Zwangsferien in Sicht: Schweizer «Autoindustrie» gerät ins Schleudern

Aktualisiert

Zwangsferien in SichtSchweizer «Autoindustrie» gerät ins Schleudern

Autohersteller drosseln weltweit ihre Produktion, motten Werke ein und verordnen Zwangsferien. Das nimmt auch die Schweizer Autozulieferer stark mit. Am stärksten dürfte Rieter die Krise zu spüren bekommen.

von
Werner Grundlehner

Als «nur noch dramatisch» bezeichnet Patrick Laager, Analyst der Bank Vontobel, die Lage der Automobilzulieferer. Für die an der Börse gehandelten Titel der Schweizer Branchenvertreter unterscheidet er in der Einschätzung nur noch zwischen «negativ» und «sehr negativ». «Man muss sich vor Augen führen, dass die US-Autoindustrie noch viel schlechter unterwegs ist als die europäische. Gerade die Deutschen sind viel innovativer, beispielsweise im Thema Energieeffizienz», ergänzt der Analyst. Die Krise habe aber schnell über den Atlantik gegriffen.

Davon zeugen die PW-Absatzzahlen im September: In den USA brach der Verkauf um 27 Prozent ein, in Europa um 8 Prozent. Dabei habe der September zwei Verkaufstage mehr gehabt und sei wegen neuer Modelle für das nächste Jahr und Rabatten auf den bisherigen Modellen normalerweise ein umsatzstarker Monat.

«20 Prozent der Zulieferer machen Konkurs»

Für Deutschland rechnet der Branchenexperte Ferdinand Dudenhöffer in den Zulieferbetrieben von VW, Opel und Daimler mit bis zu 50 000 Stellenstreichungen. 20 Prozent der deutschen Zulieferer werden seiner Meinung nach Konkurs gehen.

Laager teilt diese Einschätzung nicht. In der Schweiz sehe die Lage anders aus, weil sich die hiesigen Autozulieferer sehr spezialisiert hätten und die grösseren Unternehmen wie Georg Fischer, Komax, Mikron, Feintool, Sika und Tornos über weitere Standbeine ausserhalb der Autobranche verfügten.

Gemäss einer Studie der ETH Zürich beschäftigen die Schweizer Autozulieferer 34 000 Mitarbeiter und erzielen einen Umsatz von 16 Milliarden Franken. Von 310 Unternehmen arbeiten 53 ausschliesslich für die Automobilindustrie.

US-Abhängigkeit schadet Rieter

In grosse Schwierigkeiten kommen dürfte Rieter. Das Unternehmen aus Winterthur ist eng mit den «Big three» in Detroit - also GM, Chrysler und Ford - verbandelt. Ein Viertel des Autoumsatzes erzielen die Winterthurer mit US-Konzernen. Im Bereich Textilmaschinen, dem anderen wichtigen Bereich von Rieter, sieht die Lage wegen des globalen Wirtschaftsabschwungs ebenfalls dramatisch aus. «Während Textil sich schon immer zyklisch verhielt, ist das Ausmass des Rückschlags für Automobilzulieferer doch überraschend», fügt Vontobel-Analyst Laager an.

Georg Fischer macht sich unentbehrlich

Auch die Industrie wurde auf dem falschen Fuss erwischt. Noch Anfang Oktober gab Georg Fischer dem «Tages-Anzeiger» zu Protokoll: «Wir spüren die Finanzkrise, aber nicht drastisch.» Das dürfte sich geändert haben. Laager ergänzt indes: «Georg Fischer ist innovativ und spezialisiert, die Gussteile des Konzerns können nicht einfach ersetzt werden.» Zudem läuft das übrige Geschäft, beispielsweise mit Ausrüstungen von Gas- und Wasserversorger noch erfreulich.

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