Schweizer Bauern befürchten Milliarden-Verluste
Die Schweizer Bauern befürchten wegen dem Abbau von Zöllen im Rahmen der WTO-Agrarverhandlungen Einnahmeausfälle von 2,5 Milliarden Franken jährlich.
Sie sprechen sich deshalb gegen eine einheitliche Begrenzung der Höchstzölle auf 100 Prozent aus.
Dieses so genannte «Capping» hätte für die Schweizer Landwirtschaft verheerende Folgen, sagte Jacques Bourgeois, Direktor des Schweizerischen Bauernverbandes (SBV), am Montag vor den Medien in Bern. Es könnte zu Erlös-Einbussen im Umfang bis 25 Prozent führen.
Der Verband spreche sich für eine differenzierte und flexible Reduktion der Zölle aus, sagte Bourgeois, die der strategischen Bedeutung der Produkte entspreche. Bei einem leichteren Markzutritt für Produkte aus billigeren Ländern komme es wegen der hohen Preise in der Schweiz sowieso zu schmerzliche Einkommenseinbussen.
Multifunktionalität der Landwirtschaft
Der Verband bemängle auch, dass in der laufenden Verhandlungsrunde der Welthandelsorganisation (WTO) die Multifunktionalität der Landwirtschaft kaum berücksichtigt werde. Es werde fast ausschliesslich über die Verbesserung des Marktzutrittes, den Abbau der internen Stützung und die Zukunft der Exportsubventionen verhandelt, sagte Bourgeois.
Produktionsunabhängige Abgeltungen an die Landwirtschaft sollen aber laut Bourgeois nicht angetastet werden. Dazu gehörten Direktzahlungen, die gemeinwirtschaftliche Leistungen wie die Erhaltung des Lebensraums abgelten, die Pflege der Kulturlandschaft und die Aufrechterhaltung der dezentralen Besiedlung.
Bourgeois bemängelte auch, dass einheitliche Handelsregeln angestrebt würden, ohne die Produktionsmethoden und -standards miteinzubeziehen. Dadurch könnten nationale Gesetze mit Importen unterlaufen werden. Abhilfe schaffen sollte ein Register für geografische Herkunftsangaben und klare Deklarationvorschriften.
Zum Vorteil grosser Agrarexporteure
Die sich abzeichnenden Konturen eines neuen Agrarabkommens würden vor allem einigen wenigen grossen agrarexportierenden Länder dienen, sagte der Genfer FDP-Nationalrat und SBV-Vizepräsident John Dupraz. Das zeige die abwehrende Haltung dieser Länder gegenüber Vorschlägen zur Abschaffung von Exportsubventionen.
Der Verband spreche sich für ein ausgewogenes Abkommen aus, das den Eigenheiten der Landwirtschaft in den verschiedenen Staaten Rechnung trage. Auch die Schweiz als Nettoagrarimporteur solle sich für die Koexistenz verschiedener landwirtschaftlicher Produktionssysteme einsetzen, sagte Dupraz.
Druck der Wirtschaft
Auch an der innenpolitischen Front sprach sich der Verband gegen Druckversuche aus. Wirtschaftskreise würden immer unverhohlener Druck ausüben, sagte SBV-Direktor Hansjörg Walter. Laut dem Thurgauer SVP-Nationalrat sind diese «Angriffe unangebracht und unverhältnismässig».
Der Landwirtschaft werde von der übrigen Wirtschaft immer heftiger vorgeworfen, sie verhindere einen raschen Abschluss der WTO-Verhandlungen, sagte Walter. Doch auch die Landwirtschaft habe Interesse an einer prosperierenden Wirtschaft und einem modernen Regelwerk für den internationalen Handel.
Aber die Bauern seien auf Regeln angewiesen, die ihnen faire Chancen einräumen und ihren Besonderheiten Rechnung tragen. Gegenwärtig liefen aber die WTO-Agrarverhandlungen in die entgegengesetzte Richtung, sagte Walter. Der Schweizer Landwirtschaft drohe damit die Grundlage für die Entwicklung entzogen zu werden.
(sda)