Weg vom Tabu-ThemaSchweizer Nati schwört auf Training nach Menstruationszyklus
Der Umgang von Sportlerinnen mit der Periode während eines Wettkampfs ist bisher meist ein Tabu. Im Frauen-Fussball setzen jedoch Vereine auf das Training nach Zyklus. Auch die Schweizer Nati tut dies.
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Darum gehts
Anfang 2020 passten die Chelsea-Frauen als erster Verein weltweit das Training an den Menstruationszyklus an. Medien weltweit berichteten über das Projekt, das von Trainerin Emma Hayes initiiert wurde. Mittlerweile sind mehr als zwei Jahre vergangen. In den Frauen-Fussball werden weltweit viele Millionen Franken gebuttert. Der Sport professionalisiert sich immer mehr. Und Chelsea ist nicht mehr das einzige Team, das auf das Training nach Zyklus setzt.
Auch die Schweizer Nati, die am Sonntag gegen die Niederlande um den EM-Viertelfinal kämpft, tut es. Über die Menstruation wird beim Team von Nils Nielsen offen gesprochen, als Tabu-Thema schaut es im Schweizer Camp niemand an. «Die Periode gehört genauso zum Trainingsalltag wie taktische oder andere physische Aspekte», sagt Mélanie Pauli, die Athletik-Trainerin der Nati, im Gespräch mit 20 Minuten.
«Es gibt Lösungen, wenn eine Spielerin Schmerzen hat»
Sämtliche Daten zur Periode von jeder Spielerin werden online gespeichert und analysiert. Während der ersten Zyklushälfte und um den Eisprung herum ist Krafttraining etwa besonders effektiv. Der Grund sind ansteigende Östrogene, die einen aufbauenden Effekt haben. Sind Spielerinnen in der zweiten Zyklushälfte, sollte die Trainingsintensität reduziert werden. Pauli: «Im Fussball kann man alles rund um den Trainingsinhalt beeinflussen. Das heisst: Aktivierung, Ernährung, Regeneration und Belastungssteuerung.» Der Cheftrainer müsse offen dafür sein.
Nils Nielsen ist das. Gegenüber 20 Minuten betont der Nati-Coach die Wichtigkeit des Trainings nach Zyklus. Er gibt aber auch zu: «Die Ärzte und Mélanie sagen mir, was eine Spielerin machen kann und was nicht. Ich frage dann auch nicht nach, weil ich nicht mitreden kann.» Nielsens Trainingsarbeit wird also durch die Periode der Spielerinnen beeinflusst – die Aufstellungen ebenso? Der Däne verneint: «Es gibt immer Lösungen, auch wenn eine Spielerin Schmerzen hat. Ich habe nie erlebt, dass jemand wegen der Menstruation nicht spielen kann.»
Leistungssteigerung durch Training nach Zyklus
Wie gross der Effekt des zyklusspezifischen Trainings ist, kann nicht mit absoluter Sicherheit gesagt werden. Hierfür ist es eine zu neue Trainingsmethode, es fehlen mehrjährige Studien dazu. Ein grosses Problem war bisher: Fussballerinnen trainierten immer gleich wie die Männer – und so konnten überhaupt keine Studien darüber gemacht werden, welche Vorteile das zyklusspezifische Training haben kann.
Die Spielerinnen schwärmen jedoch bereits jetzt. Nati-Goalie Gaëlle Thalmann sagt gegenüber SRF, dass sie einen Einfluss des Zyklus auf ihre Leistung bemerke. Ihre Teamkollegin Luana Bühler meint: «Ich kann durch das spezifische Training nicht nur effektiver trainieren, sondern verhindere auch Verletzungen.»
Bei GC ist es geplant, beim FCB nicht
In der Schweiz setzen Servette und Zürich auf das Training nach Zyklus. Wobei insbesondere bei den Meisterinnen aus Zürich das Ganze noch nicht so detailliert abläuft, wie bei der Nati. Der Club stellt den Spielerinnen Tools zur Verfügung, um den eigenen Zyklus zu erforschen. Der FCZ teilt mit: «Wir tasten uns immer mehr an das Training nach Menstruationszyklus an.»
20 Minuten hat bei anderen Clubs der Women’s Super League nachgefragt, warum sie es nicht machen. GC-Sportchefin Lara Dickenmann sagt: «Aufgrund des Trainerwechsels liegen zu Beginn der Vorbereitung die Prioritäten auf anderen Dingen.» Training nach Zyklus sei jedoch geplant, auch weil es sich die Spielerinnen wünschen würden. Beim FC Basel nimmt man «Rücksicht auf die Zyklen der Spielerinnen und bringt ihnen auch viel Verständnis entgegen, sollten sie Regelbeschwerden haben.» Ein spezielles Training habe der Verein aber in naher Zukunft nicht vor.
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