Sechs Tote wegen einem Sprachproblem?

Aktualisiert

Sechs Tote wegen einem Sprachproblem?

Der von der Armee geplante Aufstieg zur Jungfrau war am Vorabend des tödlichen Bergdramas das grosse Thema in der Mönchsjochhütte. Anwesende Bergführer warnten vor der riskanten Tour - kam die Botschaft wegen Sprachproblemen bei den Romands nicht an?

Einer der Bergführer in der Mönchsjochhütte hatte einen Bruder in der Armee-Gruppe und verbot diesem, die gefährliche Tour mitzumachen. In der Folge entschlossen sich sieben Soldaten dazu, statt auf die Jungfrau auf den weniger lawinengefährdeten Mönch zu steigen, wie die «NZZ am Sonntag» berichtet. Später mussten sie vom Mönch aus zusehen, wie die Lawine ihre Kameraden in die Tiefe riss.

Trotzdem auf die Tour gingen die sechs Romands, die in der Folge in den Tod stürzten. In einem Interview des «Echo der Zeit» doppelte der private Bergführer Harry Sonderegger nach und bekräftigte, dass er die Gruppe gewarnt hätte. Die Romands, mutmasst er, hätten anders als die Deutschschweizer seine Warnung wegen Sprachproblemen nicht verstanden.

Bereits am Vortag hätte eine Gruppe der Soldaten ein Schneebrett ausgelöst, sagte der Bergführer der «NZZ am Sonntag». Doch auch dieser Warnschuss wurde offenbar von der Armee in den Wind geschlagen. «Ich wäre nie und nimmer auf die Jungfrau», meinte der Bergführer und er habe das den Soldaten auch mitgeteilt. «Ich habe ihnen gesagt, dass sie ziemlich aggressiv unterwegs seien», so Sonderegger.

Hilfsstangen nicht benutzt

Zudem hatten die Soldaten offenbar fix installierte Sicherungsstangen an der gefährlichen Stelle beim Aufstieg zur Jungfrau nicht benutzt, wie die «Sonntags Zeitung» berichtet. Die Sicherungen seien vor 25 Jahren oberhalb des Rottalsattels montiert worden und seither habe die Zahl der tödlichen Unfälle an der Jungfrau deutlich abgenommen.

Die Hüttenwartin der Mönchsjochhütte, Heidi König, bestätigte auf Anfrage der Nachrichtenagentur SDA, sieben Armeeangehörige seien am Donnerstag zum Mönch aufgebrochen. Insgesamt hätten 24 Armeeangehörige in der Nacht auf Donnerstag in der Hütte übernachtet.

Kein Kommentar vom Militär

Die Untersuchungsbehörden kommentierten am Sonntag die Angaben nicht. Es sei zu früh für definitive Aussagen über Umstände und Hergang des Vorfalls, sagte Martin Immenhauser, Sprecher der Miitärjustiz, auf Anfrage. Es würden aber alle Personen befragt, die zur Aufklärung des Unfalls beitragen könnten.

Bei dem Unglück waren am Donnerstag sechs Rekruten und ein Unteroffizier beim Aufstieg auf die Jungfrau von einer Lawine erfasst worden und ums Leben gekommen. Sie gehörten zur Gebirgsspezialisten-RS aus Andermatt.

Trauerfeier am Montag

Ihre Leichen hat der militärische Untersuchungsrichter am Wochenende den Familien übergeben. Zuvor seien die Autopsien durchgeführt worden, sagte Immenhauser. Zudem hätten die Opfer von den Rechtsmedizinern identifiziert werden müssen.

Nun können Angehörige und Freunde von den Verunglückten Abschied nehmen. Gemäss Todesanzeigen finden am Montag im Wallis und im Kanton Freiburg Trauerfeiern statt. Die offizielle Trauerfeier für die sechs Opfer ist für Dienstag in der Kirche Andermatt geplant.

(whr/ap/sda)

Deine Meinung