städten. Im Vergleich der 34 Staaten belegt die Schweiz damit nur Rang 28. Im OECD-Durchschnitt beträgt der Wert 12,5 Prozent.
Auch bei der Biodiversität gehört die Schweiz nicht zu den Musterschülern. Ein guter Indikator für den Schutz der Biodiversität sei laut den Autoren der Studie die rote Liste der OECD für Vögel. In der Schweiz sind demnach rund 35 Prozent der Vogelarten bedroht. Am besten schneidet die Türkei ab, wo nur vier Prozent der Vogelarten bedroht sind. Ebenfalls unterdurchschnittlich ist in der Schweiz der Wert der geschützten natürlichen Lebensräume.
Sicher und kaum Korruption
Erfreulich schneidet die Schweiz dafür bei den gesundheitlichen Entwicklungszielen ab: So können Personen in der Schweiz damit rechnen, 72 Jahre bei voller Gesundheit zu leben. Beim Spitzenreiter Japan beträgt dieser Wert 75 Jahre. Gar den höchsten Wert aller untersuchten Staaten erreicht die Schweiz bei der selbst eingeschätzten Lebenszufriedenheit.
Auch bei den Zielen im wirtschaftlichen Bereich steht die Schweiz gut da. Die Zahlen zum nachhaltigen Wirtschaftswachstum und der Beschäftigungsquoten gehören zu den besten aller untersuchten OECD-Staaten. Eher mittelmässig schneidet die Schweiz hingegen in Sachen Gleichstellung der Geschlechter ab. Etwa beim Lohnunterschied zwischen Frauen und Männern.
Die Bertelsmann-Studie sieht die Schweiz generell als einen begehrenswerten Ort zum Arbeiten und Leben. Die Gründe dafür sind unter anderem ein gut funktionierendes Rechtssystem oder die kaum vorhandene Korruption bei öffentlichen Behörden. Mit einer Mordrate von 0,7 pro 100'000 Einwohnern gehört die Schweiz zudem zu den sichersten der untersuchten Staaten. Luxemburg ist mit einem Wert von 0,2 noch sicherer, Mexiko bildet mit einem Wert von 18,9 mit grossem Abstand das Schlusslicht.
UNO-Ziele
Die Ziele der nachhaltigen Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDDs) sind politische Zielsetzungen der UNO. Insgesamt umfassen diese 17 Punkte, die von der Beseitigung von Armut und Hunger bis zu Massnahmen gegen den Klimawandel reichen. Das finale Dokument soll auf dem UNO-Gipfel vom 25.-27. September in New York verabschiedet werden. (lin)