Grillsaison: «Schweizer wollen kein deutsches Billigfleisch»

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Grillsaison«Schweizer wollen kein deutsches Billigfleisch»

Warum ist Schweizer Fleisch so teuer? Wer verdient daran? Lohnt es sich, das Fleisch direkt beim Bauern zu kaufen? Ein Interview.

von
rkn

Grillfleisch ist in der Schweiz weltweit am teuersten. (Video: 20M mit Bildern von Keystone)

Wer während der Grillsaison mächtig Würste und Steaks braten will, muss in der Schweiz viel Geld dafür hinlegen. Fleisch kostet hierzulande oft mehr als doppelt so viel wie in den umliegenden Ländern. Gerade in Italien, Deutschland und Frankreich sind etwa Schweinskoteletten wesentlich erschwinglicher als hierzulande, wie Daten der Catering-Plattform Caterwings zeigen:

Was treibt die Fleischpreise in der Schweiz derart in die Höhe? Tilman Slembeck, Wirtschaftsprofessor an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaft, gibt Auskunft.

Herr Slembeck, warum kostet Fleisch in der Schweiz so viel mehr als in den umliegenden Ländern?

Ein Grund dafür sind die Produktionsbedingungen in der Schweiz. So ist etwa das Futtermittel im Vergleich zum Ausland teurer. Zudem gibt es strengere Vorschriften zur Tierhaltung, die einerseits bessere Qualität sicherstellen, andererseits für das Wohl der Tiere sorgen sollen.

Wie wichtig ist die Qualität?

Für den Preisvergleich ist sie sehr wichtig. Schweizer Konsumenten sind sich besseres Fleisch gewöhnt, als in gewissen anderen Ländern angeboten wird. Gehen Sie mal nach Deutschland in einen Discounter. Da bekommen Sie sehr billiges Fleisch – eine so geringe Qualität können Sie bei uns fast nirgends kaufen. Die meisten Schweizer würden das Billigfleisch aber auch gar nicht wollen. Andererseits ist gutes deutsches Fleisch kaum billiger als bei uns.

Welche Rolle spielt der Schweizer Markt?

Er ist ein weiterer Grund für die hohen Fleischpreise. Der Schweizer Markt ist stark vom Ausland abgeschottet, sodass es wenig Konkurrenz von den Nachbarn gibt. Innerhalb der Schweiz gibt es gleichzeitig relativ wenig Wettbewerb. Die ganze Fleischindustrie und -vermarktung ist grösstenteils vertraglich geregelt.

Bauern beklagen sich darüber, dass Händler zu grosse Margen auf Fleisch haben.

Da ist was dran. Auch auf Grosshandelsstufe herrscht wenig Wettbewerb. Dadurch können die Detail- und Grosshändler hohe Margen abschöpfen, ohne sie den Bauern weiterzugeben. Das ist genau das gleiche Problem wie bei der Milch.

Woran liegt das?

Am kleinen Land. Schweizer Fleisch kommt nun mal nur aus der Schweiz. Der Konsument, der solches Fleisch will, hat somit ein beschränktes Angebot. Ein Grossteil des Fleischmarkts wird von wenigen grossen Detailhändlern dominiert – und unter denen herrscht einfach wenig Wettbewerb.

Würde es sich lohnen, das Fleisch direkt beim Bauern zu kaufen?

Die Bauern hätten auf jeden Fall etwas davon, da sie dann die Margen der Grossisten und Detaillisten selbst kassieren könnten. Preislich lohnt es sich allerdings nicht unbedingt, da es nicht im Interesse der Bauern wäre, die Marktpreise zu unterbieten und auf diese Weise mit den grossen Detaillisten zu konkurrieren. Direktkunden haben zudem oft eine höhere Zahlungsbereitschaft, weil sie eine hohe Qualität wollen. (rkn/sda)

Schweizer wollen beim Fleisch vermehrt Qualität statt Quantität

Wer in der Schweiz Fleisch kauft, schaut vermehrt auf Qualität und nicht mehr auf Quantität. Mengenmässig ist der Pro-Kopf-Konsum im Fleischjahr 2017 leicht zurückgegangen, wie der Schweizerische Fleisch-Fachverband (SFF) mitteilte.

Der Verbandspräsident Rolf Büttiker bezeichnete das Fleischjahr 2017 am Donnerstag als «kein einfaches», obwohl die Grillsaison und das Jahresendgeschäft «erfolgreich verliefen». Seit Jahren zu schaffen machen der Fleischbranche gemäss Büttiker der grosse Margendruck, die faktisch einseitig offenen Landesgrenzen für Fleischeinkäufe, die häufige Instrumentalisierung des Fleischkonsums in der Öffentlichkeit sowie der anhaltende Fachkräftemangel.

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