Island-Sticker am Auto: Schweizer Polizei hält Touristen für Terroristen

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Island-Sticker am AutoSchweizer Polizei hält Touristen für Terroristen

Ein belgisches Ehepaar fuhr auf seiner Reise nach Sardinien durch die Schweiz. Bei Stans NW wurde es von Polizisten angehalten, denn am Auto klebte ein Nationensticker von Island – kurz: IS.

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Der belgische Fotograf Johan Van Cutsem fuhr Ende März gemeinsam mit seiner Frau nach Sardinien in die Ferien – dabei durchquerten sie mit ihrem Auto auch die Schweiz. Hier mussten sie einen unfreiwilligen Zwischenstopp einlegen: Die Polizei war auf das Fahrzeug aufmerksam geworden.

«Wir waren nahe der Stadt Luzern, als wir bemerkten, dass uns ein Polizeiauto folgte. Es schloss zu uns auf und deutete uns an, dass wir anhalten sollten», sagt Van Cutsem zum Portal mbl.is. «Das taten wir und zwei bewaffnete Polizisten in schusssicheren Westen kamen zu unserem Fahrzeug.» Die Stimmung sei zu diesem Zeitpunkt sehr angespannt gewesen. «Sie starrten uns ein paar Minuten an und ich konnte hören, wie einer von ihnen ins Funkgerät sprach und der andere uns mit der Hand an der Waffe anschaute.»

«Aufkleber erschien verdächtig»

Weshalb die Polizisten derart in Alarmbereitschaft waren, konnte sich das Paar zu diesem Zeitpunkt noch nicht erklären. Die Beamten fragten schliesslich, ob das Paar jemals in Island gewesen sei. Da die beiden den Inselstaat schon etliche Male besucht hatten, bejahten sie.

Die Antwort schien die Beamten zu erleichtern: «Der Polizist wurde freundlicher und entschuldigte sich dafür, uns gestört zu haben», sagt Van Cutsem zum Portal. Daraufhin wurde dem Paar auch der Grund genannt, weshalb es angehalten wurde: Auf dem Heck des Fahrzeugs klebte ein Nationensticker von Island mit dem Kürzel IS. «Der Aufkleber erschien verdächtig, vor allem weil wir ein belgisches Auto fuhren», sagt der Belgier. Zudem ereignete sich der Vorfall nur sechs Tage nach den Anschlägen in Brüssel, zu denen sich die Terrororganisation Islamischer Staat bekannt hatte.

Zwischen gefährlich und harmlos unterscheiden

Auf Anfrage bestätigt die Nidwaldner Kantonspolizei die Kontrolle. Es sei zuvor eine Meldung eingegangen, dass ein Fahrzeug mit belgischem Kennzeichen und einem IS-Aufkleber auf der A2 unterwegs sei. Eine Patrouille machte das Auto ausfindig und führte die Kontrolle durch. Konsequenzen hatte der Aufkleber für das Paar nicht.

Bevor es die Reise fortsetzte, gaben ihm die Polizisten noch einen Tipp: Sie sollten doch den Sticker mit Klebeband abdecken, während sie durch die Schweiz reisten. Van Cutsem zeigt zwar Verständnis gegenüber der Polizei, findet die Aktion jedoch übertrieben. «Wir müssen zwischen gefährlichen Situationen und harmlosen Dingen unterscheiden», sagt er zu HLN.BE. Schliesslich prangte in seinem Fall an einer Fahrzeugtüre ein grosser Aufkleber mit den Worten «North Iceland» – ein deutlicher Hinweis, dass es sich nicht um Terroristen handeln dürfte.

«Polizei macht ihre Arbeit sorgfältig»

Weil ihn die Begegnung mit der Schweizer Polizei nicht losliess, wandte sich der Fotograf schliesslich an die Medien. Er wolle damit Isländer davor warnen, mit einem IS-Sticker durch Europa zu fahren, sagt Van Cutsem zum Newsportal mlb.is. Mittlerweile wird sein Erlebnis in den isländischen und belgischen Medien breit diskutiert. In den Kommentaren stellen sich die Leser jedoch grösstenteils auf die Seite der Schweizer Polizei. «Sie können die Schweizer Polizei doch nicht beschuldigen, wenn sie ihre Arbeit sorgfältig macht», heisst es etwa. Oder: «Wer weiss schon, dass der Aufkleber aus Island stammt?»

Es ist nicht das erste Mal, dass in der Schweiz sehr sensibel auf mögliche Bezüge zur Terrororganisation reagiert wird: Einer Unternehmerin aus Lausanne wurde kürzlich eine Post-Finance-Zahlung verwehrt, weil sie mit Vornamen Isis heisst.

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