Marthalen ZH: Sechs Jahre und neun Monate Freiheitsentzug

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Marthalen ZHSechs Jahre und neun Monate Freiheitsentzug

Aus Rache für eine Strafanzeige hat ein Portugiese in Marthalen beinahe eine frühere Kollegin zu Tode gewürgt.

Atilla Szenogrady
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Atilla Szenogrady

Es war am 22. September 2009, als ein heute 25-jähriger Portugiese in Marthalen trotz Hausverbot am frühen Nachmittag in die Wohnung einer Ex-WG-Partnerin eindrang und die heute 27-jährige Geschädigte im Badezimmer sogleich mit einem Schraubenzieher angriff. Dann würgte er sie wiederholt am Kehlkopf. So stark, dass die Schweizerin zeitweise das Bewusstsein verlor. Die Tortur dauerte über eine halbe Stunde. Dann presste er ihr den PIN-Code zu ihrer Bankkarte ab und schloss sie in ihr Zimmer ein. Während der vorbestrafte Mechaniker kurz darauf in Winterthur das Konto des Opfers plünderte, konnte dieses über ein Dachfenster eine Passantin auf ihre Lage aufmerksam machen. Die erheblich verletzte Frau wurde kurz darauf von ihrem Vermieter befreit.

Tatmotiv Rache

Der Täter konnte schnell verhaftet werden. Er sitzt seither im Gefängnis. Ende Juni 2011 musste er sich zuerst wegen versuchter vorsätzlicher Tötung und diversen Nebendelikten vor dem Bezirksgericht Andelfingen verantworten. Dort kam heraus, dass der Beschuldigte ein klares Tatmotiv hatte: Rache. So hatte er seiner damaligen Kolegin bereits Ende 2008 wiederholt die Kreditkarte gestohlen und damit Geldbeträge bezogen. Als die Frau den Schaden von insgesamt 4600 Franken bemerkte und auf die Schliche des Betrügers kam, erstattete sie Strafanzeige bei der Polizei. Worauf der Täter nicht nur mehrere Freund, sondern auch die finanzielle Unterstützung durch seine Eltern sowie die Lehrstelle verlor. Sie habe mit der Anzeige alles kaputt gemacht, erklärte er bereits bei der ersten Hafteinvernahme.

14 Jahre Freiheitsentzug verlangt

Die Staatsanwaltschaft verlangte infolge des schweren Verschuldens eine hohe Freiheitsstrafe von 14 Jahren. Sie machte darauf aufmerksam, dass ein psychiatrisches Gutachten eine Verminderung der Schuldfähigkeit beim Täter verneint hatte. Der Verteidiger konterte mit einem Gegenantrag, indem es nur von einer Gefährdung des Lebens ausging und 33 Monate Freiheitsentzug verlangte. Das Bezirksgericht Andelfingen sah die versuchte vorsätzliche Tötung als erwiesen an und legte eine unbedingte Freiheitsstrafe von sechs Jahren und neun Monaten fest. Der Geschädigten, die seit dem Verbrechen unter Verfolgungswahn leidet, sprach das Landgericht neben einem grundsätzlichen Schadenersatz eine Genugtuung von 15 000 Franken zu.

Staatsanwaltschaft krebste zurück

Die Staatsanwaltschaft legte Berufung gegen die ihres Erachtens viel zu milde Andelfinger Strafe ein. Am Montag stand deshalb am Obergericht am Nachmittag der Berufungsprozess auf dem Programm. Doch dann kam es zu einer Überraschung. So teilte die Kanzlei mit, dass sämtliche Parteien, also auch die zuständige Anklagebehörde, ihre Berufungsanträge kurz vor der Verhandlung zurückgezogen hatten. Fest steht, dass damit die Staatsanwaltschaft zurückgekrebst war. Die Gründe dafür sind nicht bekannt. Sicher ist aber, dass damit der Andelfinger Entscheid rechtskräftig ist.

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