Digitale NomadenSeit Covid verdreifacht – immer mehr Menschen arbeiten vom Ausland aus
Mit dem Laptop vom Strand, aus dem Wald oder einer hippen Stadt aus arbeiten – für immer mehr Menschen wird dies zum Alltag. Doch der Arbeitstrend birgt auch Schattenseiten.
Darum gehts
Seit der Corona-Pandemie ist das Home Office bei vielen Arbeitnehmenden zum Alltag geworden.
Doch viele verlagern ihr Home Office nun ins Ausland und verbinden ihre Arbeit mit ihren Reisen.
Die Anzahl sogenannter «digitaler Nomaden und Nomadinnen» hat sich seit Corona verdreifacht.
Während der Corona-Pandemie waren viele Menschen gezwungen, von zu Hause aus zu arbeiten. Den einen fiel das schwer, andere genossen das Home-Office und wiederum andere witterten in der Fernarbeit eine einmalige Chance: Remote arbeiten kann man nicht nur in den eigenen vier Wänden, sondern auch von unterwegs.
So reisten während der Covid-Pandemie unzählige «digitale Nomaden» in ihren umgebauten Vans herum, während sie per Laptop gleichzeitig vom Strand oder einer fernen Stadt aus arbeiten konnten. Die Pandemie wurde Anfang Mai dieses Jahres von der Weltgesundheitsorganisation offiziell für beendet erklärt, doch der Trend der Fernarbeit hält weiter an. Einige Länder wie Portugal, Bermuda oder Mauritius stellen sogar eigens für digitale Nomaden Visa aus.
Zahl der digitalen Nomaden hat sich verdreifacht
Umfragen zufolge gab es im Jahr 2020 rund elf Millionen Menschen weltweit, die als digitale Nomaden lebten. Bis Ende 2022 wuchs diese Zahl auf 35 Millionen Menschen an. Verlässliche Zahlen für die Anzahl digitaler Nomadinnen und Nomaden in der Schweiz gibt es nicht – die Facebookgruppen des Vereins «Digitale Nomaden Schweiz» zählen rund 3000 Mitglieder.
«Für die Arbeit unterwegs braucht es eigentlich nichts anderes, als das, was man auch im Home Office benötigt – eine gute Internetverbindung, Strom und einen Laptop», sagt Lorenz Ramseyer, Präsident des Vereins Digitale Nomaden Schweiz. Das gebe eine grosse Freiheit und Flexibilität, dann und dort zu arbeiten, wo man wolle. Zudem würden digitale Nomaden auch vermehrt asynchron arbeiten, also nicht zu den üblichen Arbeitszeiten.
Arbeitnehmende wollen Flexibilität – Arbeitgeber pfeifen sie zurück ins Büro
Viele der digitalen Nomadinnen und Nomaden seien selbständig und würden beispielsweise als Social Media Manager oder Copywriterinnen arbeiten. Auch die ganze IT-Branche sei bei digitalen Nomaden sehr beliebt. «Die Schweiz hat ungefähr fünf Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer – rund die Hälfte davon könnte ihren Job auch online von unterwegs ausüben», sagt Ramseyer.
Scheitern würde dies jedoch oftmals an der Unternehmenskultur. Der Trend gehe derzeit wieder zurück zur Büropräsenz, beobachtet Ramseyer. So pfiff etwa die Swisscom ihre Mitarbeitenden zurück ins Büro und auch Novartis brach kürzlich ihr Versprechen für ein «Home Office für immer und für alle».
Schweizer Firmen sind skeptisch
Der Trend der digitalen Nomaden wird auch bei Schweizer Firmen nachverfolgt. Bei Roche etwa sei diese Arbeitsweise grundsätzlich möglich, man verweise jedoch auf rechtliche Rahmenbedingungen: Mitarbeitende mit Wohnsitz in der Schweiz dürften rund 25 Prozent ihrer Arbeitszeit in einem EU/EFTA-Land und zehn Arbeitstage in einem Land ausserhalb der EU/EFTA verbringen. Bei der Post werde die Arbeit aus dem Ausland derweil nur in Ausnahmefällen bewilligt. Grund dafür seien etwa Steuer- und Sozialversicherungspflichten, arbeitsrechtliche Bedingungen, Datenschutz oder Unfälle im Ausland. In beiden Firmen werde stattdessen das Hybridmodell angewendet.
Privilegierter Lebensstil
«Ein weiterer Vorteil für die digitalen Nomaden war, vor allem früher, die sogenannte Geo-Arbitrage», so Ramseyer. Das bedeute, dass man an Orte und in Länder reisen konnte, wo der Lebensunterhalt sehr viel günstiger war und dabei trotzdem einen Schweizer Lohn verdiente. «Der Klassiker war hier etwa Bali – doch langsam gleichen sich die Preise etwas an», so Ramseyer. In Europa gelte derzeit Lissabon als Nummer eins unter den Reisezielen für digitale Nomaden.
Doch die Geo-Arbitrage birgt auch Schattenseiten: So wehren sich immer mehr Anwohnende von beliebten Destinationen gegen digitale Nomaden – denn ihre Anwesenheit führe zu höheren Preisen bei Mieten und Lebensmitteln. Zudem kritisieren sie, dass der Lebensstil Privilegierten vorbehalten sei: Studien zufolge sind 76 Prozent der digitalen Nomadinnen und Nomaden weiss und würden durchschnittlich rund 120’000 Dollar im Jahr verdienen.
Zeitzonen und persönlicher Austausch
Der Nomaden-Lifestyle birgt nicht nur Nachteile für das Umfeld, sondern auch für die Nomaden und Nomadinnen selbst: So würde der persönliche Kontakt mit Teammitgliedern immer noch sehr gewünscht, also bleibe der ein oder andere Besuch im Büro nahezu unabdingbar. Auch könnten Differenzen in den Zeitzonen Probleme bereiten, wenn doch mal Sitzungen oder Teamprojekte anfielen.
Vor der Abreise müsse man zudem gründlich abklären, ob die Kranken- und Sozialversicherungen weiterhin deckten und wo man Steuern zahlen müsse – dies hänge oft mit der Dauer des Auslandsaufenthalts zusammen und ob man sich von der Schweiz abmelde oder nicht.
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