
Ein Biss in die Zitrone und schon hat man die Panikattacke unter Kontrolle? Das behauptet zumindest ein virales Instagram-Video.
SelbsthilfeHelfen Zitronen wirklich bei Panikattacken?
Ein Video geht viral: Wer in eine Zitrone beisst, soll seine Panikattacke schneller in den Griff bekommen. Was ist dran am Internet-Mythos? Diese Fachpersonen verraten es.
Wer schon einmal eine Panikattacke erlebt hat, weiss: Es kann jeden zu jeder Zeit treffen. Laut dem Zürcher Universitätsspital hat in der Schweiz jede zehnte Person schon mal eine Panikattacke gehabt. Die Ursachen dafür sind vielfältig, individuell und hängen von Faktoren wie Belastungen im Alltag, chronischen Erkrankungen, genetischen Veranlagungen, Schicksalsschlägen oder erlebten Traumata ab.
Neben körperlichen Symptomen wie Schweissausbrüchen, Kribbeln in den Händen, Herzrasen, Zittern, Übelkeit, Schwindel und Atemnot sind laut der Harvard Medical School auch Versagens- oder Todesängste Anzeichen für eine Panikattacke.
Hattest du schon einmal eine Panikattacke?
Doch was machen, wenn es einen plötzlich überrollt und die Symptome den Körper fest im Griff haben? Die Antwort liegt laut der Psychologin Jennifer Anders im Früchteregal beim Supermarkt deines Vertrauens.
Die Psychologin aus Colorado zeigt auf ihrem Instagram-Account The.Anxiety.Doc ihren Followern und Followerinnen eine Methode, wie eine Panikattacke durch einen Schnitz Zitrone gestoppt werden kann. Die Selbsthilfe-Massnahme hat in den sozialen Netzwerken mittlerweile seine Runde gemacht und wurde über drei Millionen Mal angeklickt.
In die saure Zitrone beissen
Wer kurz vor einer Panikattacke steht und bereits die ersten körperlichen Anzeichen spürt, soll sich laut Anders einen Schnitz Zitrone in den Mund stecken und hineinbeissen. «Der Zitronen-Panikattacken-Hack funktioniert, weil er das Bewusstsein zurück in den Körper und in den gegenwärtigen Moment bringt», sagt die Psychologin.
Laut Anders fängt der Mund sofort an zu kribbeln und das saure Gefühl, welches wahrgenommen wird, steht im Vordergrund. «Das führt dazu, dass man erst mal vom negativen Gedankenstrudel abgelenkt ist», so die US-amerikanische Psychologin weiter.

Panikattacken können Todesängste auslösen.
Schnelle Selbstmassnahmen
Aber was ist dran am Zitronen-Hack? «Ein starker Reiz bringt einen sofort in die Gegenwart und ändert den Fokus», bestätigt Raffaela Witting, Psychotherapeutin mit Schwerpunkten wie Stressmanagement und Angstbewältigung in Zürich. «Dies funktioniert mit allen Sinnen, da die Sinne die beste Verbindung zur Gegenwart bieten, weil sie zu mehr Bewusstsein führen, wo man gerade ist», so Witting weiter.
Weitere Möglichkeiten sind laut Raffaela Witting sich mit Eiswürfel über die Haut zu streichen, ein paar Tropfen ätherisches Öl aufs Handgelenk zu geben und daran zu riechen oder Dinge aufzuzählen, die man gerade sieht – beispielsweise rote Gegenstände. Zudem sei langsames und tiefes Atmen eine der effektivsten Möglichkeiten, um die körperlichen Symptome einer Panikattacke zu reduzieren.

Atemübungen können helfen.
Einmalig oder regelmässig?
«Panikattacken sind an sich nicht weiter gefährlich, auch wenn es sich für Betroffene so anfühlt, als trete eine Katastrophe ein», sagt Dr. David Bantel, niedergelassener Psychotherapeut in Zürich. «Tritt erstmalig eine Panikattacke auf, so kann die stressauslösende Situation verlassen werden und Atemübungen, oder Bewegung können helfen», so Bantel weiter.
Sollten Panikattacken wiederholt auftreten, bedarf es laut dem Psychotherapeuten einer somatischen Abklärung durch den Hausarzt. «Schliesst diese eine somatische Ursache (z.B. Schilddrüse, etc.) aus, ist ggf. eine Überweisung zum kognitiven Verhaltenstherapeuten angezeigt», so Bantel.
Hast du oder hat jemand, den du kennst, Panikattacken?
Hier findest du Hilfe:
Pro Mente Sana, Tel. 0848 800 858
Angehörige.ch, Beratung und Anlaufstellen
VASK, regionale Vereine für Angehörige
Pro Juventute, Beratung für Kinder und Jugendliche, Tel. 147
Dargebotene Hand, Sorgen-Hotline, Tel. 143
Angst- und Panikhilfe Schweiz, Tel. 0848 801 109