Rahmenvertrag: Schweizer Politiker umgarnen EU-Chefunterhändler bei Znacht

Publiziert

RahmenvertragSchweizer Politiker umgarnen EU-Chefunterhändler bei Znacht

Der EU-Chefunterhändler ist am Donnerstag in der Residenz des Schweizer Botschafters zum Abendessen geladen. Eine Schweizer Delegation versucht, ihm Zugeständnisse abzuringen.

1 / 5
Stefano Sannino ist stellvertretender Generalsekretär im Europäischen Auswärtigen Dienst und der für das institutionelle Abkommen zuständige Chefunterhändler der Europäischen Union.

Stefano Sannino ist stellvertretender Generalsekretär im Europäischen Auswärtigen Dienst und der für das institutionelle Abkommen zuständige Chefunterhändler der Europäischen Union.

Imago
Die Schweiz und die EU verhandeln seit 2014 über das institutionelle Rahmenabkommen. 

Die Schweiz und die EU verhandeln seit 2014 über das institutionelle Rahmenabkommen.

KEYSTONE
Die Residenz des Schweizer Botschafters. 

Die Residenz des Schweizer Botschafters.

Darum gehts

  • Hinter den Kulissen suchen Parlamentarier nach einem Ausweg aus der Sackgasse in der Europapolitik.

Die Kritik am EU-Rahmenabkommen ist in den letzten Tagen in der Schweiz lauter geworden. Am Donnerstagabend versucht nun eine Gruppe von acht Parlamentariern, das umstrittene Abkommen doch noch zu retten. Sie treffen in der Residenz des Schweizer Botschafters in Brüssel den EU-Chefunterhändler Stefano Sannino zum Abendessen.

Ein Vertreter der Schweizer Delegation scherzt: «Wir werden versuchen, den Chefunterhändler am Ende mit einem Kirsch versöhnlich zu stimmen.» Dabei sind Vertreter von Grünen bis SP, nicht aber der SVP, die den Rahmenvertrag per se ablehnt.

Erklären der Schweizer Position

Klar ist: Die EU erwartet, dass die Schweiz das vorliegende Rahmenabkommen möglichst schnell ratifiziert. FDP-Nationalrat und Delegationsmitglied Hans-Peter Portmann sagt, man werde in Brüssel darlegen, dass die Schweiz in den strittigen Punkten wie der Übernahme der Unionsbürgerrichtlinie Garantien brauche. «Ansonsten hat das Abkommen weder im Parlament noch in einer Volksabstimmung eine Chance. Das ist eine klare Botschaft.»

Anders als Pfister gibt Portmann den Rahmenvertrag noch nicht verloren. «Es gibt keine Alternative. Der EU sind Spezialabkommen mit Drittstaaten schon lange ein Dorn im Auge.» Portmann sagt, der EU werde der Geduldsfaden reissen, wenn der Bundesrat das Dossier weiterhin auf die lange Bank schiebe. «Der Druck wird steigen. Die EU wird bestehende bilaterale Abkommen nicht mehr aktualisieren, neue Abkommen blockieren.»

SVP erwartet Abbruch der Verhandlungen

Auch sei die Gefahr gross, dass die EU die Schweiz von der Beteiligung am Forschungsprogramm Horizon Europe ausschliesse. All das sei Gift für den Standort Schweiz. Für Portmann ist klar: «Scheitert der Rahmenvertrag, ist unser Wohlstand gefährdet, sodass die nächste Wählergeneration der EU beitreten wird.»

Aufgrund der Quarantänesituation hat SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi die Reise nicht angetreten. Er sagt, dass ein solches Abendessen die Position Brüssels nicht ändere. «Meine Erwartung ist es, dass man die Verhandlungen über eine institutionelle Einbindung abbricht. Es macht Sinn, bilaterale Lösungen zu finden, etwa beim Schienen-, Strassen- oder Luftverkehr oder bei der Stromversorgung. Aber eine Aufgabe der Souveränität ist nicht akzeptabel.»

Der Rahmenvertrag

Die EU macht seit Jahren klar: Will die Schweiz weiterhin garantierten Zugang zum EU-Binnenmarkt, muss sie ein institutionelles Abkommen abschliessen. Der Entwurf liegt seit Ende 2018 vor – der Bundesrat hat ihn aber nicht paraphiert. Umstritten sind mehrere Punkte des Vertrags, etwa Änderungen bei den Massnahmen zum Schutz der hiesigen Löhne. Zudem würde ein Schiedsgericht installiert, um Streitigkeiten bei der Auslegung der bilateralen Verträge beizulegen. Für das Schiedsgericht ist bei gewissen Vertragsstreitigkeiten zwischen der Schweiz und der EU die Auslegung des Europäischen Gerichtshofes verbindlich.

Deine Meinung

291 Kommentare